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Der Umfang der Hoelle

Der Umfang der Hoelle

Titel: Der Umfang der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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aufgebrochen hatte. So ist das immer mit der Sicherheit. Sie tendiert zur Trägheit.
    Für die Beaubecks war dies natürlich kein Unglück. Das kam immer wieder mal vor, daß sich Probanden ihrer Verpflichtung entzogen. Das Institut war schließlich kein Gefängnis, in dem man die Leute gegen ihren Willen festhalten konnte. Solche Vertragsbrüche wurden gewissermaßen unter »Schwund« verbucht. Für Siem und Mona sah die Sache freilich anders aus. Fatal. Sowie von gegenseitigen Vorwürfen und Verdächtigungen erfüllt. Dabei war es nicht so, daß Fred etwa untergetaucht wäre. Er war in das Haus seiner Eltern und in die Gemeinschaft seiner Hooligan-Freunde zurückgekehrt. Aber was hätte Siem Bobeck tun sollen? Seinen Neffen verhaften lassen? Ihm drohen? Womit drohen? Fred war auch ohne Regina nicht der Typ, der sich einschüchtern ließ. Und einen Detektiv oder ähnlich gearteten Professionalisten zu beauftragen, scheute sich Bobeck. Der einzige, dem er meinte vertrauen zu können, war sein Sekretär Tom Pliska. Ein Vertrauen, das bereits Züge von Verzweiflung aufwies. Jedenfalls wurde Pliska, ohne die genauen Details zu erfahren, damit betraut, das Regina wiederzubeschaffen.
    Bevor nun Tom Pliska auch nur beginnen konnte, etwas zu unternehmen, ereignete sich jener vielbeachtete Vorfall in der vereisten Fußgängerzone eines für solche Vorfälle völlig untypischen Nobelortes. Sehr wahrscheinlich war es dabei nicht um Claire Rubin gegangen, sondern um Mona Herzig, die zu »besitzen« für Fred zu einer zwanghaften Vorstellung geworden war. Ihr in einer dunklen Gasse aufzulauern, wäre ihm in jeder Hinsicht zuwider gewesen. Als Hooligan, als der er sich verstand, kam nur ein öffentlicher Auftritt in Frage.
    Ein fingierter Anruf im Institut für Gewalt hatte ihn in Erfahrung bringen lassen, daß Mona zusammen mit Claire verreist war. Und auch wohin. Und da war Fred die Idee gekommen. Die Idee einer Inszenierung, einer theatralischen Aktion, im Rahmen derer er Mona attackieren und für einen Moment in ihren Körper würde schlüpfen können.
    Daß schlußendlich alles darauf hinauslaufen würde, dieser obskure Feldzug habe seiner verhaßten Tante gegolten, störte ihn nicht, war ihm vielmehr recht. Es würde plausibel erscheinen. Denn in einem Punkt blieb Fred seiner Versprechung treu: Niemand sollte erfahren, was es mit dem Regina auf sich hatte. Er war der Proband, niemand anders. Das Gefühl der Exklusivität wollte er auf jeden Fall erhalten wissen.
    Und dann war eben alles anders gekommen, indem ein unbeteiligter Bürger namens Leo Reisiger sich in völlig unangemessener Weise eingemischt hatte. Weniger couragiert als schlichtweg verrückt. Ein Verhalten an den Tag legend, mit dem Fred und seine Freunde nicht hatten rechnen können. Sie waren es nicht gewohnt, daß sich irgendwelche Passanten tollkühn engagierten. Sie waren es gewohnt, daß man ihnen auswich. Reisigers Erscheinen aber hatte ihre Aktion zunichte gemacht. Gerade so, als hätte nicht Fred Semper, sondern eben Reisiger das Regina geschluckt.
    Für Siem Bobeck war mit einem Schlag, genauer gesagt mit einem Stich, das »Problem Fred« erledigt gewesen, aber eine Menge anderer Probleme hatte sich dadurch verschärft. Einerseits konnte man Fred nun nicht mehr befragen, wo er das Regina deponiert hatte, und andererseits drohte die Gefahr, daß Mona sich endgültig vom Gelübde der Geheimhaltung verabschieden würde. Sie war in Bobecks Augen eine Zicke, die mit dem Alter begann, die Nerven zu verlieren.
    Zwar hatte sich Mona der Polizei gegenüber unwissend und ratlos gegeben, aber wirklich schwer war das nicht gewesen. Die Beamten hatten die Befragung Monas in der rücksichtsvollsten Weise durchgeführt. Aber das Gefühl, den Tod Fred Sempers mitverschuldet zu haben, würde Mona keine Ruhe lassen. Das wußte Bobeck und erklärte ihr in unmißverständlicher Weise, daß es besser für sie wäre, sich zunächst einmal einen Urlaub zu gönnen. Ab nach Portugal. Er hoffte, daß sich Mona dort beruhigen würde. Genaugenommen hoffte er, daß sie zu weit ins Meer hinausschwimmen würde.
    Tom Pliska hatte Mona zum Flughafen gebracht. Kein einziges Wort war verschwendet worden. Mona war in den Shuttle-Bus gestiegen, der sie zu ihrem Flieger bringen sollte. Und mit demselben Bus war sie auch wieder zurückgekehrt. Da hatte sich Pliska bereits auf dem Weg zu seinem Citroën befunden. Nicht, daß Mona eine Idee gehabt hätte, was zu tun sei. Es war ihr einfach

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