Der ungezähmte Highlander
ihrer Umarmung fast die Krücke aus der Hand schlug. Er war offenkundig nicht zum ersten Mal hier.
Auf ihm lastete ein Fluch, dachte Liam, als er sich sanft, doch bestimmt aus der hartnäckigen Umarmung der drallen Mary löste. Obwohl er der Fleischeslust ein wenig zu gierig gefrönt hatte, fand er doch, dass seine Sünden all diese Strafen nicht verdient hatten. Er musste Keira gar nicht anschauen, um zu wissen, wie sie diesen breit lächelnden Beweis seiner bewegten Vergangenheit aufnahm. Er spürte schon fast die Kälte ihrer Wut. Nun würde es ihm noch schwerer fallen, sie zu überzeugen, dass Lady Maude sich nur etwas eingebildet hatte.
»Schön, dich wiederzusehen, Mary«, sagte er höflich und schob sie sanft, doch bestimmt von sich.
»Oh ja, wie schön, dich wiederzusehen!«, sagte Mary. »Und bald wird es noch schöner, wenn wir …«
»Ich möchte dir gerne meine Gemahlin vorstellen«, fiel er ihr hastig ins Wort und hoffte, Mary daran zu hindern, allzu deutlich in ihren Erinnerungen zu schwelgen. Keira wusste natürlich, dass er diese Frau beschlafen hatte, aber das Wie, das Wann und das Wo wollte er ihr wahrhaftig ersparen.
Keira setzte zu einer empörten Widerrede an, doch ein rascher, scharfer Blick ließ sie verstummen. Sie sah ein, dass es gute Gründe gab, so zu tun, als ob sie verheiratet wären. Das Zimmer mit einem Mann zu teilen, auch wenn sie ihn inzwischen für einen hemmungslosen Lüstling hielt, war bestimmt besser, als allein und unbewacht in einer Kammer zu liegen. Einige der Männer in der Schenke sahen nicht so aus, als ob sie sich von einer verschlossenen Tür oder einer ablehnenden Frau aufhalten lassen würden. Liam mochte viele Fehler haben, aber er würde sich ihr nie gewaltsam nähern. Es würde allerdings eine lange, ungemütliche Nacht werden.
Sie rang sich ein knappes Lächeln ab, um Mary zu begrüßen, die mit offenem Mund dastand und sie anstarrte. Als sie Mary insgeheim eine ganze Menge böser Beinamen geben wollte, verbot sie sich das hastig. Es war nicht Marys Schuld, dass Liam unfähig war, die Schnüre seiner Hose bei einer Versuchung zugebunden zu lassen. Sie wünschte nur, sie könnte die quälenden Bilder von Mary und Liam im Bett, nackt, vertreiben.
»Du hast geheiratet?«, krächzte Mary schließlich, dann trat sie einen Schritt zurück und machte einen etwas steifen Knicks vor Keira. »Damit warst du also beschäftigt. Ach ja, und verletzt worden bist du auch. Deine Cousins haben sich nach dir erkundigt.«
»Wann denn?«
»Oh, zweimal schon. Erst vor drei oder vielleicht auch vor vier Tagen waren sie hier.« Mary grinste. »Ein paar stramme Burschen. Wir hatten viel Spaß.«
Na gut, also hatte sie sich nicht geirrt, als sie Mary insgeheim als Hure beschimpft hatte, dachte Keira. Obendrein eine hübsche, fröhliche Hure, die kein Hehl aus ihrer liederlichen Lebensweise machte. Aber im Grunde spielte das keine Rolle – Keira wusste, dass Männer oft solche Frauen aufsuchten, manche sogar, obwohl sie verheiratet waren. Ihre Verwandten taten das allerdings nur, solange sie frei und ungebunden waren. Freilich machte dieses Wissen es ihr nicht leichter, so einer Frau in die Augen zu blicken und zu wissen, dass Liam sie beschlafen hatte.
Es spielt keine Rolle, mahnte sie sich abermals streng. Eine Weile hatte sie sich gestattet zu glauben, dass ein Mann wie Sir Liam an ihr interessiert sein könnte. Es war gut, dass sie aus diesem törichten Traum erwacht war, bevor sie etwas getan hatte, was nicht mehr rückgängig gemacht werden konnte.
Nachdem er sich eingehend nach seinen Cousins erkundigt hatte, verlangte Liam ein Zimmer, einen Zuber mit heißem Wasser und eine Mahlzeit. Eine munter plaudernde Mary führte ihn und Keira in eine kleine Kammer. Liam blickte immer wieder zu Keira, um sich zu vergewissern, dass sie noch da war. Ihr anhaltendes Schweigen machte ihn unsicher.
Diese Nacht konnte er es sich getrost sparen, um Keira zu werben, dachte er, als Mary sie in die Kammer schob. Er fragte sich, ob Keira je wieder mit ihm sprechen würde, aber im Moment war ihm die Stille ganz angenehm. Ihm war nie aufgefallen, wie viel Mary redete, aber er war bei ihr immer zu beschäftigt gewesen, sein brennendes Verlangen zu stillen, um darauf zu achten, wie er sich jetzt zerknirscht eingestehen musste. Sein Cousin Sigimor hatte wahrscheinlich recht damit gehabt, dass er eines Tages für das ungehemmte Ausleben seiner Fleischeslust würde bezahlen müssen. Allerdings
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