Der ungezähmte Highlander
die vermutlich nahe Verwandte von Keira waren. Außerdem konnte ein solcher Kampf rasch in eine allgemeine Keilerei ausarten. Da er Keira nur ein paar Küsse geraubt hatte, fand er ohnehin nicht, dass er Prügel verdient hatte.
Er musterte die zwei, während Sigimor gelassen begann, sie vorzustellen. Das waren also Keiras Brüder Artan und Lucas Murray. Sie waren genauso groß wie er und wahrscheinlich auch in seinem Alter. Darüber hinaus sahen sie blendend aus, was die wenigen Frauen in der Halle bestätigten, die den Blick kaum von ihnen lassen konnten. Ihre ziemlich langen und sehr dichten Haare hatten dieselbe tiefschwarze Farbe wie Keiras Haare. Als die Spannung in ihren sehnigen Körpern nachließ, verblasste der silberne Glanz in ihren Augen zu einem weicheren Blaugrau. Doch als sie plötzlich barsch auf Keira blickten, spannte sich Liam wieder an. Er hoffte, dass sie nicht zu schroff mit ihr umspringen würden, denn sonst wären Sigimors und Ewans Bemühungen, die Wut und Anspannung im Raum zu zerstreuen, umsonst gewesen.
»Du siehst gesund aus, Mädchen«, murmelte Artan. »Stimmt doch, oder, Lucas?«
»Aye, ausgesprochen gesund«, sagte Lucas, nachdem er Keira gründlich gemustert hatte, »für jemanden, von dem es geheißen hat, er sei wahrscheinlich tot.«
Artan nahm Keiras Hände und begutachtete auch sie. »Nicht einmal auf ihren kleinen Händen hat sie eine Verletzung.«
»Nirgends ein blauer Fleck zu sehen.«
»Es ist mir ein Rätsel, warum sie ihrer Familie nicht geschrieben hat, dass es ihr gut geht. Ein oder zwei Worte wie: ›Ich bin am Leben und verrotte nicht irgendwo zwischen Ardgleann und Donncoill‹ hätten schon gereicht«, meinte Artan.
Keira zuckte zusammen. Das schlechte Gewissen trieb ihr die Schamesröte ins Gesicht. »Mir war nicht klar, dass ihr gedacht habt, ich wäre tot.«
»Natürlich nicht, weil du ja nie ein Wort geschrieben hast, um herauszufinden, was man uns gesagt hat.«
»Es gibt gute Gründe für mein Schweigen«, fing sie an.
»Setzt euch«, meinte Ewan und winkte die jungen Männer an die Tafel. »Esst und stillt euren Durst. Währenddessen kann die Geschichte erzählt werden; es gibt viel zu berichten und zu beschließen.«
»Aye«, pflichtete Artan ihm bei, und sie setzten sich. »Zum Beispiel, wann die Hochzeit stattfinden soll.«
Liam packte Keira rasch bei der Hand, als sie Anstalten machte aufzustehen. Sanft, doch bestimmt zog er sie auf ihren Stuhl zurück. Diesen Lauf der Dinge hatte er zwar nicht gewollt, doch er sah keinen Ausweg aus der Falle, die in Windeseile zuzuschnappen schien. Vielleicht hätte er seine Verwandten überreden können, ihm ein wenig Zeit zu geben, um Keira zu überzeugen, doch ihre Brüder würden wohl nicht auf ihn hören.
Während die Geschichte, angefangen von Duncan MacKails Tötung bis hin zu ihrer Ankunft auf Scarglas, erzählt wurde, ließ Liam Keira nicht aus den Augen. Er versuchte, nicht gekränkt zu sein, dass sie so bleich und aufgewühlt aussah, als das Gespräch auf ihre Hochzeit kam. Niemand wurde gern verheiratet, wenn er sich noch nicht bereit fühlte. Selbst er ärgerte sich ein wenig, und dabei wollte er sie doch heiraten. Er musste eben nach der Hochzeit um sie werben. Ein wenig beruhigte er sich, als er sich daran erinnerte, wie leidenschaftlich sie gewesen war und wie gut er und Keira miteinander ausgekommen waren, bevor Lady Maude aufgetaucht war.
»Eine Hochzeit ist nicht notwendig«, sagte Keira, bemüht, ihre Verzweiflung nicht durchklingen zu lassen. »Wir haben nichts Unrechtes getan.«
»Wir glauben dir«, sagte Artan. »Und die guten Leute hier tun das auch, aber abgesehen davon wird es wohl niemand sonst tun. Der Mann ist bekannt für seine Erfolge bei den Frauen. In manchen Gegenden ist er fast eine Legende.«
»Wie schön für ihn.« Keira funkelte Liam böse an, bevor sich ihr Zorn wieder gegen ihre Brüder richtete. »Und ihr findet es gut, mich mit einem Mann zu verheiraten, der so verworfen ist, dass er fast eine Legende ist?«
»Verworfen ist ein bisschen zu hart«, murmelte Liam, doch niemand achtete auf ihn.
»Ich bin erst seit ein paar Monaten Witwe«, fuhr Keira fort. »Es ziemt sich nicht, so bald wieder zu heiraten. Außerdem wird Witwen doch ein wenig mehr Freiheit zugestanden als Jungfern, oder?«
»Das schon, solange sie diskret sind. Eine kleine Kate mit einem Mann zu teilen ist nicht diskret, und ebenso wenig eine Schlafkammer in einer Schenke zu teilen oder drei Tage
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