Der und kein anderer Roman
Kaum war er dort eingetreten, wurde ihm sein Fehler bewusst. Das Zimmer duftete nach ihr, jener flüchtige Duft, der ihn manchmal an Frühlingsblumen und manchmal an Sommernachmittage mit reifen Pfirsichen denken ließ. Gracie schien irgendwie in allen Jahreszeiten zu Hause zu sein. Warme Herbsttöne schimmerten in ihrem Haar, das klare Winterlicht leuchtete in ihren intelligenten, grauen Augen. Gelegentlich musste er sich daran erinnern, dass sie doch kein Top-Model war, denn in letzter Zeit schien er das immer häufiger zu vergessen. Es war nur …
Sie war einfach verdammt süß.
Er sah ein Stückchen blaue Spitze unter dem Teppich neben ihrem Bett hervorlugen und beugte sich herunter, um es aufzuheben. Eine Hitzewelle überflutete seinen Unterkörper,
als er ihr Höschen erkannte. Er zerknüllte das leichte Material in der Faust und widerstand der Versuchung, durch den Garten in ihr Apartment zu rennen, sie nackt auszuziehen und sich in ihr dort zu versenken, wo er hingehörte.
Da die Neuigkeit, eine Jungfrau einzuweisen, allmählich Vergangenheit war, hätte er eigentlich am sexuellen Aspekt ihrer Beziehung das Interesse verlieren sollen. Stattdessen jedoch dachte er sich ständig neue Dinge aus, die er ihr zeigen wollte. Abgesehen davon war er auch noch nicht annähernd gelangweilt, die bereits erprobten Dinge eifrig zu üben. Er liebte es, wenn sie sich an ihn klammerte und diese leisen kleinen Seufzer von sich gab; er liebte ihre Neugier und ihre Ausdauer, wie er sie, ohne es zu beabsichtigen, erröten lassen konnte und, verdammt noch mal, wie sie ihn manchmal mit ihrer nicht zu sättigenden Neugier über seinen Körper in Schwierigkeiten brachte.
Wirklich begreifen konnte er es nicht, doch irgendetwas an der Art, wie sie sich anfühlte, wenn er in ihr war, erschien ihm genau richtig. Und zwar nicht nur für seinen Körper, sondern für sein ganzes Wesen. Er dachte an die vielen Frauen, mit denen er ein Verhältnis gehabt und mit denen er geschlafen hatte. Keine von ihnen hatte sich wie Gracie angefühlt.
Gracie fühlte sich hundert Prozent richtig an.
Manchmal, nachdem sie sich geliebt hatten, machte sie etwas Merkwürdiges. Er hielt sie an die Brust gedrückt und war fast ein wenig eingenickt, vom Scheitel bis zur Sohle in Frieden gehüllt. Und dann zeichnete sie mit ihrer Fingerspitze ein kleines X genau über seinem Herzen. Nur ein kleines X. Genau über seinem Herzen.
Er war sich ziemlich sicher, dass Gracie sich in ihn verliebt hatte. Das war nicht ungewöhnlich. Er war es gewohnt, dass die Frauen sich in ihn verliebten. Von wenigen Ausnahmen abgesehen hatte er gelernt, ehrlich mit ihnen umzugehen,
ohne ihnen das Herz zu brechen. Was er an Gracie wirklich schätzte, war die Tatsache, dass sie zu verstehen schien, dass sie eigentlich nicht seinem Frauentyp entsprach. Sie war klug genug, um diese Tatsache zu akzeptieren, ohne darum einen großen Aufstand zu machen. Gracie mochte um Dinge einen Wirbel machen, die sie nichts angingen, so wie sie es heute Abend getan hatte. Nie und nimmer jedoch würde sie ihm eine Szene machen, vonwegen wie sehr sie ihn liebte und erwartete, dass er sie ebenfalls lieben würde. Sie war realistisch genug, zu wissen, dass das niemals der Fall sein würde.
Perverserweise stieß er sich jetzt genau an dieser Tatsache. Er steckte sich die Zigarre wieder in den Mundwinkel, stemmte die Hände in die Hüften und ging in die Küche. Wenn eine Frau einen Mann begehrte, sollte sie um ihn kämpfen und nicht kampflos aufgeben. Verdammt noch mal, wenn sie ihn wirklich liebte, warum gab sie sich dann nicht etwas mehr Mühe, nicht ganz so entnervend zu sein? Zeig mir, wie ich dir gut tun kann , hatte sie einmal gesagt. Sie könnte ihm verdammt noch mal gut tun, indem sie ein wenig mehr Loyalität und Verständnis zeigen würde, indem sie ausnahmsweise einmal mit ihm übereinstimmte, anstatt sich die ganze Zeit mit ihm anzulegen. Sie könnte jetzt nackt neben ihm im Bett liegen, anstatt sich drüben über der verdammten Garage einzuigeln.
Seine Stimmung verdüsterte sich, und er fügte noch weitere ihrer Unzulänglichkeiten seiner Liste hinzu, unter anderem die, dass sie sich allmählich zu einem Flittchen entwickelte. Seiner Aufmerksamkeit war es nicht entgangen, wie viele Männer in der Filmcrew sich unter irgendwelchen Vorwänden in ihrer Nähe aufhielten. Soweit er es einschätzen konnte, war das mehr ihr denn ihnen anzulasten. Schließlich musste sie sie nicht die ganze Zeit so
Weitere Kostenlose Bücher