Der ungezähmte Highlander
manchmal fühlt sie sich doch ein bisschen einsam.«
»Die Frage ist nur – sehnt sie sich dann nach Sir Archie?«
»Das schon. Als sie ihm sagte, dass sie fünf Jahre lang als Hure gearbeitet und mit vielen Männern das Bett geteilt hatte, erwiderte er nur, dass er fünfzehn Jahre lang als Söldner gedient hatte und wahrscheinlich mehr Männer ins Grab gebracht hätte, als sie in ihrem ganzen Leben in ihr Bett hätte bringen können. Wahrscheinlich würden sie beide zur Hölle fahren, sagte er, aber wenn sie verheiratet wären, würden sie immerhin zusammen sein.« Keira lächelte, als Liam lachte, doch dann wurde sie rasch wieder ernst. »Hattie glaubt, dass sie schwanger ist.«
»Ach so?« Bislang hatten nur sechs Frauen feststellen müssen, dass sie während ihres Martyriums schwanger geworden waren. Doch keine von ihnen glaubte, dass sie Keiras Angebot, ihr Kind in Obhut zu nehmen, annehmen müsste.
»Aye. Sie will es noch nicht recht glauben, auch wenn ich ihr gesagt habe, dass zweiunddreißig nicht zu alt ist und nur völlige Enthaltsamkeit dafür sorgt, dass eine Frau in dem Alter kein Kind empfängt. Sir Archie meinte, es wäre ihm egal, obgleich es mit Sicherheit Raufs Kind wäre. Ich dachte, ich wäre frei von Aberglauben über schlechten Samen und so weiter, aber einen Moment lang war mir trotzdem unbehaglich. Das arme Kind wird gelegentlich wohl doch darunter zu leiden haben.«
Liam nickte, denn auch ihm war nicht ganz geheuer bei dieser Vorstellung.
»Man muss sich eben immer wieder vor Augen führen, dass nicht allein zählt, wer das Kind gezeugt hat, sondern dass es genauso wichtig ist, bei wem es aufwächst. Dazu muss man sich nur Kester ansehen. Verstoßen von seinem eigenen Blut, kaltherzigen, harten Menschen, und dennoch ist er ein guter Junge.«
»Vielleicht war es ja sogar gut für ihn, dass er ins Kloster gehen musste und diese Verwandten ihn nicht großgezogen haben.«
Eine Weile saßen sie stumm nebeneinander und genossen die friedlichen Augenblicke in der Sonne. Liam merkte, dass Keira noch nicht bereit war, ihm zu sagen, dass sie schwanger war. Es bestand zwar die winzige Möglichkeit, dass sie selbst es noch nicht wusste, weil sie zu beschäftigt war oder einfach zu blind für die Veränderungen in ihrem Körper, obwohl sie eine Heilerin war. Doch Liam war sich ziemlich sicher, allein schon deshalb, weil sie sich seit ihrer Hochzeit nahezu jede Nacht geliebt hatten. Aber falls sie nicht unter den normalen Beeinträchtigungen einer Schwangerschaft litt, hatte sie es vielleicht wirklich noch nicht bemerkt. Mittlerweile fiel es ihm jedoch zunehmend schwerer, sie nicht einfach zu fragen.
Doch er unterließ es und beschloss, sich lieber wieder an die Arbeit zu machen. Er nahm Blitz von seiner Schulter und setzte das Kätzchen auf den Boden, auch wenn es ihn verdrossen anstarrte.
»Ich muss wieder an die Arbeit«, sagte er und küsste Keira. Er wollte ihr noch eine Woche geben – eine weitere Woche, in der sie es ihm sagen konnte.
Keira sah ihrem Ehemann nach und bewunderte wieder einmal seinen geschmeidigen Gang und seine wohlgeformten Beine. Da es ein sonniger Tag war, trug er sein, wie er es nannte, Ardgleann-Plaid über einem groben Leinenhemd und seine Hirschfellstiefel. Das Dunkelgrün, Blau und Schwarz des Tartans stand ihm ausgezeichnet. Als er diese Tracht zum ersten Mal angezogen hatte, hatte sie ihn geneckt und behauptet, er sei wohl zu schüchtern, um seine nackten Beine zu zeigen. Doch er hatte erwidert, er trage Stiefel, weil zu viele Dinge auf dem Boden herumlagen, die er lieber nicht zwischen seinen Zehen haben wollte. Keira konnte das gut verstehen, zumal ihr Ehemann penibel auf sein Äußeres achtete.
Seufzend setzte sie Donner ab und machte sich ebenfalls wieder an die Arbeit. Bald würde sie Liam sagen müssen, dass er in etwa sieben Monaten Vater werden würde. Es war ihr noch immer peinlich, wie lange sie gebraucht hatte, um es zu merken. Viel zu lange hatte sie ihren flauen Magen auf die Menge an Arbeit oder auf die Sorgen um Ardgleann und seine Bewohner geschoben. Als sie sich endlich eingestanden hatte, dass sie Liams Kind unter dem Herzen trug, war sie anfangs sehr erfreut, dann aber bestürzt gewesen.
Seit zwei Wochen hatte sie es ihm sagen wollen, doch dann waren ihr die Worte immer wieder im Halse stecken geblieben. Vielleicht war es albern, aber sie wollte unbedingt wissen, was er für sie empfand, bevor sie die Mutter seines Kindes wurde. Da sie sich
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