Der ungeladene Gast
Stanley und die Kutsche endlich zurückkämen.
»Bitte kommt zurück«, flüsterte sie. »Bitte.«
»Sie kommen nicht«, sagte eine ruhige männliche Stimme hinter ihr.
Charlotte fuhr herum und wollte ihren Augen nicht trauen, als sie Traversham-Beechers mitten im Zimmer stehen sah. Einen amüsierten Ausdruck auf dem Gesicht, den Blick auf sie gerichtet, zwirbelte er die Enden seines Schnurrbarts zwischen Daumen und Zeigefinger. Es war eine Geste, die sie gut kannte.
Es war nicht Traversham-Beechers an sich, das Werkzeug ihres Untergangs, der sie so mit Schrecken erfüllte – er war schon immer ein Rohling und ein Widerling gewesen. Es war die Art seines Erscheinens, die Unmöglichkeit dieses Erscheinens, durch die abgeschlossene Schlafzimmertür hindurch.
»Mein Gott!«, rief sie. »Du …« Sie hatte sagen wollen: »Du musst sofort gehen«, merkte aber, dass sie keinen Ton herausbekam. Es gab keinen anderen Weg als den durch das Fenster oder die Tür, und beide waren fest verschlossen.
»Du packst, Lottie?«, erkundigte er sich beiläufig.
»Ja«, antwortete sie matt. »Du hast mich vernichtet.«
»Zumindest deinen Ruf.«
»Gibt es etwas anderes?«
»Alles, was du dir hier geschaffen hast …«, sinnierte er.
»Dahin.«
»Du meinst, sie werden dir nicht verzeihen?«
»Meine Familie? Würdest du es tun?«
»Wenn meine Mutter …? Grundgütiger, nein«, lachte er.
»Ach Gott, Charlie«, sagte sie und ließ sich müde auf den gepolsterten Hocker vor dem Frisiertisch sinken. »Warum hast du das getan?«
»Smudge?«, flüsterte Emerald, klopfte und drehte den Knauf, während die anderen still hinter ihr standen.
»Smudge?« Aber von drinnen kam keine Antwort. »Sicher schläft sie schon«, sagte Emerald. »Und die Tür ist abgeschlossen. Zum Glück.« Damit entfernten sie sich wieder, um sich um die singende Meute unten zu kümmern.
Smudge schlief keineswegs. Ihr tief verwurzelter Stolz hinderte sie daran, die Tür aufzureißen und den anderen das Pony und das Ausmaß ihres eigenen, schändlichen Tuns zu offenbaren.
Die arme Smudge war völlig erschöpft. Übertroffen wurde ihre Erschöpfung nur von ihrem verzweifelten Wunsch, das Pony in den Stall zurückzubringen und es endlich los zu sein. Aber Lady hatte sich hingelegt, eine Katastrophe, und war weder durch gutes Zureden noch durch Klatschen oder Pfeifen dazu zu bewegen, wieder aufzustehen. Im Bewusstsein ihres mächtigeren Körpers sah sie Smudge nur herablassend an und blieb einfach liegen.
Für eine Weile gab Smudge ihre Bemühungen auf, schmiegte sich an den Bauch des Ponys und lauschte auf das Gurgeln, das darin zu hören war, und auf die fernen Gesänge der Passagiere. Die warme, runde Schwellung war so behaglich, das gepflegte Fell so weich, dass Smudge am liebsten eingeschlafen wäre. Aber das durfte sie nicht. Den Tränen nahe, rappelte sie sich wieder hoch.
»Nein, Lady! Wir dürfen nicht schlafen!«, schimpfte sie.
Lady sah sie an, als wollte sie sagen: Du kannst meinetwegen machen, was du willst. Ich dagegen …
»Also gut, dann schlaf, aber nur ganz kurz. Danach gehen wir nach unten. Hast du mich verstanden?«
Sie trat ans Fenster und öffnete es. Die kühle, frische Nachtluft umströmte sie, der feine Regen benetzte ihr Gesicht.
»Du hast eine schreckliche Schweinerei angerichtet«, sagte sie zu dem Pony. »Ich bin gleich wieder zurück.«
Sie setzte sich auf die Fensterbank. Ein schneller Streifzug über die Dächer würde sie wunderbar erfrischen. Anschließend würde sie sich um das unmanierliche Pony kümmern.
»Bis gleich«, sagte sie.
Der Wind hatte sich gelegt. Die Dachschiefer waren zwar noch nass, aber Smudge kannte den Weg. Noch auf der Fensterbank sitzend, ein Bein drinnen, eins draußen, raffte sie ihre schweren Röcke und stopfte sie in Clovis’ Schal, den sie sich um die Taille gebunden hatte. Dann richtete sie sich vorsichtig auf. Eine Hand flach an die Innenseite der Wand gelegt, tastete sie mit der anderen hoch über sich nach der Metallschelle, mit der das dicke Regenrohr am Haus befestigt war.
Ein gutes Stück weiter, am anderen Ende des Korridors, bewegten sich Patience, Clovis, Ernest, Emerald und John unsicher und zögernd auf die Haupttreppe zu und gingen hinunter.
Sie stießen auf ein Gewimmel zechender Passagiere, mindestens zwanzig in der Halle und dazu mehrere andere, die singend und lachend überall herumschlenderten.
The folks, amazed, all thought her crazed,
All along the Strand, Oh,
To
Weitere Kostenlose Bücher