Der ungezähmte Highlander
Doch nichts dergleichen erfolgte. Sobald er im Schutz der Bäume war, beobachtete er Keira, die ihm wachsam nachritt. Er atmete erleichtert auf, als sie unentdeckt bei ihm ankam. Was auch immer Kester tat, es sorgte dafür, dass sich die Männer ausschließlich mit der Kate beschäftigten.
»Wir reiten zum Keep meines Cousins, nach Scarglas«, schlug Liam Keira vor.
»Ich wollte zu meiner Familie«, meinte Keira.
»Nicht allein, und erst wenn mein Bein ganz ausgeheilt ist. Ich kann Euch noch immer kaum beschützen. Scarglas erreichen wir in drei Tagen, vielleicht auch etwas mehr, wenn wir Ärger bekommen. Aber dort gibt es Männer, die Euch nach Hause begleiten können, und auch Proviant für die Reise.«
Das klang vernünftig – zu vernünftig, um es abzulehnen. Keira nickte. »Reitet voran.«
Liam trieb sein Pferd an und bemühte sich, Keira nicht zu zeigen, wie erleichtert er war, dass sie seinen Vorschlag angenommen hatte. Sie nach Scarglas zu bringen war ein guter Plan, und außerdem würde es ihm ein paar Tage allein mit ihr bescheren. Wahrscheinlich würde er jeden Moment brauchen, um ihren Zorn zu besänftigen und das Terrain zurückzugewinnen, das er durch Maudes Ankunft verloren hatte. Er hoffte, dass Keira ihm unterwegs auch etwas über ihre Herausforderung erzählen würde und auf seine Mithilfe in dem kommenden Kampf einginge. Außerdem wollte er weiter um sie werben und ihr Vertrauen zurückgewinnen. Ein kurzer Blick in ihr Gesicht zeigte ihm, dass das wahrscheinlich der schwierigste Kampf von allen sein würde.
5
Keira warf einen Blick auf Liam und erschrak. Der Mann sah so bleich aus, dass es ein Wunder war, dass er noch im Sattel saß. Wut und Enttäuschung hatten offenbar eine Weile die Heilerin in ihr unterdrückt, denn seit sie aus der Kate geflohen waren, hatte sie überhaupt nicht daran gedacht, was ein langer, harter Ritt ihm abverlangen würde. Selbst ihr taten die Knochen weh, und sie war kerngesund. Warum hatte er kein Wort über die Schmerzen verloren, die ihn ganz offenkundig quälten? Männlicher Stolz, dachte sie und schüttelte den Kopf über eine solche Torheit.
»Ich finde, es wird Zeit, dass wir uns ein Plätzchen zum Übernachten suchen«, sagte sie.
»Es ist noch hell genug, um weiterzureiten«, meinte Liam, auch wenn er nichts lieber getan hätte, als abzusteigen und sein Bein hochzulegen.
»Aber Ihr seht aus, als ob Ihr gleich aus dem Sattel fallen würdet.«
Liam war es schrecklich peinlich, dass sie sah, wie sehr er litt. »Nay, ich …«
»Sir Liam, ich bin nicht stark genug, um Euch aufzufangen, solltet Ihr fallen, oder Euch zu tragen, und ein Sturz könnte Eurem Bein schwer schaden. Es sind jetzt gerade mal zwei Wochen, dass Ihr Euch wieder einigermaßen bewegen könnt. Wollt Ihr wirklich wieder von vorn anfangen?«
Seine Antwort bestand in einem mürrischen Grunzen. »In etwa einer Stunde gelangen wir zu einem Weiler. Dort können wir übernachten.«
Da das wohl sein äußerstes Zugeständnis war, fügte sie sich stillschweigend. Männer konnten schrecklich stur sein, wenn ihr Stolz auf dem Spiel stand. Wenn sie ihn weiter bedrängte, würde er womöglich versuchen, noch weiter als bis zum nächsten Weiler zu reiten, und sie hatte wahrhaftig keine Lust, über seinen bewusstlosen Körper zu wachen oder sein Bein wieder einzurichten. Sie beschloss, ihn gut im Auge zu behalten, bis sie ihr Ziel erreichten, und hoffte, dass er genügend Verstand besaß, um aufzugeben, bevor ihm die Sinne schwanden.
In dem Weiler angekommen, konnte Liam kaum noch geradeaus schauen. Er zügelte Gilmour vor einer kleinen Schenke, in der Reisende auch übernachten konnten, und kämpfte gegen den Drang an, sich einfach fallen zu lassen. Langsam und tief atmend, verdrängte er seine Schmerzen und hoffte, dass Keira ihm rasch beim Absitzen helfen würde. Er konnte es kaum erwarten, in eines von Old Dennys überraschend sauberen und bequemen Betten zu sinken.
Keira ließ Liam nicht aus den Augen, während sie ihm beim Absteigen half. Er hatte zuletzt so schlecht ausgesehen, dass sie schon fast damit gerechnet hatte zu hören, wie er auf dem Boden aufschlug. Als er neben seinem Pferd stand, sah er immerhin nicht mehr so aus, als würden ihm gleich die Sinne schwinden. Trotzdem blieb sie an seiner Seite, als sie die Scheune betraten. Doch gleich darauf wäre sie lieber meilenweit entfernt gewesen, als eine überschwängliche dunkelhaarige Frau Liams Namen schrie und ihm mit der Wucht
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