Der ungezähmte Highlander
nächster Zeit auch nicht zu ihr gesellen. Sie wunderte sich über den scharfen Schmerz, den ihr diese Erkenntnis bereitete. Ihre Trennung hatte bereits begonnen, und sie war noch nicht darauf vorbereitet gewesen. Es würde keine leisen Gespräche vor dem Feuer mehr geben und keine unbeobachteten Schachspiele, und sie würde auch nachts seinen Atem nicht mehr nur wenige Fuß entfernt vernehmen. Natürlich würden sie sich weiter sehen, bis Rauf geschlagen war, doch der Verlust der Nähe, die sie einen Monat lang so genossen hatte, war verheerender, als sie sich vorgestellt hatte.
Sie liebte ihn – und wenn das nicht der Gipfel der Torheit war, was dann? Sie hatte ihr Herz nicht geschützt, sie hatte es einfach angelogen. Am liebsten hätte sie sich auf dem Bett zusammengerollt und bis zur völligen Erschöpfung geweint, doch sie wusste, dass das nichts ändern würde. Außerdem durfte sie sich nicht ihrer Verzweiflung hingeben, denn das würde Spuren auf ihrem Gesicht hinterlassen, und man erwartete sie in Kürze wieder in der Großen Halle. Irgendwie musste sie es schaffen, vor allen, auch vor Liam, so zu tun, als sei alles in bester Ordnung. Als sie den Kamm in ihrer Hand anstarrte und sah, dass ihre Hände zitterten, fragte sie sich, ob sie die Kraft für eine solche Täuschung aufbringen würde.
Liam fluchte, als Sigimor ihm den Rücken weitaus heftiger schrubbte, als nötig gewesen wäre. »Wenn du mich dafür bestrafen willst, dass ich dir nicht gesagt habe, wo ich bin, schlag mich doch einfach. Das wäre leichter zu ertragen, als wenn du mir die Haut vom Rücken ziehst.« Er starrte seufzend in das Badewasser, in dem er stand, während Sigimor ihn wusch. »Eigentlich sollte meine Erniedrigung als Strafe reichen.«
»Ich bitte Euch um Verzeihung, dass ich keine hübsche Zofe bin, mein süßer Prinz«, erwiderte Sigimor gedehnt.
»Sag das noch einmal, und ich zieh dir meine Krücke über den Schädel.«
Sigimor überhörte die Drohung. »Ich weiß gar nicht, was du so erniedrigend findest.«
»Zum letzten Mal bin ich von jemandem als Kleinkind gebadet worden.«
Sigimor wollte gerade Liams Haare waschen. Er hielt inne und sah ihn stirnrunzelnd an. »Abgesehen von Geliebten.«
»Nay, nicht einmal von Geliebten. Na ja, Keira hat mich gewaschen, als ich bettlägerig war, aber das war etwas anderes.«
»Du, der große, erfahrene Liebhaber, hast nie mit einer Frau gebadet?«
»Nay«, erwiderte Liam mit zusammengebissenen Zähnen, dann schloss er kurz die Augen, als Sigimor ihn anstarrte und offenbar auf eine Erklärung wartete. »Waschen ist etwas sehr Persönliches, oder? Das ist ein intimer Akt, und man ist dabei sehr verletzlich.«
»So ist es auch, wenn man an einer Frau seine Wollust stillt.«
»Ich habe nie behauptet, dass meine Worte einen Sinn ergeben. Ich habe es einfach nie gemacht. Ich bin auch nie die ganze Nacht bei einer Frau geblieben. Nichts, was ich sage, wird einen Sinn für dich ergeben; manchmal ergibt es ja nicht einmal einen für mich. Aber ich habe mir eben einige Grenzen gesetzt, und die habe ich nie überschritten. Es stimmt, ich mag die Frauen, und ich mag meine Wollust an ihnen stillen. Ich bin freundlich zu ihnen, ich verachte sie nicht, wenn sie mit ihrer Gunst freizügig sind, und ich bringe sie zum Lächeln und dazu, dass sie sich begehrenswert fühlen. Aber ich verbringe nicht eine ganze Nacht mit ihnen, und ich bade auch nicht mit ihnen.« Liam zuckte mit den Schultern. »Ich wollte immer nur ein bisschen Spaß, nichts weiter; und das habe ich jeder auch stets klar gesagt. Manche gefielen mir besser als andere, aber ich wollte nie, dass eine auf den Gedanken verfällt, bei mir wäre mehr zu finden als ein bisschen Spaß.«
»Weißt du, irgendwie ergibt das schon einen Sinn.« Sigimor wusch Liam die Haare. »Man ist verwundbar, während man badet und schläft. Für beides braucht man viel Vertrauen, stimmt’s? Und wenn ich jetzt so darüber nachdenke – du hast auch nie ein Mädchen bestiegen, das im Keep gearbeitet oder gelebt hat, stimmt’s?«
»Nicht, wenn ich vorhatte, die Burg öfter zu besuchen.«
Sigimor spülte Liams Haare, dann half er ihm aus dem Zuber. Liams Verlegenheit, von seinem Cousin abgetrocknet zu werden, dauerte nur kurz, da Sigimor es rasch hinter sich brachte. Sobald er wieder seine Hose anhatte, setzte sich Liam aufs Bett, während Sigimor die nassen, schmutzigen Schienen und Binden an seinem Bein durch saubere und trockene ersetzte.
»Dein
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