Der ungezähmte Highlander
es in den letzten Tagen einfach nicht schonen können.
Als ihm aufgegangen war, wohin Rauf wollte, hatte Liam schreckliche Angst bekommen – nicht nur um Keira, sondern auch um sich. Er hatte gefürchtet, sie zu verlieren, nie mehr ihr Lachen zu hören, nie mehr ihr leises Murmeln und Summen, wenn sie begann, sich ihrer Leidenschaft hinzugeben, und nie zu erfahren, ob sie ihn liebte. Obwohl ihn alle gemahnt hatten, ruhig zu bleiben, war er wie ein Irrer zum Lager gestürzt. Sigimor hatte ihn zurückhalten müssen, nicht lautstark ihre Ankunft zu verkünden. Er hätte sich seiner blinden Leichtfertigkeit bitter geschämt, wenn er nicht gewusst hätte, dass es Sigimor und Ewan genauso ging und sie ihn verstanden.
Sie hatten sich angeschlichen. Dabei hatte es Liam die größte Mühe gekostet, sich nicht zu früh bemerkbar zu machen, als er sah, was Rauf mit Keira anstellte. Wieder und immer wieder hatte er sich gesagt, dass Keira lebte. Nur dieses Wissen hatte ihm erlaubt, sich weiter langsam und leise zu bewegen. Er hatte sich sogar die Zeit genommen, sich die passenden Worte zurechtzulegen, um Keira zu tadeln. Warum hatte sie sich nicht versteckt, dafür einen Mann angegriffen, der zwei Kopf größer war als sie und bestimmt das Dreifache wog? Doch jetzt konnte er sich zurücklehnen, sein pochendes, überstrapaziertes Bein ruhen lassen und vielleicht ein wenig in ihrer Dankbarkeit schwelgen und ihrem Lob, dass er seine Sache gut gemacht hatte.
»Du Idiot!« Keira begann, seinen Stiefel aufzuschnüren. Sie fürchtete, dass sein Bein Schaden genommen hatte. »Dein Bein ist noch kaum eine Woche ausgeheilt, und schon hüpfst du herum und schlägst dich mit dem Schwert.«
In der Sorge um sein Wohl konnte er fast ebenso gut schwelgen, beschloss er. Dann verzog er das Gesicht. Ihre Stimme klang sonderbar, sie war bestimmt nicht so leise und rau, weil sie gegen Tränen ankämpfte.
»Was ist mit deiner Stimme passiert?«, fragte er.
Keira stellte zu ihrer Erleichterung fest, dass sein Bein nur ein wenig geschwollen war. »Rauf wollte mir zeigen, wie mühelos er eine kleine Frau nur mit einer Hand erdrosseln kann.«
Sie stieß seine Hand weg, als er versuchte, ihren Hals zu untersuchen, der von ihren Haaren verdeckt war. Liams Gesicht spiegelte große Schmerzen. Ihm diese Schmerzen zu nehmen, das war das Mindeste, was sie für ihn tun konnte, nachdem er Ardgleann befreit und ihr das Leben gerettet hatte. Doch als sie in Vorbereitung darauf die Hände aneinanderrieb, packte er sie und hielt sie fest.
»Frau, wir sind nicht allein«, sagte er leise. »Willst du riskieren, dass dein Geheimnis aufgedeckt wird?«
»Meine Brüder kennen es, und du vertraust deinen Verwandten, oder?« Er nickte, auch wenn er noch immer die Stirn runzelte. »Und Meggie kann bestimmt auch ein Geheimnis wahren.« Sie lächelte das Mädchen an, das mittlerweile an Liams anderer Seite stand. »Schwörst du, dass du das, was ich jetzt tun werde, nicht weitererzählst, Meggie?«
»Aye«, meinte Meggie bereitwillig. »Aber wenn Ihr von Eurer Gabe des Heilens redet, ist die hier kein großes Geheimnis.«
»Hat Duncan dir davon erzählt?«
»Er hat einigen davon erzählt. Er hielt es für eine wundervolle Mitgift, auch wenn er uns aufforderte, Euch nicht darum zu bitten, weil es Euch schwächt, wenn Ihr Eure Gabe einsetzt.« Meggie betrachtete Liams Bein stirnrunzelnd. »Es sieht doch ganz gut aus.«
Keira überwand ihre Überraschung darüber, dass ihr Geheimnis keines mehr war. »Ich kann allerdings niemanden heilen, nur wenn ich ihn berühre. Ich kann nur die Schmerzen nehmen, und manchmal kann ich mit meinen Händen auch fühlen, was einem Menschen fehlt.«
»Trotzdem ist es eine wunderbare Gabe.«
»Danke. Aber mir ist lieber, wenn man nicht so viel darüber redet. Manche Leute sehen es nämlich nicht als Gabe.« Keira atmete tief durch, dann schloss sie die Augen und legte ihre Hände auf Liams Bein auf.
Liam spürte ihrer Hände Magie wirken. Leise forderte er Keiras Brüder auf, etwas zu essen und zu trinken zu besorgen, am besten Apfelwein, Honig und Brot. Da Keira solche Sachen oft bei sich hatte, sollten sie als Erstes in ihrer Satteltasche nachsehen. Dann bereitete er sich darauf vor, sie aufzufangen, und dachte darüber nach, was er ihr sagen könnte, damit sie die Schmerzen, die sie in ihren Körper aufgenommen hatte, möglichst rasch wieder verlor.
Keiner sprach, während Keira ihren Zauber wirkte. Ihre Brüder standen bereit
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