Der ungezähmte Highlander
allein mit einem Mann unterwegs zu sein.«
»Wart ihr so knapp hinter uns?«, fragte Liam.
»Aye. Uns war endlich eingefallen, wie nah Keira und unser Cousin, der Mönch, sich früher gestanden haben, und dann haben wir uns zum Kloster aufgemacht. Wir sind dort angekommen, als sich die Kinnairds über Euch, Sir, stritten. Mit solchen Sachen wird es vorbei sein, sobald Ihr unsere Schwester geheiratet habt«, fügte Artan schroff hinzu.
»Solche Sachen hat es zwischen mir und Lady Maude überhaupt nicht gegeben.« Liam fluchte innerlich, als Keiras Brüder nur ungläubig die Stirn runzelten.
»Artan, ist es denn wichtig, was man sich über mich erzählt?«, fragte Keira. »Sobald Rauf von Ardgleann vertrieben ist, werde ich mich dort niederlassen. Danach werden die Gerüchte über mich rasch verstummen.«
»Ach so? So rasch, dass deine Verwandten nicht ständig deine Ehre verteidigen müssen?«
Keiras Herz machte einen unruhigen Satz. Sie öffnete den Mund zu einem Widerspruch, schloss ihn dann aber wieder. Ihr fiel nur ein zu erwidern, dass es bestimmt nicht dazu kommen würde. Doch ihr war klar, dass das nicht stimmte. Sie konnte den Gedanken nicht ertragen, dass jemand aufgrund von Gerüchten über sie womöglich verletzt oder – Gott behüte – getötet wurde. Dass ihre Brüder so viel wussten, bewies, dass bereits Gerüchte über sie und Liam in Umlauf waren. Mary hatte ihnen offenkundig genug erzählt, und auch Lady Maude schien die Geschichte überaus bereitwillig zu verbreiten. Dass Lady Maude Liam quer durchs Land verfolgt hatte, würde die Leute nicht davon abhalten, der Frau zuzuhören und alles brühwarm weiterzuerzählen. Und dass die angeblichen Sünden auf klösterlichem Boden begangen worden waren, würde den Lügen nur noch mehr Reiz verleihen.
Wie ungerecht das war. Und dabei hatten sie und Liam wahrhaftig nichts Unrechtes getan. Dass alle in der Großen Halle ihr glaubten, tröstete sie zwar ein wenig, doch leider hatte Artan recht, wenn er behauptete, dass kein anderer es tun würde. Und es war nicht einmal Liams Ruf, der daran schuld war, zumindest nicht ausschließlich. Den meisten Leuten würde schon reichen, dass ein Mann und eine Frau mehrere Wochen allein verbracht hatten.
Liam legte die Hand auf ihre geballte Faust; sie starrte darauf. Seine Berührung löste ihre Spannung ein wenig. Sie wünschte, dass diese Berührung auch alle anderen Hindernisse beseitigen könnte, die vor ihnen lagen. Ein besonders großes Hindernis lag direkt vor ihr, und sie wusste nicht, was sie dagegen tun konnte. Offenbar würden sie und Liam morgen verheiratet werden, sie hatte also nicht einmal einen Tag Zeit, um sich eine Lösung einfallen zu lassen, eine, die ihr Versprechen gegenüber ihrem toten Ehemann und das Versprechen, das sie und Liam sich gegenseitig geben würden, nicht verletzte.
»In unserem Clan dürfen Frauen doch gewöhnlich sagen, wen sie heiraten wollen«, sagte sie in einem letzten Versuch, die Hochzeit zu verhindern. »Ihr verwehrt mir diese Freiheit.«
»Aye, so ist es am besten für alle Betroffenen«, sagte Lucas. »Beim letzten Mal hattest du ja die Wahl. Aber manchmal ist es eben unmöglich – jetzt zum Beispiel. Es gab zwar schon ähnliche Situationen, doch die Paare haben ihre Schwierigkeiten immer rechtzeitig gelöst. Aber jetzt liegt ein Kampf vor uns, und wir haben keine Zeit zu warten.«
»Na gut, dann macht, was ihr wollt«, fauchte sie und sprang auf. »Offenbar braucht ihr meine Hilfe nicht bei all den hochfahrenden Plänen für meine Zukunft.«
Liams Blick hing an Keira, während sie aus der Halle stürmte, und auch die anderen sahen ihr nach. Fiona erhob sich rasch und folgte ihr. Die Männer wirkten ziemlich bestürzt und betreten, als sie die zierliche Keira so erzürnt davonstürmen sahen. Zu einer anderen Zeit hätte Liam das vielleicht lustig gefunden, doch im Moment hatte er viel zu viel damit zu tun, es nicht allzu persönlich zu nehmen, dass sie ihn nicht heiraten wollte. Stirnrunzelnd wandte er sich an Keiras Brüder.
»Es wäre besser, wenn ihr mir ein bisschen Zeit gebt, um um sie zu werben«, sagte er, auch wenn er kaum hoffte, dass ihm diese Zeit gewährt würde.
»Aye, das wäre es wohl«, pflichtete ihm Lucas bei. »Aber vor uns liegt eine Schlacht. Auch wenn ich es nicht gern ausspreche, weil es Unglück bringen könnte: In einer Schlacht sterben Männer. Wir können nicht warten, bis Ihr um sie geworben habt.« Er verzog das Gesicht, wobei er
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