Der ungezähmte Highlander
beklagt. Im Übrigen ist es nicht der Körper einer Frau, der einen Mann an sie bindet, es sind ihr Herz und ihr Gemüt. In dieser Hinsicht seid Ihr wahrhaftig bestens gebaut.«
Keira war ein wenig überrascht, als Joan ihr ein Leinentüchlein reichte, dann merkte sie, dass sie weinte. »Wie töricht ich doch bin«, meinte sie und wischte sich die Tränen vom Gesicht.
»Das kommt von dem Kind, zumindest zum Teil. Und jetzt hört mir gut zu, bevor Ihr hineingeht und Euch ein bisschen ausruht …«
»Ich soll mich ausruhen?«, fiel ihr Keira empört ins Wort, doch Joan ließ sich nicht beirren.
»Ihr habt einen sehr guten Ehemann. Er ist Euer Herr und Gebieter, aber er hört auf Euch. Das ist wahrhaftig nicht zu verachten. Er hat allen ausdrücklich erklärt, dass er gemeinsam mit Euch hier herrscht, und dass Euer Wort dasselbe gilt wie seines.«
»Oh! Das wusste ich nicht.«
Joan nickte. »Seine Befehlsgewalt mit seiner Ehefrau zu teilen ist keine Selbstverständlichkeit für einen Mann. Und wir wissen, dass er jede Nacht das Bett mit Euch teilt. Ich vermute, dass er es sehr warm hält.« Joan lachte leise, als Keira errötete. »Der Mann kann seine Hände nicht von Euch lassen, Herrin. Wann immer Ihr in seiner Nähe seid, verlangt es ihn danach, Euch zu berühren oder Euch einen Kuss zu geben. Es ist uns allen klar, wie viel ihm an Euch liegt. Ich verstehe nicht, warum Ihr das nicht auch seht. Eine schöne junge Frau aus gutem Hause wie Ihr hat doch bestimmt Dutzende von Freiern gehabt.«
»Nay, so war es nicht. Aus diesem Grund bin ich so rasch auf Duncans Angebot eingegangen, obwohl ich den Mann kaum kannte. Ich war schon über zwanzig, und noch nie hatte ein Mann ernsthaft um mich geworben.« Sie seufzte. »Und dabei wollte ich so gern Kinder haben.«
»Aber vielleicht war es ja auch so, dass Ihr nicht erkannt habt, wenn jemand Euch den Hof machte, weil Ihr an diesen Männern nicht ernsthaft interessiert wart? Es kommt mir vor, als hättet Ihr irgendwann beschlossen, den ersten Mann zu nehmen, der um Eure Hand anhielt, und das war eben Duncan. Wenn ein Mann beschließt, sich zu vermählen, lotet er erst einmal seine Chancen aus, und wenn er spürt, dass er nicht mit offenen Armen empfangen wird, zieht er weiter. Ich glaube, Ihr habt keinem Mann je ein Zeichen gegeben, dass Ihr Euch über seine Werbung freut oder dass Ihr Euch dieser Werbung überhaupt bewusst wart. Also sind diese Männer eben zum nächsten Mädchen weitergezogen.«
Keira richtete sich ein wenig auf und fing an, darüber nachzudenken. Auf einmal fielen ihr die Bemerkungen ihrer Familie ein, die recht ähnlich geklungen hatten. Doch jetzt konnte sie nicht gründlich darüber nachdenken, denn Joan war noch nicht fertig.
»Im Übrigen halte ich Euch für eine wunderbare Heilerin, deren kleine Hände Gott gesegnet hat. Ihr seid verwundet und mutterseelenallein von hier geflohen, Ihr seid genesen und wieder zu Kräften gekommen, und dann seid Ihr zurückgekehrt und habt uns von diesem Dreckskerl Rauf befreit. Außerdem war Eure Ehe mit einem Mann, dessen Denken so verletzt und verkrüppelt war, dass er nie hätte heiraten dürfen, eine schwere Prüfung. Aber Ihr habt ihm die Treue gehalten, und wir, die wir wussten, welcher Schatten auf Duncan lastete, waren überzeugt, dass Ihr ihm hättet helfen können. Ihr habt Sir Archie geheilt. Mein Malcolm hat keine Schmerzen mehr, und dank Euch kann er seine Hand fast wieder so gut gebrauchen wie früher. Ihr habt auch Euren Ehemann geheilt, und dank Euch ist er jetzt ein Laird, ein Grundherr, ein Mann mit Land und Macht, statt ein weiterer Cousin eines Herrn. Alles, was er jetzt ist, verdankt er Euch.«
»Aber was hat all das mit seinen Gefühlen für mich zu tun, oder der Frage, ob er überhaupt tiefere Gefühle für mich empfindet?«
»Nichts. Es hat damit zu tun, dass Ihr offenbar ständig denkt, Ihr wärt nicht gut genug für ihn. Die meisten von uns denken zwar, es wäre eine traurige Verschwendung gewesen, wenn er nur ein weiterer Cousin eines Lairds geblieben wäre, aber trotzdem hat er seine Stellung dank Euch erreicht. Ihr liebt ihn, es ist unschwer zu erkennen, dass Ihr sein Bett zu seiner Zufriedenheit wärmt, er behandelt Euch wie eine Gleichgestellte – und Ihr werdet ihm bald ein Kind schenken.« Joan zuckte mit den Schultern. »Mehr fällt mir dazu nicht ein. Ihr müsst Euch einfach einmal genauer betrachten und das Gute in Euch erkennen. Ich glaube nämlich, Ihr tut das noch nicht
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