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Der ungeladene Gast

Der ungeladene Gast

Titel: Der ungeladene Gast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Jones
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der nassen Erde aufstieg. Es war ein denkwürdiger Maifeiertag.
    Die Sonne stürzte sich durch die Fenster und ließ ihre Strahlen auf dem unglaublichen Schmutz spielen, der im Haus herrschte. Feuchter Matsch blitzte im himmlischen Glanz auf. Emerald tanzte durch das Chaos.
    »Guten Morgen, Myrtle. Immer noch keine Pearl Meadows?«, trällerte sie und merkte nicht einmal, dass Myrtles Stimmung ganz und gar nicht der ihren entsprach. Myrtle, die mit dem Abwasch beschäftigt war, kam sich vor wie eine Schildkröte, die einen hohen Berg zu erklimmen hat.
    »Morgen, Miss Em«, sagte sie. »Würde es Ihnen etwas ausmachen, mir zu sagen …« Und sie deutete auf die Tür zum alten Haus, die weit offen stand, sodass die mit Erde überhäufte Treppe und die Reste des immer noch rauchenden Feuers zu sehen waren.
    Emerald tänzelte fröhlich an Myrtle vorbei und betrat das alte Haus. Eine Frau in einem blauen Kleid stand, dem Sonnenlicht zugewandt, mit ausgebreiteten Händen dort, als ließe sie sich von einem Wasserfall berieseln.
    »Florence?«, fragte Emerald. »Mrs Trieves?« Florence drehte sich um. »Ihr Kleid …«, hauchte sie mit schwacher Stimme.
    Sie wusste, dass sie Mrs Trieves anstarrte, aber es wollte ihr nicht gelingen, ein anderes Gesicht aufzusetzen.
    »Guten Morgen, Miss Em«, sagte Florence. »Die Passagiere sind alle weg.«
    »Weg?« Emerald hob ihren Rock an, um die matschige Treppe hinaufzugehen. Es stimmte. Die Betten waren da, aber die Passagiere waren verschwunden. Die Luft, die durch die große Eingangstür strömte, duftete nach Hyazinthen, Narzissen und Gras.
    »Die Eisenbahn muss sie abgeholt haben«, sagte Florence.
    »Wurde ja auch Zeit«, bemerkte Emerald.
    Sie ging zu dem kleinen Nest, das ihr am nächsten war und in das sie selbst ein kleines Kind gelegt hatte, und hob das daraufliegende Kissen an. Es war frisch, gestärkt, makellos weiß, faltenfrei und absolut unbenutzt, so als sei es gerade erst aus dem Schrank geholt worden. Sie drückte es an sich und sah sich um. Überall waren die Betten gemacht, mit Laken aus frischer Baumwolle bezogen, absolut unberührt.
    Allmählich kamen alle Mitglieder des Haushalts zum Vorschein, gähnend, aber erfrischt, seltsam beschwingt nach ihrem kurzen Schlaf an den unmöglichsten Orten. Sie wanderten durch das Haus, sammelten sich in Zimmern, die die Spuren der Aktivitäten der Nacht trugen – Dutzende von Tassen, die hier und da verstreut herumstanden, Teller, die sich neben dem Kamingitter im Frühstückszimmer stapelten, Zigarrenstummel auf allen Fußböden –, und empfanden Freude und Befriedigung beim Anblick der Beweise dafür, dass alles, was stattgefunden hatte, real war, fast so, als wäre es vorstellbar, dass sich die Ereignisse der Nacht nur in ihrer Fantasie abgespielt hatten. Es blieb jedoch die Tatsache, dass, ganz gleich wie viele kleine Beweise sie fanden – die vierzig Stühle, die in die beiden kleinen Zimmer hineingezwängt worden waren, Clovis’ fehlender Kragen samt Fliege und die Tatsache, dass jedes Messer, jede Gabel und jeder Löffel im Haus benutzt und schmutzig war –, es nicht die materiellen Fakten waren, die sich ihnen entzogen, sondern die undeutlichen Abdrücke, die das alles in ihren Hirnen hinterlassen hatte. Sie schienen nichts bewahren zu können.
    Falls dennoch jemand Zweifel daran gehabt hätte, dass sie wahre Horden bewirtet hatten, blieben als unumstößlichste der unleugbaren Wahrheiten das Durcheinander und der Dreck. Keine Geburtstagsfeier, die einer von ihnen je erlebt hatte oder sich hätte erträumen können, hätte ein derartiges Chaos produzieren können.
    Die gigantische Aufgabe, im Haus wieder einen Anschein von Ordnung herzustellen, wurde in einer Atmosphäre der Fröhlichkeit von Gästen und Familienmitgliedern in Angriff genommen. Der Matsch war das größte Problem, dicht gefolgt vom Fett. Diverse Scheuerbürsten wurden bis aufs Holz abgenutzt.
    »Vielleicht sollten wir die alte Treppe einfach so lassen, wie sie ist, damit Gras darauf wachsen kann«, schlug Patience vor.
    »Falls Pearl Meadows sich je dazu herablässt, uns mit ihrer Anwesenheit zu beehren, kann sie die alleinige Verantwortung dafür haben, sie wieder auf Hochglanz zu bringen«, hörte man Myrtle grummeln. Sie war beim ersten Tageslicht schlecht gelaunt aufgestanden, fest entschlossen, jede Entschuldigung, die Florence Trieves vielleicht in der Folge ihrer fürchterlichen Attacke vom gestrigen Abend anbringen wollte, weit von sich

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