Der Ungnädige
und stellte sich auf die Zehenspitzen, um durch ein Fenster zu spähen. » Kaum Möbel. Wirkt verlassen. «
» Vielleicht ist er ja umgezogen, seit das Register das letzte Mal aktualisiert wurde. «
» Oder er ist tot. «
Ich sah sie finster an. » Das ist wohl deine Standardantwort auf alles? «
» Menschen sterben nun mal, Maeve. « Sie lief an der Hauswand entlang. » Ich geh mal hinten nachsehen. «
» Okay. « Ich überquerte die Kiesfläche, um zu dem Fenster auf der anderen Seite der Haustür zu gelangen. Wieder schirmte ich die Augen gegen das Licht ab, damit ich möglichst viel vom Hausinneren erkennen konnte. Was ich sah, war ein Esszimmer– ein großer, dämmriger Raum mit einem staubigen Tisch und Lehnstühlen in der Mitte. Kein Hinweis darauf, dass das Zimmer benutzt wurde, doch dass es überhaupt Mobiliar gab, war immerhin ein Hoffnungszeichen. Ich kehrte zur Tür zurück und ging in die Knie, um einen Blick durch den Briefschlitz zu werfen. Zum Glück gab es keinen Zugluftschutz, sodass ich freie Sicht auf den Parkettfußboden, die gerade Holztreppe und das Buntglasfenster auf halber Höhe im Treppenhaus hatte, das einen rötlichen Schein in das Innere des Hauses warf. Nachdenklich setzte ich mich auf die Fersen, und so fand Liv mich vor, als sie von ihrer Erkundungstour zurückkam.
» Ich bin einmal ringsrum gegangen und habe nichts gesehen, das so aussieht, als würde hier jemand wohnen. «
» Mülltonne? «
» Neben der Hintertür, leer. «
» Nachricht für den Milchmann? «
» Jetzt übertreibst du aber. «
Ich stand auf. » Okay. Guck mal hier durch und sag mir, was du denkst. «
Sie hockte sich hin, drückte die Briefklappe auf und schaute hindurch, genauso wie ich es getan hatte. » Jede Menge nichts. «
» Genau. Und jetzt sieh nach unten. «
» Zwei Fastfood-Flyer und ein Zettel, mit dem eine Reinigungsfirma ihre Dienste anpreist, wie es aussieht. Ich finde, er sollte da mal anrufen. Hier scheint mir eine gründliche Putzaktion fällig zu sein. « Sie ließ die Klappe los und sah mich an. » Soll ich mich für irgendwas davon interessieren? Das ist doch nur Werbemüll. «
» Korrekt. Was tust du jeden Tag als Erstes, wenn du von der Arbeit nach Hause kommst? «
Mit funkelnden Augen öffnete sie den Mund zu einer Antwort, aber ich hob die Hand. » Versteh mich nicht falsch, ich will nicht wissen, wie du deine Freundin begrüßt. Ich meine, was ist das Erste, nachdem du deine Wohnungstür aufgeschlossen hast? «
Sie dachte kurz nach. » Wenn ich nach Hause komme, hebe ich als Erstes die Post auf. «
» Und was noch? «
» Den Werbemüll. «
» Jeden Tag. Ganze Hände voll. Selbst wenn man davon ausgeht, dass das hier eine ländliche Gegend ist, kann mir keiner erzählen, dass das Zeug da drin von mehr als ein oder zwei Tagen Zustellung stammt. «
» Hm. Da hast du Recht. Wer räumt also den Kram weg? «
Anstelle einer Antwort klopfte ich noch einmal an die Tür und lauschte dem Echo, welches das Geräusch im Innern erzeugte. Wir warteten eine ganze Minute lang, doch aus dem Haus kam kein Laut.
» Ich würde ja zu gern mal reingehen und mich ein bisschen umschauen. « Ich sah noch einmal zu den Fenstern hoch.
» Dann tu das doch. Im Auto liegt dein Schlagstock. Ein kleiner Hieb gegen das Küchenfenster, Räuberleiter und schwupp. «
» Damit willst du doch sicher nicht sagen, dass wir hier einbrechen sollen. Dazu bräuchten wir einen Durchsuchungsbefehl. Die einzige Ausnahme, die mir dazu einfällt, ist Paragraph 17 des Police and Criminal Evidence Act, › Schutz von Leib und Leben ‹ . Und wenn ich mich nicht völlig irre, ist gerade weder das eine noch das andere in Gefahr. «
Liv beugte sich vor und presste ihr Ohr gegen die hölzerne Haustür. » Hast du das auch gehört? «
» Was denn? «
» Ich dachte, ich hätte da einen Hilferuf gehört. «
» Ja, schon klar. «
Sie zog die Augenbrauen hoch. » Willst du nun rein oder nicht? «
Und ob ich das wollte. » Ich bin schwer beeindruckt von deinem Gehör. Wo ist das Fenster? «
» Hol den Schlagstock und folge mir. «
Ich brachte außerdem meine Taschenlampe mit und ging um das Haus herum zur Rückseite, wo es neben der Hintertür ein kleines Fenster gab mit einer sehr nützlichen Regentonne darunter.
» Bist du ganz sicher, dass du da durchpasst? «
» Absolut. «
» Dann geh mal zur Seite. « Ich schützte mein Gesicht mit einem Arm und schlug in die Mitte der Fensterscheibe– ein kurzer Hieb mit dem
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