Der ungezähmte Highlander
im Schutz einer mondlosen Nacht in die Burg schlüpfen zu lassen, würden sie am Morgen weiterziehen, nachdem sie so viele Informationen gesammelt hatten wie möglich.
Es klang tatsächlich alles klug und durchdacht, aber trotzdem hatte Keira Angst um Kester und Sir Archie. Bei einem Mann wie Rauf konnte man sich nicht darauf verlassen, dass er tun würde, was man von ihm erwartete. Doch sie verkniff sich weitere Einwände. Kester und Sir Archie waren so stolz, dass man sie für diesen Einsatz ausgewählt hatte, dass Keiras Zweifel sie bestimmt verletzt hätte.
Der Himmel begann gerade, sich rot zu färben, als Sir Archie und Kester sich auf den Weg machten. Sir Archie ritt auf einem alten Zugpferd, und Kester trottete neben ihm auf einem zähen Highland-Pony. Sie sahen wahrhaftig nicht bedrohlich aus. Keira war ein wenig überrascht, als Sigimor zu ihr trat und ihren Kopf tätschelte.
»Sie werden wieder zurückkehren«, sagte er. »Gesund und munter und mit stolzgeschwellter Brust, weil sie ihre Aufgabe so gut gemeistert haben.«
»Du klingst sehr zuversichtlich«, meinte sie.
»Das bin ich auch. Sie haben die nötige Schläue, den Mut und auch das Bedürfnis.«
»Das Bedürfnis?«
»Aye, das Bedürfnis, ein Teil von Ardgleann zu werden, wenn du und Liam dort herrschen. Und natürlich auch das dringende Bedürfnis, für nützlich und wertvoll gehalten zu werden.«
Keira sah ihm nach, als er davonschritt und nur kurz stehen blieb, um einen grinsenden MacFingal zu ohrfeigen. »Ein seltsamer Kauz«, murmelte sie, als Liam sie bei der Hand nahm und zu ihrem Abschnitt des ständig wachsenden Lagers führte.
Liam lachte leise und nickte. Als er sich an ihr kleines Lagerfeuer kauerte und den Hammeleintopf umrührte, den sie vorbereitet hatte, versuchte er, ihr Sigimor zu erklären. Am Ende seiner zahllosen Geschichten wunderte er sich über ihre gerunzelte Stirn. Er gab ihr einen Kuss auf die Wange und küsste dann ihre Hand.
»Er hat eine Engländerin geheiratet?«, fragte sie, dann seufzte sie gespielt empört, als Liam lachte. »Vielleicht hat mir das schon jemand erzählt, aber entweder habe ich nicht zugehört oder es einfach vergessen.«
»Sie ist eine hübsche kleine Frau, die ihm durchaus gewachsen ist. Jolene duldet keinen Unfug, obgleich er sie manchmal ziemlich wütend macht. Ich komme aus einer raubeinigen Familie, aber für mich ist es die beste.«
»Raubeinig, aber einander zugetan. Er ist ein guter Mann, auch wenn er manchmal etwas sonderbar ist. Glaub bloß nicht, dass ich etwas anderes gemeint habe. Aye, und wenn ich an all die Geschichten denke, die du mir erzählt hast, ist er wie ein Vater für seinen Clan.« Sie lächelte. »Und er hat recht mit dem, was er über Kester und Sir Archie gesagt hat. Sie brauchen das – sie müssen sich hier einen Platz erkämpfen, es bringt nichts, ihnen einfach einen zuzuweisen.«
»Sigimor hat oft recht. Das ist eine der ziemlich lästigen Seiten an ihm.« Er grinste, als sie lachte, und war froh, dass sich ihre Ängste offenbar gelegt hatten.
»Habt ihr bei all dem Planen auch entschieden, was ich tun soll?«
»Du bleibst hier.«
»Aber …«
»Keine Widerrede: Du bleibst hier. Wenn ich kann, werde ich Kester und Sir Archie zurückschicken, dass sie dich beschützen, oder es wird ein anderer damit beauftragt, aber du bleibst hier, bis ich komme und dich hole.« Er fasste sie am Kinn und gab ihr einen stürmischen Kuss. »Und wenn jemand in deine Richtung flieht, wirst du dich verstecken. Der Mann versuchte, dich zu schänden und zu töten. Gib ihm keine Chance, diesmal erfolgreich zu sein.«
Keira machte den Mund auf, um mit ihm zu streiten, doch dann schloss sie ihn wieder. Im Grunde konnte sie während des Kampfes wirklich nichts tun, um ihnen zu helfen. Ja, sie konnte sie sogar gefährden, denn sie würden sie nicht aus den Augen lassen, und wer auf sie statt auf den Feind achtete, lief Gefahr, getötet zu werden. Ihre Zeit kam nach der Schlacht, wenn sie sich um die Verwundeten kümmern musste. So schwer es ihr auch fiel, ihr blieb nichts anderes übrig, als tatenlos herumzusitzen, zu warten und sich zu fragen, wie es denen erging, die ihr am Herzen lagen.
Nachdem sie ihr Mahl mit Sigimor, Ewan, Malcolm und ihren Brüdern geteilt hatten, kroch Keira in den kleinen Unterschlupf, den Liam und die anderen für sie errichtet hatten. Er bot tatsächlich Schutz vor dem kalten Wind und dem Nebel, der sich nachts auf das Land legte. Lieber wäre sie
Weitere Kostenlose Bücher