Der unerfüllte Wunsch - Eine phantastische Reise (German Edition)
nicht lügen können. Also wählte er die offensive Variante, da seine Mitstreiter, selbst Skully, wohl nichts zu sagen hatten und ihn als Wortführer ausgewählt zu haben schienen.
»Wir sind hier, um zu untersuchen, ob ihr verantwortlich für die Wolken seid, die plötzlich im Reich der unerfüllten Wünsche und im Land der dunklen Träume erscheinen, um dort für Chaos zu sorgen.«
»Wie kommt ihr darauf, dass wir etwas damit zu tun haben könnten?« Das Gesicht auf dem Monitor blieb ausdruckslos, an ihm war keine Gemütsregung abzulesen. Auch die Stimme klang nicht anders als zuvor.
Berzerk bemerkte jedoch, dass der Kopf des Technolandes mit einer Gegenfrage geantwortet hatte. Er fragte sich, ob der Computer damit eine Lüge umgehen wollte.
»Habt ihr?«, fragte Rambus, der sich jetzt doch ins Gespräch einschaltete.
Ein Flackern beeinträchtigte das Fernsehbild für den Bruchteil einer Sekunde. Ein kurzes Störgeräusch erklang und war so schnell wieder verschwunden, dass man es für eine Einbildung hätte halten können.
»Ja, wir sind die Urheber des Nebels, den die Menschen Elektrosmog nennen.«
»Ich wusste es doch!« Rambus schüttelte seine Rumflasche in Richtung Hauptbildschirm. »Ihr blöden elektronischen Landratten!«
Hupis Scheinwerfer flackerten auf und Telli stieß ein kurzes Klingeln aus. Sie hatten den Schuldigen gefunden. Jetzt ging es ans Verhandeln.
»Warum tut ihr das?« Berzerk kannte zwar Catlocks Theorie, doch wollte er von dem Ding vor ihm die Bestätigung hören.
Ein weiteres Störgeräusch durchzog den Hauptbildschirm und war für einen Sekundenbruchteil auch auf den Bildschirmen an den seitlichen Wänden zu sehen.
»Nun, wie ihr sicherlich bemerkt habt, haben wir hier im Elektrotastic, wie wir unser Land nennen, ein gewisses Kapazitätsproblem. Wir haben so viele Möglichkeiten der optimalen Auslastung unserer Ressourcen durchgerechnet, haben schon verschiedene Problemlösungsansätze ausprobiert. Ihr habt doch sicherlich die Beschaffenheit unseres Strandes bemerkt?«
Berzerk dachte an den schwarzen, scharfkantigen Sand, der von weißen und grauen Körnern durchzogen war. Natürlich war die Struktur des Sandes ungewöhnlich, doch was wollte das Ding ihm sagen? Bevor er sich weitere Gedanken darüber machen konnte, fuhr der Kopf auf dem Bildschirm fort.
»Doch wir konnten uns der finalen Gleichung sowie der Exponentialfunktion unserer Berechnungen nicht entziehen. Wir wachsen schneller, als wir in Erfüllung gehen. Und je mehr Kinder sich uns wünschen, umso weniger Platz hat jeder einzelne Bewohner zur Verfügung. Und natürlich kann man den Strand in Elektrotastic nicht ewig aufschütten. Auch wenn wir unsere Fläche durch das Aufschütten erweitern, so ist dieses doch zu langsam und zu aufwendig, um unser Problem auch nur ansatzweise lösen zu können. Und so kamen wir auf die Idee, unsere alten Bewohner ins Reich der unerfüllten Wünsche und ins Land der dunklen Träume auszulagern. Wer interessiert sich schon für den alten Kram? Früher oder später verschwinden sie doch sowieso, wenn sie nicht mehr gewünscht werden. Und bei unserem sensationellen, alles überragenden Wachstum haben wir keine Zeit zu verlieren.«
Berzerk musste sich beherrschen, um seine Axt nicht in den Bildschirm vor sich zu werfen. Wie konnte dieses Ding nur so von seinen Mitdingen reden? Wie konnte er ihnen so schreckliche Dinge antun, nur weil sie alt waren und eventuell nicht mehr lange zu leben hatten?
Wieder trat eine Störung auf, lange genug diesmal, dass das Ding im Bildschirm überrascht die Augen zusammenkniff.
»Auch du wirst irgendwann veraltet sein. Hast du darüber auch nur mal eine Sekunde nachgedacht?«
Das Gesicht auf dem Fernsehapparat blieb ungerührt. »Wenn es an der Zeit ist, werde ich gehen und mich in den Dienst von Elektrotastic stellen. Wie auch immer, die Wolken sind aktuell nur ein Testballon, ein Werkzeug in der Probephase, ein Programm in der Betatestung. Doch wir sind zufrieden mit den Werten, die wir bisher erzielt haben. Es sieht so aus, als hielte keiner von euch Bewohnern es lange in diesen Wolken aus. Und genau das ist das Ziel. Ein Müllabladeplatz für unsere alten Bewohner, die dort ungestört auf ihre Erfüllung warten können. Oder auf ihr Verschwinden. Wie auch immer.«
Ein elektronisches Schulterzucken lag in den Worten des Kopfes. Er sprach mit einer Gleichmütigkeit, die Berzerk rasend machte. Das Ding redete über die Wolken wie über das Wetter.
Weitere Kostenlose Bücher