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Der Ungnädige

Der Ungnädige

Titel: Der Ungnädige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
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ich mich wieder auf meinen Platz und fühlte mich unangenehm exponiert, weil die drei Männer im Raum alle wie gebannt auf die triste Holztür gleich neben meiner Schulter starrten und auf Godleys Rückkehr warteten. Nach einigen Minuten, die mir wie Jahre vorkamen, ging die Tür auf, und Godley kam wieder herein. Sein Blick wanderte sofort zu Skinner, und sein Gesicht verriet alles, noch ehe er etwas gesagt hatte.
    » John, es tut mir so leid. «
    Und da begann Skinner– der meistgesuchte Kriminelle Londons, der Schrecken der Stadt, dieser brutale, gefühllose Verbrecher, der allein in der vergangenen Woche drei grausame Morde veranlasst hatte– zu weinen.

Teil 2
    » Magst du sehen meine Stube? « , fragte die Spinne die Fliege.
    » Hinein geht es über diese gewundene Stiege.
    Das schönste Stübchen, das du je gesehen, nenn ich mein Eigen, und ich will dir gar viele bestrickende Dinge drin zeigen. «
    » O nein, o nein « , rief die kleine Fliege, » du fragst mich vergebens,
    denn wer da hineingeht, kehrt nicht zurück zeitlebens. «
    Mary Howitt

13
    Freitag
    Maeve
    Mit Derwent mir auf den Fersen folgte ich Godley durch ein Tor, das auf einen trostlosen Lagerplatz führte, wobei ich mich beeilen musste, um mit ihm Schritt zu halten. Das Gelände hatte der Firma, die einst das Lagerhaus betrieben hatte, als Parkplatz und Ladezone gedient. Die Firma gab es schon längst nicht mehr– was immer es für eine gewesen war–, und die dereinst auf dem Boden aufgemalten Markierungen hatten sich zu geisterhaften Konturen aufgelöst. Unkraut wucherte überall da, wo der Beton aufgerissen war. Es schwankte in der Windböe, die meinen Rocksaum ergriff und mir die Haare vors Gesicht blies. Ich klemmte mir eine Locke hinters Ohr und schaute an dem Lagergebäude hinauf. Es starrte zurück. Das Mauerwerk war fleckig und an mehreren Stellen abgebröckelt. Der Mörtel zerfiel schon zu Staub. Die meisten Fenster waren eingeschlagen, sogar die im Erdgeschoss, die noch immer von dicht gesetzten Eisenstäben geschützt wurden. Das Tor an der Verladerampe sah so durchgerostet aus, dass ich bezweifelte, ob es sich überhaupt noch bewegen ließ und die Kette mit dem Vorhängeschloss irgendeinen Sinn hatte. Es gab noch andere Türen, weitere Zugänge ins Innere– für uns und für die Tauben, die auf den hohen Fenstersimsen gurrten und herumscharrten, und zweifellos auch für Ratten, Spinnen und anderes Getier.
    In dem Schatten, der sich im hinteren Teil des Platzes ausbreitete, sah ich eine kleine Gruppe dunkler Gestalten, die wie Trauergäste dicht zusammengedrängt standen. Als Godley auf sie zuging, drehten sie sich einer nach dem anderen zu uns um. Wenn ich nicht so sicher gewesen wäre, dass ihre Blicke weder Derwent noch mir galten, sondern einzig auf Godley gerichtet waren, hätte mich das vielleicht verlegen gemacht. Derwent hielt sich nach wie vor zwei Schritte hinter mir, und ich widerstand der Versuchung, mich umzudrehen und zu sehen, wie es ihm mit den jüngsten Ereignissen ging. Im Auto hatten er und Godley kein einziges Wort gesprochen, und die Fahrt war mir endlos erschienen, obwohl wir eigentlich gut durch den Verkehr gekommen waren.
    In der Personengruppe vor uns befanden sich vier Mitglieder aus unserem Team, aber sie hatten sich von den anderen separiert wie Öl von Wasser, was wie eine stillschweigende Demonstration der Tatsache wirkte, dass sie zwar bei ihnen standen, aber nicht zu ihnen gehörten. Die übrigen fünf zeigten Anzeichen von Unbehagen und Feindseligkeit in unterschiedlicher Ausprägung. Direkt in der Mitte, aber isoliert wartete DCI Redmond. Mein erster Gedanke war, dass sie in den zwei Stunden, die vergangen waren, seit ich sie das letzte Mal gesehen hatte, um Jahre gealtert war. Ihr Gesicht war eingefallen und die Haut schlaff, sicher vor Enttäuschung und weil die Spannung, die beinahe unerträglich gewesen war, jetzt nachgelassen hatte.
    » Nun? « Godleys Ton wirkte nicht direkt beruhigend, und ich sah, wie sie kurz zusammenzuckte, ehe sie sich sammelte und antwortete.
    » Ich wollte Ihr Team bei dieser Begehung dabeihaben, damit Ihre Leute ein Gespür für den Ort entwickeln können, an dem Cheyenne verschwunden ist. Darauf hatten wir uns verständigt– wir wollten noch einmal sichergehen, dass wir nichts außer Acht gelassen haben, und sehen, ob es neue Entwicklungen gibt. «
    Godley nickte, und sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, als ob diese plötzlich zu trocken waren.
    » Wir

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