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Der Ungnädige

Der Ungnädige

Titel: Der Ungnädige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
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über den Tisch und suchte Godleys Blick. Der flehende Tonfall war diesmal nicht aufgesetzt, als er sagte: » Godley, haben Sie um Himmels willen ein bisschen Mitgefühl. Ich konnte Sie noch nie besonders leiden, aber trotzdem habe ich Respekt vor Ihnen, weil Sie ein verdammt guter Bulle sind. Wenn von Anfang an Sie die Suche nach Cheyenne geleitet hätten, wäre sie längst wieder zu Hause. Also hört auf, euch mit mir zu beschäftigen, und kümmert euch darum, sie zu finden, bevor es zu spät ist. «
    Mich überkam eine Welle von Mitgefühl, und mir wurde in dem Moment klar, dass er sich opferte, um seine Tochter zu retten. Das erklärte auch die Zurückhaltung seines Anwalts, da er vermutlich die Anweisung hatte, Godley so wenig Steine wie möglich in den Weg zu legen. Außerdem wurde deutlich, weshalb Skinner sich in allen erdenklichen Punkten schuldig bekannte. Sein Ehrgefühl verbot ihm zwar, seine Komplizen ans Messer zu liefern, wenn es sich vermeiden ließ, und Godley hasste er ganz ohne Zweifel immer noch. Aber sosehr er ihn hasste, so sehr brauchte er ihn im Moment auch.
    Godleys Gesicht war ernst. » Wir haben leider bisher kaum Anhaltspunkte, John. Ich werde alles tun, um sie wieder zu Gayle nach Hause zu bringen. «
    » Hoffentlich lebendig. Sie glauben doch, dass sie noch lebt, oder? «
    Godley brachte es nicht fertig, ihn einfach zu beruhigen, dazu war er zu aufrichtig. » Ich gehe davon aus, dass sie am Leben ist, bis ich das Gegenteil erfahre. Egal was passiert, ich werde denjenigen finden, der sie entführt hat, und für Gerechtigkeit sorgen. «
    Skinner verzog das Gesicht. » Gerechtigkeit. Was wisst ihr denn schon von Gerechtigkeit? Ihr steckt jemanden ein paar Jahre ins Gefängnis oder in die Klapsmühle. Er kriegt paar auf die Fresse und freie Kost und Logis. Ich weiß doch, wie es im Knast zugeht. Das ist keine Strafe. Das hat einen Scheißdreck mit Gerechtigkeit zu tun. « Er spuckte auf den Fußboden, als wollte er seinen Mund von jedem dieser Worte reinigen.
    Aufgebracht schob Derwent seinen Stuhl zurück, aber Godley hielt ihn zurück: » Nein, Josh, lass es. «
    » Finden Sie ihn, Charlie. Sobald Sie ihn haben, sagen Sie mir einfach, wer es ist. Den Rest erledige ich. «
    » Vorsicht, John « , warnte Mark Whittaker. » Passen Sie auf, was Sie sagen. «
    Aber Skinner ignorierte ihn. » Genauso wie ich es in den letzten Tagen gemacht habe. Sachen in Ordnung bringen. Das ist echte Gerechtigkeit, nach dem Gesetz der Straße. «
    Godley schaute ihn interessiert an. » Glauben Sie das wirklich? Dass Sie damit für Recht und Ordnung gesorgt haben? Weshalb glauben Sie, dass Sie das besser können als Richter und Geschworene? «
    » Jahrelange Erfahrung. « Er senkte die Stimme. » Erzählen Sie mir doch nicht, dass Sie sich das nicht auch manchmal wünschen, Charlie. Ein paar Leute einfach verschwinden lassen, indem Sie nur mit dem Finger auf sie zeigen. «
    » Ist es das, was Sie vorhaben? Denjenigen umbringen lassen, der Cheyenne entführt hat? «
    » Letztendlich ja. « In diesen wenigen Worten schwang so unendlich viel mit, dass ich erschauerte.
    » Daraus wird nur eben nichts. « Derwents Stimme war seidenweich. » Was wollen Sie vom Knast aus schon ausrichten? «
    » Auf jeden Fall mehr als ihr. « Skinner schlug so plötzlich mit den Händen auf den Tisch, dass ich zusammenzuckte. » Sie werden ihn für mich finden, Charlie. Und wenn es so weit ist, dann wird er richtig büßen. Nichts mit Recht und Gesetz und diesem ganzen Menschenrechtsscheiß. Er wird für das bezahlen, was er meinem Kind angetan hat. Selbst wenn ihr sie wohlbehalten findet, muss er dafür bezahlen, dass er sie entführt hat– und zwar auf meine Weise. Daran werdet ihr mich bestimmt nicht hindern. «
    In diesem Moment klopfte es direkt neben mir an der Tür. Auf ein knappes Nicken von Godley hin stand ich auf, öffnete und stahl mich leise hinaus. Im Korridor stand Keith Bryce und war ziemlich außer Atem. Er sah zwar immer irgendwie elend aus, aber diesmal wirkte er besonders verzweifelt.
    » Ist der Chef zu sprechen? «
    » Nur wenn es um Leben oder Tod geht. «
    » Dann holen Sie ihn besser raus. «
    Ich schob mich wieder durch die Tür und suchte Godleys Blick. Ohne dass ich etwas sagen musste, wusste er, dass er gebraucht wurde, und war bereits aufgestanden.
    » Vernehmung um neun Uhr dreiundvierzig unterbrochen. Superintendent Godley verlässt den Raum. «
    Als sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, setzte

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