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Der ungeladene Gast

Der ungeladene Gast

Titel: Der ungeladene Gast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Jones
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die Schubkarren rein!«
    »Was ist denn jetzt schon wieder?«, murmelten die Reisenden. Und: »Diese verfluchte Eisenbahn. Der Teufel soll sie holen.«
    Der feine Regen war noch feiner geworden. Der Wind hatte sich gelegt, war von heftig zu frühlingslind abgeklungen. Wolkenfetzen huschten über ihnen dahin und gaben Sterne frei, die sich in spätnächtlicher Konstellation wie von Tau benetzte Spinnengewebe spitzenartig über dem Haus ausbreiteten.
    Das Schleppen der nassen Erde begann. Ernest, Florence, Charlotte – mit plötzlicher Begeisterung für körperliche Arbeit –, Emerald, Clovis und Patience, sie alle griffen sich Gerätschaften und machten sich an die Arbeit.
    Matsch klebte an ihren Beinen, saugte ihnen fast die Schuhe von den Füßen. Stellenweise versanken sie bis zu den Knöcheln darin, dann wieder schlitterten sie wie auf Kufen über Steinplatten, die mit Wasser und glitschigem Schlamm überzogen waren, stapften über Backsteinwege und stolperten Hals über Kopf in Sträucher und Rosenbüsche.
    Aus der dunklen Nacht trotteten sie in das halbdunkle Haus und klatschten die Erde mit Schaufeln auf die Stufen der großen Treppe. Es lag eine seltsame Befriedigung in diesem Tun.
    Clovis beeilte sich mit der Beleuchtung, und bald standen überall Lampen, erhellten hier das Tor zum Küchengarten, da die Rabatten. Ein Tümpel Helligkeit breitete sich bei den Beeten aus, in denen Emerald am Morgen Unkraut gerupft hatte, ein wässriger Strahl hob eine Mauer oder einen kleinen Baum hervor. Alles diente nur dazu, die gewaltige, undurchdringliche Nacht um sie herum noch undurchdringlicher zu machen. John und Florence, die einander auf ewig abgeschworen hatten, damit er sich eine passendere Gefährtin suchen konnte, ergriffen die Gelegenheit, sich im Schutz der Dunkelheit und des Regens leidenschaftlich zu küssen.
    Der dünne Regen rieselte auf sie alle hernieder. Die schmutzigen Kleidersäume der Frauen schleiften durch den Matsch, während sie die Erde in Schubkarren schaufelten und sie, manchmal zu zweit, zur Tür des alten Hauses karrten.
    »Ich hole Säcke, damit die Erde besser auf den Stufen haftet«, sagte Clovis, dem der Regen in Bächen über das Gesicht und in den Mund lief.
    »Ja, für besseren Halt«, rief Patience über den Kiesweg hinweg.
    John, Clovis und Patience hatten eine Kette zum Haus gebildet und schafften die Erde hinein. Die Schubkarren ratterten und rumpelten über die Kopfsteine und pflügten durch die klatschnasse Erde.
    Der tröstliche Regen fiel herab; die bleierne, schmatzende Erde umfing sie. Sie wurden hineingewaschen in die brodelnde Nacht, wie zerfledderte Nachtvögel, wie fallende Blätter; wie Geister.
    »Oh« und »Seht nur«, beschwerten sich die Reisenden, während sie beobachteten, wie die Mitglieder des Haushalts kamen und gingen, hinein- und hinausliefen und Schaufeln voller Erde auf die Treppe in der großen Halle warfen.
    An den Beeten arbeiteten Ernest und Emerald, deren Kleider an ihnen klebten, Hand in Hand. Er brach die schwere Erde auf, sie schaufelte sie in die Karren.
    »Das hier ist der reine Wahnsinn«, rief sie, während das Blut nur so durch ihren Körper jagte. Ihre Hände am Stiel der Schaufel waren nass und glitschig, die Haare klebten ihr im Gesicht.
    Und er, der die Hacke schwang, sie in die Erde stieß, damit Emerald sie mit der Schaufel aufnehmen konnte, sah zu ihr auf und antwortete: »Ja, es ist großartig. Einfach umwerfend!«
    Und im aufgewühlten Matsch am Rand des Beets rutschte Emerald aus, schwankte und fiel. Ihre Hand schlug klatschend auf die nasse Erde und sank tief hinein, fast bis zum Ellbogen.
    »Hier.« Ernests Hand streckte sich ihr helfend entgegen. Als sie versuchte, sich an seinem Arm hochzuziehen, geriet auch er ins Wanken und fiel ebenfalls in den Matsch – zumindest seine eine Seite. Erde schwappte und gluckerte um sie herum. Emerald fing an zu lachen, denn für einen kurzen Moment war es, als wollte das Beet sie verschlingen, als würden sie sich nie wieder aus dieser üppigen Erde erheben und für immer darin begraben liegen, wie Tote auf einem Friedhof.
    »Ach du lieber Himmel«, rief sie, während sie sich gemeinsam abstrampelten. »Hilfe!«
    Sich aneinander festhaltend, knieten sie voreinander.
    Clovis hatte mehrere Schritt weiter eine Lampe abgestellt. Deren wässriger Strahl ließ ihre Zähne und Augen aufblitzen; beleuchtete blasse, mit Matsch verschmierte Wangen und verklebte, regenglatte Haare. Emerald schmeckte raue,

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