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Der Ungnädige

Der Ungnädige

Titel: Der Ungnädige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
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Sie stolz sein. «
    Sie nickte zwar, aber ich sah ihr an, dass sie ihm nicht glaubte.
    » Es wird leichter mit der Zeit. «
    » Hoffentlich. « Sie klang erschöpft.
    » Meinen Sie, dass Sie schlafen können? « , fragte ich.
    » Ja, ich glaube schon. « Sie sah mich an. » Sie sind immer so nett. Danke, dass Sie mitgekommen sind. «
    » Nichts zu danken. « Als ich das sagte, klopfte es leise an der Tür. Ich sah erst Godley an und dann Liv, die aufstand und öffnete. Patricia war schläfrig und hatte die Augen schon halb geschlossen. Vermutlich hörte sie nicht mal, was im Korridor leise gesprochen wurde. Ich hingegen schon; aber ich wusste ja auch, was vor sich ging. Ich hörte die Stimme von Keith Bryce, der also schon vom Flughafen zurück war. Das war ja schnell gegangen.
    Godley war Liv nach draußen gefolgt und kam jetzt wieder herein. » Patricia, Sie haben Besuch. «
    Sie runzelte die Stirn, als überlegte sie, wer es sein könnte. Godley nickte jemandem zu, den ich nicht sehen konnte, und im nächsten Moment kam eine kleine, kompakte, grauhaarige Frau ins Zimmer geschossen, dicht gefolgt von einem schlanken, braungebrannten älteren Herrn mit einem erstarrten Lächeln im Gesicht. Mr. und Mrs. Farinelli, gerade eben aus Pisa eingetroffen, wie ich vermutete.
    Bei ihrem Anblick riss Patricia die Augen weit auf, und dann zerfloss sie in Tränen. Mrs. Farinelli schluchzte ebenfalls, schloss ihre Tochter in die Arme und bedeckte ihr Haar mit Küssen. Der Vater hatte eine Hand von Patricia ergriffen und streichelte sie in einem fort, während er leise in melodisch rollendem Italienisch auf sie einredete. Bei diesem Anblick blieb kein Auge trocken, meine eigenen eingeschlossen.
    Unterdessen ging ich leise zur Tür, denn ich fand, dass die Farinellis ein bisschen Zeit für sich verdient hatten.
    » Ein Happy End « , bemerkte Godley, als wir alle im Korridor standen und die Tür sich hinter uns geschlossen hatte.
    » Mit Einschränkungen « , entgegnete ich. » Es wird bestimmt nicht leicht für Patricia, mit der Sache fertigzuwerden. Ihre Familie wird ihr auf jeden Fall helfen, aber… «
    » So was braucht Zeit « , setzte Liv meinen Gedanken fort. » Und professionelle Unterstützung. Das ist wirklich eine traumatische Erfahrung. «
    » Wir müssen mehr über diese Website herausfinden. «
    Godley warf mir einen Blick zu. » Sehen Sie die Verbindung auch? Ich denke, wir haben gerade erfahren, woher das Video stammte. «
    » Ob das wirklich ihre Motivation war? Eine Website? « , fragte Liv ungläubig.
    Ich schüttelte den Kopf. » Die Website war nur ein weiteres Spielchen. Was sie dazu motiviert hat, war eine ganz klassische Bösartigkeit– nicht mehr und nicht weniger. Ich würde ja gern Drews Tod bedauern, aber es geht nicht. «
    » Keine Sorge « , sagte Godley finster. » Nach Patricias Bericht geht mir das genauso. Wer hätte je gedacht, dass John Skinner uns mal einen Gefallen tun würde? «

21
    Montag
    Rob
    Es nahm den ganzen restlichen Sonntag in Anspruch, Lee Bancroft aus dem behaglichen Unterschlupf loszueisen, den er im Krankenhaus gefunden hatte. Die Ärzte waren wesentlich penibler auf sein Wohlergehen bedacht, als ich es gewesen wäre, und Lee hatte die ganzen alten Tricks auf Lager, die von jemandem zu erwarten waren, der schon einige Zeit hinter Gittern verbracht hatte. Er klagte über Kopfschmerzen, Übelkeit, erhöhte Lichtempfindlichkeit, unregelmäßige Schmerzen im Nacken, Ohrgeräusche, und nachmittags gegen fünf hatte ich kaum noch Zweifel, dass das alles erstunken und erlogen war. Wir hatten Skinners Rachemaßnahmen in einem frühen Stadium unterbrochen, und obwohl sie ganz schön mit Lee Schlitten gefahren waren, hielt sich der zugefügte Schaden noch in Grenzen. Er war ein passionierter Bodybuilder und fit wie ein Turnschuh, aber seinem Gejammer nach zu urteilen ein Invalide am Rande des totalen körperlichen Zusammenbruchs. Godley hatte die Nase gestrichen voll wie wir alle, war aber völlig zu Recht sehr darauf bedacht, Lees Verteidigung keinerlei Vorteil in die Hand zu spielen. Wir durften ihn erst verhören, wenn die Ärzte ihn für uns freigegeben hatten und sein Anwalt erklärt hatte, dass er in der Lage war, mit uns zu reden, und so blieb uns nichts anderes übrig, als zu warten.
    Nachdem zwei andere Kollegen aufgetaucht waren, um uns abzulösen, verschwanden Maitland und ich schleunigst aus dem Krankenhaus. Auf dem Weg zum Auto stellten wir wilde Vermutungen über Lees

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