Der Ultimative Ratgeber Für Alles
dazu, weil sie immerfort zweifeln, ob Ort, Zeit und Beziehung moralisch, ethisch oder ästhetisch richtig seien. Und am Ende sterben sie, ohne den Anfang überhaupt begonnen zu haben. Vielleicht pflanzt sich unsere geistige Elite nur deshalb so zögerlich fort, weil sie vor dem Geschlechtsakt nachdenkt, das Für und Wider erörtert und Möglichkeiten der Krankheits-oder Empfängnisverhütung in Betracht zieht, anstatt nach Art der Dolldeppen einfach draufloszuklopfen.
Glaubt man der Relativitätstheorie, ist Zeit ohne Raum und Masse nicht denkbar, das heißt, dass vor der Erfindung des Raumes auch keine Zeit war, der Begriff »vor« in diesem Zusammenhang also unzulässig ist, weil es »vor« dem Raum auch keine Zeit gab. Das ist schwer Verständlich, bedeutet es doch, dass man seinen eigenen Altersprozess ohne Probleme beenden könnte, indem man einfach den Raum verlässt.
Den physikalischen Raum zu verlassen, ohne in einen Nebenraum oder ins Freie zu gelangen, ist allerdings keine leichte Übung, denn auch nebenan gibt es eine Zeit, die einem auf Dauer die Gelatine in den Hautzellen verkrumpeln lässt. Wenn Sie nicht aussehen wollen wie eine geschrumpelte Zitrone, beschäftigen Sie sich also am besten nicht mit Physik, sondern treiben Sie Sport und kaufen Sie eine gute Creme. Die hilft zwar nicht gegen Hautalterung, gibt einem aber das gute Gefühl, nichts unversucht gelassen zu haben, bevor es einen von der Stange haut.
Angeblich hilft ja auch ein Gläschen Wein gegen frühes Ableben. Ich glaube das nicht, bin aber der festen Überzeugung, dass es lebensverlängernd wirkt, wenn man sich ab und zu einen gönnt, egal was. So mancher Asket ist mit 107 viel zu früh abgetreten, weil er noch gar nichts vom Leben gehabt hat.
Das ist kein Plädoyer für unkontrollierten Drogenkonsum! Manch ein Rockstar hat schon mit 25 so viele Chemikalien durch seinen Schädel geschleust, dass die eigentlich dort vorgesehene graue Masse völlig durchgenudelt ist und jede weitere Funktion verweigert. Alles mit maß ist meine Devise. Und damit sind wir wieder bei den alten Griechen, die exakt diesen Grundsatz erfunden haben.
Im Prinzip ist es das, was der Grieche mit klassischer Schönheit meint, dass sich alles im Gleichgewicht befindet, nicht zu groß und nicht zu klein, nicht zu dick und nicht zu dünn. Deshalb strahlt gerade die klassisch griechische Skulptur so eine Erhabenheit aus.
Erhabenheit ist an dieser Stelle ein unpräziser Begriff, da er im Sinne der alten Griechen einen Zustand bezeichnet, in dem das Gefühl den Verstand übersteigt, also beispielsweise beim Blick zum Sternenhimmel oder auf den endlosen Ozean (im besten Fall erzielt auch eine Skulptur diese Wirkung, zumindest wenn die körperlichen Merkmale gut durchzeichnet sind und die Figur sich angemessen räkelt, also eher im Hellenismus der nachklassischen Periode, in der es einige heiße Bräute zu bestaunen gibt). Nach dem Verständnis der Griechen, der Renaissance und der Klassik müsste man statt »Erhabenheit« eher »Schönheit« sagen. Schönheit bedeutet aber im Sinne der Griechen ebenfalls etwas anderes als in unserem von Tittenblättern abgestumpften Sprachgebrauch, nämlich die Idee der Freiheit in der Erscheinung, wie es Schiller so schön formuliert hat, wenn also die Erscheinung durch nichts anderes bestimmt wird als durch das, was in ihr erscheint, also wenn das Außen dem Inneren ganz und gar entspricht, also »wahr« ist. Wir sehen das Ganze heute pragmatischer. Wahr ist, was ich sehe, und gut ist es, wenn es untenrum kribbelt. Meine Großmutter sagte an dieser Stelle immer: »Hauptsache, der Stuhl ist in Ordnung!« Das ist eine eher nachklassische Einstellung zum Leben.
Griechische Skulpturen sind nicht Magersüchtig. Sie sehen anderseits aber auch nicht so aus, als hätte sich eine Horde Doppelwhopper auf ihrer Hüfte angesiedelt, um sich dort in buckliger Berglandschaft auszubreiten. Der klassische Mensch ist ausgeglichen.
WARUM WISSEN? ODER GAR DENKEN?
An dieser Stelle noch ein kleiner Exkurs. Es stellt sich ja irgendwann die Frage: Warum muss ich das alles wissen? Speziell Geschichte beschäftigt sich ja mit Dingen, die meistens schon waren, also Geschichte sind. Da stellen sich Fragen, die man nicht wirklich beantworten kann. Wäre Hitler als türkischer Gastarbeiter ein erfolgreicher Obsthändler geworden? Wäre Napoleon mit einer Körpergröße von 1 Meter 98 nicht über Europa hergefallen, sondern Richtung Hollywood abgereist, um dort
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