Der unausweichliche Tag - Roman
glaubte zu ersticken, war wütend auf sich selbst. Wieso hatte er, dem gewöhnlich nichts in seiner Umgebung entging, die Kate nicht wahrgenommen? Er starrte immer noch darauf, als wollte er sie mit seinem Blick zum Verschwinden bringen. Natürlich, dachte er müde, musste es Kitty sein, die ihn darauf aufmerksam machte, die einfach anspaziert kam und ihm seine Erregung, seine anfängliche Freude stahl.
Die einzige jetzt noch offene Frage lautete: Verleidete diese Kate ihm den ganzen Ort, oder gab es irgendeinen Kompromiss? Er wusste, dass er nach draußen gehen und sie direkt in Augenschein nehmen müsste, um diese Frage zu beantworten. Doch davor schrak er zurück. Er fürchtete, ihre Hässlichkeit könnte ihn in Depressionen stürzen.
Anthony rief Madame Besson zu sich.
»Ah ja«, sagte sie, »das kleine Haus gehört Monsieur Lunels Schwester. Aber ihr Grundstück liegt hauptsächlich auf der anderen Seite der Straße. Sie hat da nur ein bisschen Gras und einen kleinen Gemüsegarten. Sie könnten das Ganze leicht ausblenden. Indem Sie ein paar schnell wachsende Zypressen pflanzen. Dann würden Sie bald vergessen, dass da überhaupt etwas ist.«
Ja, ja, dachte Anthony, das ist die Sorte Maklersprache, die sie perfekt beherrscht, aber er war Anthony Verey, und er würde es nicht vergessen. Selbst wenn er nichts davon sah, würde er esfühlen: die Hexe im Wald, ein weiteres menschliches Wesen mit all seinen Geräuschen und Kümmernissen, all seiner zermürbenden Gewöhnlichkeit, während das, was er ersehnte, doch die vollkommene, unbefleckte Einsamkeit war – ein Königreich nur für ihn, ein Ort, wo er stilvoll altern konnte.
Anthony wandte sich an Madame Besson. Er war zu erregt, um sich auf Französisch auszudrücken. »Ich liebe das Haus«, sagte er auf Englisch. »Die hohen Decken, die großen Räume. Selbst die Lage. Aber ich finde, die Kate ruiniert alles. Ich denke, für mich macht sie die Sache unmöglich.«
Aus Höflichkeit mussten sie den Tee trinken, den Monsieur Lunel gekocht hatte.
Er ließ sie am Küchentisch Platz nehmen, räumte die Äpfel und den Pastis weg. Er ließ einen Teller mit muffigen Keksen herumgehen.
»So«, sagte er, »wenn Sie Ihren Tee ausgetrunken haben, führe ich Sie zu den Weinstöcken. Sie sind etwas verwildert. Ich lebe allein hier. Ich habe keinen Sohn, der mir hilft oder alles übernimmt. Deshalb verkaufe ich auch. Aber es ist gutes Land, seit Generationen bearbeitet …«
Anthony nippte verächtlich an der lauwarmen Brühe und sagte zu Madame Besson: »Können Sie ihn bitte fragen, wie viel von dem Grundstück seiner Schwester gehört.«
»Ich habe es Ihnen doch schon erklärt«, sagte Madame Besson. »Der größte Teil des Grundstücks liegt auf der anderen Straßenseite.«
»Fragen Sie ihn bitte trotzdem«, erwiderte er scharf.
Als Madame Besson Lunel die Frage stellte, sah Anthony, wie plötzlich Angst das Gesicht des Mannes verdunkelte. Er antwortete nicht sofort, doch dann beugte er sich zu der Maklerin hinüber und sagte leise: »Erklären Sie ihnen, dass meine Schwester unwichtig ist. Sie wird weg sein. Das Haus wird auch weg sein. Es hätte sowieso nie an der Stelle gebaut werden dürfen.«
Madame Besson verzog den Mund. Sie rutschte nervös auf ihrem Stuhl hin und her, strich eine Haarsträhne zurück , drehte sich zu Anthony und sagte: »Es gibt … eine … Andeutung , dass Monsieur Lunels Schwester ebenfalls auszieht. Und in diesem Fall würde das Grundstück mit dem kleinen Haus vermutlich ebenfalls zu kaufen sein. Aber das ist noch nicht sicher.«
»Audrun besitzt einen ganzen Wald!«, platzte Lunel heraus. »Ich habe ihr gesagt, sie soll doch dort bauen, in ihrem verdammten Wald. Da hätte das Haus stehen sollen. Stattdessen ist es auf meinem Grundstück gelandet.«
»Wollen Sie damit sagen, dass das Haus Ihrer Schwester tatsächlich auf Ihrem Grundstück steht, Monsieur Lunel?«, fragte Madame Besson.
»Ja, es steht auf meinem Land … ein Teil …«
»Aha. Das wurde mir nicht gesagt. Den Plänen zufolge, die ich gesehen habe …«
»Ich werde einen neuen Landvermesser besorgen!«, sagte Aramon Lunel und knallte die Faust auf den Tisch. »Die Grenzen sind alle falsch, und Audrun weiß das!«
Madame Besson holte ein Heft aus ihrer Handtasche und machte sich Notizen. Anthony sah, wie sich Schweißperlen an Lunels Schläfen bildeten. Seine geballte Faust bebte. »Ich habe Audrun erklärt, dass sie Gesetze gebrochen hat«, sagte er zu
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