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Der ungeladene Gast

Der ungeladene Gast

Titel: Der ungeladene Gast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Jones
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bist?«
    »Du bist so grausam. Was willst du von mir?«
    »Ich habe nicht sehr viel Zeit. Und da dachte ich, ich amüsiere mich ein bisschen.«
    Und er hob eins der Kleidungsstücke vom Bett (eine Pluderunterhose mit Spitzenbesatz) und begann, es in Streifen zu reißen.
    »Rohling!«, rief sie.
    »Keins deiner Kinder macht sich noch etwas aus dir, Charlotte. Keins von ihnen wird kommen«, sagte er.
    Einen Augenblick lang wurde sie durch ein Scharren auf dem Dach über ihr abgelenkt.
    »Ich möchte, dass du gehst«, sagte sie. »Du hast deinen Spaß gehabt – mit mir wirst du keinen mehr haben.«
    Während das Kind auf dem nassen Dach lag und die Frau in ihrem Schlafzimmer bedrängt wurde, brachten die tanzenden Horden in der Halle, Stöcke und Arme schwingend, mit den Füßen stampfend, die Fundamente von Sterne zum Erbeben mit ihrem Schrei: »Was nun? Was nun?« Gerichtet war er an die kleine Gruppe, die sich auf der Treppe eng zusammendrängte: Emerald, Patience, Clovis, John und Ernest. Die Hände der Damen suchten Schutz in den Ellbeugen der Herren.
    »Wir können sie nicht so weitermachen lassen«, rief Ernest.
    »Aber was sollen wir dagegen tun?«, fragte Patience. Ihre in dünnen Schühchen steckenden Füße tasteten sich rückwärts die polierte Treppe hinauf.
    Emerald wandte sich an Clovis. »Clo«, sagte sie, seine beiden Hände nehmend. Torrington-Augen versenkten sich in Torrington-Augen. »Wir müssen das alte Haus öffnen und sie dort unterbringen, allesamt!«
    Ohne den Grund dafür zu verstehen, war Clovis augenblicklich davon überzeugt, dass ihr Vorschlag richtig war; er war so solide wie ein gut geölter Riegel, der in seine Halterung geschoben wird. »Natürlich«, stimmte er ihr mit neuer Energie zu. »Das alte Haus wird sie aufnehmen.«
    Florence war allein in der Spülküche. Sie hatte Myrtle davongejagt. Denn als Florence, erfüllt von ohnmächtiger Wut, aus dem Speisezimmer in die Küche gekommen war und nichts anderes gewollt hatte, als ihres Kummers Herr zu werden und ihre Fassung wiederzufinden, hatte Myrtle, die bis zu den Ellbogen in Spülwasser steckte, es gewagt, sie zu fragen, was los sei. Als die aufgebrachte Florence daraufhin mit einer langstieligen Schöpfkelle auf sie losging, hatte sie sich Hals über Kopf in eine Ecke geflüchtet und dort zusammengeduckt.
    »Mach, dass du hier rauskommst! Raus! Raus! «, schrie Florence, und Myrtle war völlig verängstigt die Küchentreppe hochgerannt, und weiter, die kleine Speichertreppe hinauf und in die Sicherheit ihrer Kammer, wo sie sich auf ihr Bett warf und vor Wut und Erschöpfung in Tränen ausbrach.
    »Ich gehe heute Abend auf keinen Fall wieder runter«, versprach sie sich selbst. »Ich hasse die alte Hexe!« Kurz darauf war sie, die seit achtzehn Stunden ununterbrochen auf den Beinen war und geschuftet hatte wie ein Berserker, tief und fest eingeschlafen, während die Seifenlauge noch auf ihren Armen trocknete.
    Florence war folglich allein. Sich in ihrem verschwitzten Kleid wütend aufrecht haltend, ging sie umher und versuchte, mit nichts als ihren beiden sehnigen Händen und ihrem schmerzenden knochigen Rücken wieder einen Anschein von Ordnung herzustellen. Gleichzeitig gab sie sich alle Mühe, den gedämpften Tumult, der von jenseits des Wirtschaftsflurs zu ihr drang, nicht zu beachten, aber als Emerald und Clovis durch die grüne Tür und in ihre Küche gestürzt kamen, drehte sie sich um.
    »Alles in Ordnung mit Ihnen?«, fragte Clovis mit wilden Augen.
    »Wieso sollte mit mir etwas nicht in Ordnung sein?«, fragte Florence verbittert zurück und trocknete sich die Hände an einem Geschirrtuch ab.
    »Wir müssen das alte Haus öffnen, Mrs Trieves. Für die Passagiere. Wir können nicht zulassen, dass sie noch länger überall im Haus herumlaufen.«
    »Das alte Haus öffnen?« Florence konnte es nicht fassen. »Da drin ist es doch stockdunkel!«
    Aber sie beharrten darauf. Clovis sah sich nach einer Kerze um, fand einen Stummel auf einem Regalbrett und zündete ihn an.
    Emerald ging zur großen Tür am Ende der Spülküche, umfasste mit ihren weißen Händen den gusseisernen Riegel und zog daran.
    »Lassen Sie mich das machen«, kam Florence ihr zu Hilfe. Gemeinsam zogen sie den Riegel zurück.
    Oben, umgeben von den gerüschten Vorhängen an Charlottes Bett und Fenster, der buttrigen, schimmernden Intimität ihres Boudoirs, ihres Reisekostüms und ihrer überquellenden Koffer, machte der amüsierte Schurke es sich auf ihrem

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