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Der Ungnädige

Der Ungnädige

Titel: Der Ungnädige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
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Leichnam hergebracht wurde und von wem. « Mich fröstelte bei der kalten Missbilligung, die Godley nicht einmal versuchte zu überspielen, und ich war heilfroh, dass sie nicht mir galt.
    » Das verstehe ich, aber… «
    » Verstehen Sie auch, dass wir keine Ahnung haben, wo das Mädchen in der Zwischenzeit war? Wir wissen bereits, dass sie hier gewesen ist und dass auch ihr Entführer Zugang zu den Gebäuden hatte. Dass die Leiche hier gefunden wurde, sagt uns überhaupt nichts. Und wir waren so schon in einer Sackgasse. «
    » Dann sind wir ja jetzt auch nicht schlechter dran als vorher. «
    Das hätte ich ihr vorher sagen können, dass patzige Antworten gar nicht gut kamen. Godley hob seine Stimme nicht, das hatte er auch gar nicht nötig. Unverhohlener Zorn lag in jedem seiner Worte, und in diesem Moment richteten sie sich ausnahmslos gegen Marla Redmond.
    » Außer dass wir eine Leiche haben und dem oder den Tätern kein Stück näher sind. Außer dass ich gerade einem Vater sagen musste, dass sein einziges Kind tot ist. Außer dass wir es jetzt mit Mord zu tun haben und nur inständig hoffen können, dass es ein Einzelfall bleibt. «
    » Was hätte ich denn anderes tun sollen? Sie wissen genau, dass mir die Hände gebunden waren. Eigentlich müssten Sie am besten wissen, dass das völlig außerhalb meiner Kontrolle lag. «
    Er gab ihr keine direkte Antwort, aber daran, dass er sich von ihr abwandte, erkannte ich, dass er sie durchaus verstand und seine Verdrossenheit doch nicht allein Marla Redmond galt, sondern den übergeordneten Chefs, die sie beide im Stich gelassen hatten.
    » Könnten Sie Glen mal anrufen? Und ihn fragen, wann er aller Wahrscheinlichkeit nach hier sein wird? «
    Derwent nahm sein Telefon aus der Tasche und scrollte durch das Verzeichnis. Godley starrte ins Leere. DCI Redmond machte kehrt und marschierte eine Rampe hinauf, die in das Gebäude hineinführte, wobei sich ihre Absätze bei jedem Schritt knirschend in den bröckeligen Beton bohrten. Sie tat mir leid, aber andererseits wusste ich auch, dass Godley eigentlich fair war. Irgendwann würde er sich so weit beruhigt haben, dass er zumindest anerkennen konnte, dass sie ihr Bestes getan hatte, auch wenn ihr Bestes katastrophal weit von » gut genug « entfernt war.
    Ich schlenderte zu den Jungs vom Team hinüber. » Das war ja ziemlich großes Kino. «
    » Sie hätten hier sein sollen, als Colin die Leiche entdeckt hat « , sagte Harry Maitland düster. » Da war vielleicht die Kacke am Dampfen. Sie hat sich ja derart aufgeregt, warum sie keiner von denen gesehen hat– als ob das eine Rolle spielt. « Diskret deutete er mit dem Daumen auf die Leute von der Kripo Brixton, denen das allerdings nicht entging. Ich nickte Henry Cowell zu, und er grüßte zurück. Ich wollte gleich zu ihm rübergehen und mit ihm reden, aber vorher musste ich in Erfahrung bringen, wo Rob war. Er war mit Marla Redmond zusammen losgegangen, also befand er sich vermutlich bei den anderen. Ich schob mich unauffällig neben Colin. Dessen emotionale Intelligenz war nicht so hoch entwickelt, dass er mit Argwohn reagierte, als ich ihm meine Frage stellte. Harry Maitland hingegen hätte sofort gecheckt, was in der Luft lag.
    » Ist Rob auch hier? «
    » Da drüben. « Colin zeigte auf das Gebäude, in dem die Leiche lag.
    Vermutlich wollten sie sich einen gewissen Vorsprung sichern. Ich dankte ihm und machte mich daran, die unüberbrückbare Kluft zwischen unserem Team und den Beamten aus Brixton zu überwinden, indem ich Höflichkeiten mit Cowell austauschte, sehr zum Verdruss unserer jeweiligen Kollegen. Er war so unbekümmert wie immer und offenbar geneigt, angesichts der Konsequenzen, die das Auftauchen und der Fundort der Leiche haben würden, die Schultern zu zucken, und davon abgesehen schienen ihn die Blicke meiner Leute völlig kaltzulassen.
    Wie sich herausstellte, war Dr. Hanshaw ziemlich dicht hinter uns gewesen, und er und seine Assistentin Ali trafen ein, noch ehe Cowell und ich die wenigen Dinge besprochen hatten, die es zu klären galt. Sie gingen ohne Umwege direkt zu Godley hinüber, der ihnen schon entgegenkam, und dann standen die drei mitten auf dem verlassenen Gelände, während der Wind Hanshaws spärliches Haar zerzauste und an den Schößen seines Regenmantels rupfte. Mit hochgezogenen Schultern und geneigtem Kopf, wie ein Reiher auf der Jagd, hörte der Gerichtsmediziner aufmerksam zu, als Godley ihm das Wenige darlegte, das uns einstweilen

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