Der unglueckliche Moerder - Roman - Ausgezeichnet mit dem Skandinavischen Krimipreis
Können wir nicht über etwas anderes reden als über Frauen?«
Rooth setzte eine erstaunte Miene auf.
»Was zum Henker sollte das denn sein?«
Jung zuckte mit den Schultern.
»Keine Ahnung. Der Job vielleicht?«
»Dann lieber Frauenzimmer«, sagte Rooth und seufzte. »Aber wo du schon so nett bittest ...«
»Wir könnten auch die Klappe halten«, regte Jung an. »Das wäre vielleicht die beste Alternative.«
Rooth schwieg dann wirklich eine ganze Weile, wühlte in der Erdnuss-Schale und kaute nachdenklich.
»Ich habe eine Hypothese«, sagte er dann.
»Eine Hypothese«, fragte Jung. »Keine Theorie?«
»Ich weiß einfach den Unterschied nicht so genau«, gestand Rooth. »Scheißegal, hör zu ...«
»Ich bin ganz Ohr.«
»Gut«, sagte Rooth. »Aber unterbrich mich nicht dauernd. Also, diese Vera Miller ... wenn die sich nun mit einem anderen Kerl eingelassen hat, dann wäre es doch gar nicht so schlecht, wenn wir den finden könnten.«
»Genial«, sagte Jung. »Woher nimmst du bloß diese Weisheit?«
»Ich bin noch nicht fertig. Das Finden wäre zweifellos leichter, wenn wir wüssten, wo wir zu suchen haben.«
Jung gähnte.
»Und hier erwächst meine Hypothese zu voller Blüte«, sagte Rooth. »Wir haben es natürlich mit einem Arzt zu tun.«
»Mit einem Arzt? Und warum, zum Teufel?«
»Klar wie ein Sommertag. Sie hat in einem Krankenhaus gearbeitet. Alle Schwestern vergaffen sich früher oder später in einen Weißkittel mit Gebammel auf der Brust. Das Stethoskopsyndrom. . . das trifft alle Frauen in der Branche. Also müssen wir uns auf die Suche nach Dr. X machen, ganz einfach. Im Gemeinde. Man hätte ja vielleicht doch Medizin studieren sollen. . .«
Jung schaffte es, sich die letzten Erdnüsse zu krallen.
»Wie viele gibt es? Ärzte im Gemeinde, meine ich.«
»Keine Ahnung«, sagte Rooth. »Bestimmt zweihundert.
Aber es muss einer sein, mit dem sie Kontakt hatte, so rein beruflich, meine ich. Auf derselben Station oder so. Was sagst du?«
Jung dachte eine Weile nach.
»Wenn wir Meusse glauben wollen«, sagte er, »wie passt das dann zur Briefmarken- und Erpressertheorie?«
Rooth rülpste diskret in seinen Ärmel.
»Mein junger Freund«, sagte er mit väterlichem Lächeln. »Man kann nicht einfach Theorien mit Hypothesen vermischen, ich dachte, das wüsstest du. Hast du die Polizeischule besucht oder nur die Hundeschule?«
»Hol noch zwei Bier«, sagte Jung. »Aber nicht vermischen.«
»Werde mein Bestes tun«, versprach Rooth und erhob sich.
Er ist gar nicht so blöd, wie er aussieht, dachte Jung, als er allein am Tisch saß.
Was für ein Mist.
Warum tue ich das, fragte Moreno sich, als sie nach Hause kam.
Gereizt streifte sie die Schuhe ab und warf ihre Jacke in den Korbsessel.
Warum sage ich zu Reinhart, er solle sich zum Teufel scheren, und knalle mit der Tür? Werde ich schon zur Männerhasserin? Zur Zicke?
Er hatte doch Recht, wenn sie ehrlich war. Nur allzu Recht. Es hatte etwas mit Münster gegeben — auch wenn sie es nicht besser ausdrücken konnte, als Reinhart das gelungen war.
Nur etwas . Es hatte damit aufgehört, dass Münster im Januar in Frigge die Messerstiche kassiert und fast sein Leben gelassen hatte. Danach hatte er zwei Monate im Krankenhaus gelegen, hatte sich zwei Monate lang erholt und arbeitete jetzt an irgendeiner dubiosen Untersuchung für das Ministerium, während er auf die Wiederherstellung seiner Einsatzfähigkeit wartete. Was angeblich noch zwei Monate dauern würde.
O verdammt, dachte sie. Und wenn er wieder da ist, was dann? Vermutlich schon im Februar, was soll dann passieren?
Rein gar nichts, natürlich. Kommissar Münster war zu Weib und Kindern zurückgekehrt, die er übrigens nicht eine Sekunde lang verlassen hatte. Was bildete sie sich eigentlich ein? Worauf wartete sie? Wartete sie denn wirklich? Sie hatte ihn seit damals höchstens dreimal gesehen und hatte nicht die geringsten Schwingungen aufgefangen. Nicht einmal ein Zittern in der Luft ... doch, vielleicht beim ersten Mal, als sie und Synn an seinem Krankenbett gesessen hatten, da war etwas da gewesen. . .
Aber das war alles. Ein Zittern. Einmal.
Und wer zum Henker war sie, dass sie sich zwischen Münster und seine wunderbare Synn drängte? Und die Kinder?
Ich bin doch verrückt, dachte sie. Ich werde noch so verschroben wie alle einsamen Frauenzimmer. Geht es wirklich so schnell, den Verstand einzubüßen? Ist das so einfach? Als sie diesen Arsch Claus verlassen hatte,
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