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Der unausweichliche Tag - Roman

Der unausweichliche Tag - Roman

Titel: Der unausweichliche Tag - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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kontingentiert werden. Selbstverständlich sind wir gegen jegliche rassische Diskriminierung, doch müssen wir leider feststellen, dass wir in einer Zeit leben, in der unsere jungen Leute, die hier in unseren Dörfern geboren sind, es sich nicht mehr leisten können, ein Haus in dem Land, das sie kennen und lieben, zu bauen oder zu kaufen, weil Heerscharen von Belgiern, Holländern, Schweizern und Briten auf der Suche nach Ferienhäusern über unser Land herfallen. Und deshalb meine ich, dass wir uns fragen müssen: Wieso sollten diese glücklichen Menschen das Recht auf ein Zweithaus haben, während unsere Kinder ihres Rechts auf überhaupt ein Haus praktisch beraubt werden?
     
    Aramon las diesen Artikel so oft, bis ihm die Augen wehtaten. Selten schien irgendetwas im Ruasse Libre an ihn gerichtet zu sein – aber heute doch.
    Er dachte an die 475 000 Euro, die da draußen auf ihn warteten – darauf warteten, ihm ein neues, makelloses Leben zu bescheren –, und er erkannte, dass der Bürgermeister von Ruasse drauf und dran war, seine wunderbare Zukunft womöglich auf einen Schlag zu vernichten. Er knallte die Faust auf den Tisch. »Idiot!«, bellte er. »Arschloch!«
    Er griff zum Telefon und rief das Immobilienbüro an. Er hätte denen am liebsten erklärt, dass sie sofort den englischen Kunstsammler herschicken sollten, dass die Angelegenheit mit Audruns Kate geregelt sei und erledigt werde, aber er wusste, es hätte keinen Sinn, darüber Lügen zu verbreiten. Audrun konnte er anlügen, weil die kein bisschen kapierte, wie die Welt funktionierte, aber diese hochnäsigen, besserwisserischen Maklertanten würden das Gutachten des Landvermessers natürlich sehen wollen, und es gab kein Gutachten, weil keine Grenzsteine gefunden worden waren.
    Also beschränkte Aramon sich darauf, Madame Besson anzufahren, wieso nicht mehr Käufer das Haus sehen wollten, wo ein Verkauf doch zwingend sei – und zwar habe er zwingend jetzt , in diesem Monat, stattzufinden –, ehe irgendein idiotischer Bürgermeister sich da in seine Rechte einmischte … Madame Besson blieb ruhig und fragte ihn nach seiner Schwester und ihrem Haus. Würde sie ausziehen? Würde die Kate mit verkauft werden können? Wenn das Grundstück auch die Kate der Schwester einschlösse, ließe es sich sehr viel leichter vermarkten …
    Aramon rieb sich die Augen.
    »Madame«, sagte er und bemühte sich um einen höflichen Ton, »ich bin fast hundertprozentig sicher, dass wir meine Schwester zum Auszug aus ihrem Haus bewegen können. Fast hundertprozentig. Unglücklicherweise war der Landvermesser, den ich herbestellt habe, nicht in der Lage, sein Gutachten fertigzustellen, da meine Schwester krank wurde, während er dort war. Aber ich werde ihr die Situation noch einmal erklären, und ich denke, wenn sie dann alles versteht – besonders, wenn ich ihr den Artikel im Ruasse Libre zeige, der deutlich macht, wie sehr meine Zukunft gefährdet ist –, wird sie auf jeden Fall bereit sein auszuziehen.«
    »Nun«, sagte Madame Besson, »das würde natürlich die Chancen für einen schnellen Verkauf deutlich verbessern.«
    »Aber was ist mit dem Preis?«, sagte Aramon. »Was könnten wir verlangen, wenn die Kate zusammen mit dem Mas verkauft wird?«
    Es folgte eine Pause, und Aramon hörte, wie Madame Bessons Feuerzeug direkt am Telefon klickte. Dann sagte sie: »Ich muss mir erst die Kate anschauen – und auch das dazugehörige Land. Aber wahrscheinlich würde man mit einer Summe von bis zu 600 000 Euro rechnen können.«
    600 000 Euro!
    Ein Wunder war diese Summe. Die Rettung! Für einen Moment war Aramon sprachlos.
    »Aber die andere Sache, über die ich nachgedacht habe«, fuhr Madame Besson fort, »sind die Weinterrassen. Bei meinem letzten Besuch hatte ich den Eindruck, dass Sie da noch nicht viel weitergekommen sind.«
    »Ich bin weitergekommen!«, protestierte Aramon. »Ich bin dabei, das alles in die Hand zu nehmen …«
    »Es ist ganz einfach so, dass die Leute sich nur schwer etwas vorstellen können, was sie nicht richtig sehen.«
    »Gut«, sagte Aramon. »Das verstehe ich. Ich werde Tag und Nacht an den Terrassen arbeiten. Tag und Nacht!«
     
    Es war schon fast elf Uhr, als Anthony in Madame Bessons Büro die Schlüssel und die Wegbeschreibung zu dem Haus abholte. Auf ihrem Schreibtisch rührte ein weißer Ventilator träge in der lauwarmen Luft. Madame Besson reichte Anthony die schlechte Fotografie und eine Wegbeschreibung und sagte: »Dieses

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