Der ungezähmte Highlander
richtig.« Joan stand auf und zog Keira hoch. »Und außerdem solltet Ihr es ihm einfach sagen.«
»Ach, ich wollte ihm ohnehin bald von dem Kind erzählen.«
»Gut, aber ich meinte, Ihr solltet ihm einfach sagen, dass Ihr ihn liebt, und sehen, was passiert. Und jetzt solltet Ihr Euch ein bisschen ausruhen.«
Erst als Keira in ihrem Schlafgemach stand und sich die Hände wusch, ging ihr auf, dass sie soeben wie ein unartiges Kind auf ihr Zimmer geschickt worden war – von ihrer Köchin! Lachend schüttelte sie den Kopf. Man hatte ihr eine Strafpredigt gehalten und gesagt, worüber sie nachdenken sollte, und dann war sie weggeschickt worden, um in sich zu gehen.
Keira seufzte. Sie musste wohl oder übel zugeben, dass Joan in vielem recht hatte. Sie hatte tatsächlich den Glauben an sich verloren. Und es konnte gut sein, dass sie die Werbungsversuche nicht bemerkt hatte, weil keiner der Männer sie besonders interessiert hatte. Dieser spürbare Mangel an Interesse konnte sehr wohl eine ganze Reihe von Männern abgeschreckt haben.
Viele aus ihrer Familie hatten ihr behutsam dasselbe beizubringen versucht. Bei Duncan war es anders gewesen, aber vielleicht auch nur, weil sie beschlossen hatte, dass es Zeit war für sie zu heiraten. Und er war eben der Erste gewesen, der sich dann bei ihr eingefunden hatte. Im Grunde war all das wirklich traurig. Wenn sie daran dachte, was in ihr vorgegangen war, als sie Liam zum ersten Mal gesehen hatte, sogar übel zugerichtet, musste sie zugeben, dass sie bisher kein Mann wirklich interessiert hatte. Ihre Gefühle, oder vielmehr ihre nicht vorhandenen Gefühle, hatten jeden abgeschreckt, der um ihre Hand hatte anhalten wollen.
Keira betrachtete sich im Spiegel. Sie sah ihrer Großmutter sehr ähnlich und auch einer Reihe ihrer Tanten und Cousinen. Hatte sie diese Frauen nicht immer für sehr schön gehalten? Doch offenbar war es ihr nicht gelungen, diese Wertschätzung auch für sich selbst zu empfinden. Vielleicht hatte sie sich deshalb für durchschnittlich gehalten, weil sie von so vielen Frauen umgeben gewesen war, die ihr ähnelten. Zugegeben, sie war keine große Schönheit wie Lady Maude, aber es gab nichts an ihrem Gesicht, dessen sie sich schämen musste.
Das galt auch für ihren Körper, merkte sie, als sie an sich hinabblickte. Sie war zwar zierlich, doch es gab nichts an ihr, was sie hätte verstecken müssen. Außerdem war sie kräftig und gesund. Und sie hatte gute Zähne, dachte sie und musste lachen.
Sie zog sich bis aufs Unterhemd aus, wusch sich gründlich und legte sich ins Bett. Zum Abendessen in der Großen Halle waren es noch ein paar Stunden, wahrscheinlich war es ganz gut, sich davor ein wenig auszuruhen. Keira legte die Hand auf ihren Bauch, der noch immer flach war, und lächelte. Schwangeren Frauen legte sie immer nahe, nach Möglichkeit viel zu ruhen. Es war Zeit, dass die Heilerin ihre eigenen Ratschläge befolgte.
Sie schloss die Augen. Es war wirklich besser, wenn sie an diesem Abend richtig ausgeruht war, denn heute wollte sie sich mit Liam aussprechen. Selbst wenn sie nicht den Mut aufbrachte, ihm ihre Liebe zu gestehen, so wollte sie ihm doch von dem Kind erzählen. Es war nicht richtig, so lange zu warten, bis er es selbst herausfand oder, schlimmer noch, es von einem anderen erfuhr.
Am liebsten wäre Liam zu seiner Frau ins Bett gekrochen, als sie endlich auf seine leisen Rufe antwortete und langsam die Augen aufschlug. In diesen Augen lag ein sehr sanfter, einladender Blick, beinahe sah es aus, als wäre er von Liebe erfüllt. Doch diese Hoffnung unterdrückte Liam rasch.
Solange Keira ihm nicht sagte, was sie für ihn empfand, würde er sich nur um den Verstand bringen, wenn er zu erraten suchte, was ein Blick, ein Lächeln oder ein Kuss wohl bedeuten mochte.
»Ich würde wirklich sehr gern bei dir liegen, Liebes«, sagte er und küsste sie. »Aber Joan hat uns ein wunderbares Abendessen zubereitet, und Kester kann es kaum erwarten zu kosten, was sie aus seinen Kaninchen gemacht hat.«
Keira blinzelte und merkte, dass Liam tatsächlich über sie gebeugt war. Sie hatte geglaubt, sie träume noch. Ihre Hand lag auf seiner Wange, und beinahe konnte sie die Worte schmecken, die ihr auf der Zunge lagen – ich liebe dich.
»Aye«, murmelte sie und richtete sich langsam auf. »Kester ist bestimmt sehr stolz.«
»Das ist er.« Liam runzelte besorgt die Stirn. Wenn sie nicht schwanger war, war ihre Mattheit vielleicht das Anzeichen einer
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