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Der Ungnädige

Der Ungnädige

Titel: Der Ungnädige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
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auch. Und da ich im Moment, wie’s aussieht, nicht gerade die Wahl habe, muss es eben so gehen. « Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste mich. » Was gibt’s eigentlich zum Abendbrot? «
    » Ah, verstehe. So läuft das jetzt, ja? «
    » Sicher, warum sollte ich denn sonst bei dir einziehen? «
    » Jemand hatte was davon gesagt, dass er mit mir zusammen sein wollte und dass das doch nicht das Schlechteste auf der Welt wäre. Das warst nicht zufällig du, oder? «
    Sie zuckte die Schulterm und drängelte sich an mir vorbei, die Unschuld in Person. » Ach, weißt du, ich kann mich gar nicht richtig erinnern. «
    Am nächsten Morgen fuhr ich mit einem Lächeln im Gesicht zur Arbeit, einige Minuten nach Maeve. Sie hatte darauf bestanden, schon vorzufahren, damit bloß keiner auf die Idee kam, dass wir uns endgültig zusammengetan hatten. Ich hatte nicht den Mut, ihr zu sagen, dass das wahrscheinlich das am schlechtesten gehütete Geheimnis in der gesamten Metropolitan Police war. Liv hatte es sich, kurz nachdem sie ins Team gekommen war, von ganz allein zusammengereimt, und da war sie vermutlich nicht die Einzige. In einem Raum zusammen mit lauter Polizeikollegen zu arbeiten, brachte naturgemäß diverse Gefahren mit sich, und eine Privatsphäre nahe null war nur eine davon. Doch ich ließ Maeve ihre Solofahrt. Als ich ankam, begrüßte ich sie mit einem munteren » Guten Morgen « , nur für den Fall, dass irgendwer den Verdacht hegte, wir könnten das an diesem Tag schon vor Stunden getan haben, und zwar auf ganz andere Weise.
    Godley winkte mich in sein Büro, kaum dass er mich gesehen hatte.
    » Ich fahre jetzt los, um Lee Bancroft zu vernehmen. «
    » Kann ich dabei sein? «
    Er sah mich entschuldigend an. » Eher nicht. Ich will den Raum übersichtlich halten. Nur Pettifer und ich, er und sein Anwalt. Schauen Sie lieber über Monitor zu. «
    Ich machte keine Einwände, bedauerte aber sehr, die Gelegenheit zu verpassen. Mit Godley kam ich bestens aus, aber er war immerhin Superintendent, und es war ratsam, das nicht zu vergessen, fand ich. Nie hatte ich erlebt, dass er den Vorgesetzten rauskehrte– er war souverän genug, um das nicht nötig zu haben–, aber seinen Rang hatte er unbestreitbar, und das nicht ohne Grund. Ich nickte also und versuchte so auszusehen, als machte es mir nichts aus.
    » Hatten Sie schon Gelegenheit, über unser Leck nachzudenken? «
    » Ja. «
    » Und? «
    » Ich hab da so eine Ahnung « , sagte ich. » Überlassen Sie das ruhig mir. Ich will noch mit den Jungs reden, die gestern Murray, Roberts und McKenzie verarztet haben. Außerdem will ich sehen, welche persönlichen Gegenstände Felix Crowther bei sich hatte, als er ins Leichenschauhaus gebracht wurde. «
    » Warum? « Godley klang ungewöhnlich schroff, und ich rief mir wieder ins Gedächtnis, dass er ja ein persönliches Interesse hieran hatte. Wer auch immer die Information über die Bancroft-Brüder weitergeleitet hatte, war vermutlich derjenige, der Skinner mit Godleys Privatadresse versorgt hatte.
    » Ich werde Sie über alles informieren. Aber es wäre wirklich besser, wenn Sie einfach warten, bis ich Tatsachen vorzuweisen habe, und nicht nur eine Ahnung. «
    Er dachte kurz nach, und mir war klar, dass er nicht sehr zufrieden war, aber er ließ es dabei bewenden. » Gut. Ich kümmere mich inzwischen um meine eigenen Angelegenheiten. «
    » Auf jeden Fall noch heute, Chef. Heute Nachmittag haben wir Klarheit, so oder so. «
    » Sie scheinen sich sehr sicher zu sein. «
    » Ich habe eine ziemlich genaue Vorstellung, wer es war. Sie nicht? «
    » Doch, ich denke schon. Es gibt da einen offensichtlichen Kandidaten. « Er ging zum Fenster und schaute hinaus, mit dem Rücken zu mir. Es war eigentlich untypisch für ihn, so kurz angebunden zu sein, andererseits war es nachvollziehbar, dass er angesichts eines solchen Verrats nicht besonders aufgeräumt war. Und es bestand kein Zweifel: Die Person, die Godleys private Daten weitergegeben hatte, hatte genau gewusst, wozu diese verwendet werden sollten. Zudem setzte der Besitz dieser Informationen zunächst einmal Godleys Vertrauen voraus. Wie auch immer– die Schuldigen mussten gestellt und für ihre Tat zur Verantwortung gezogen werden. Ich war froh, meinen Teil dazu beitragen zu können. Das kompensierte schon beinahe, dass ich bei Lee Bancrofts Verhör auf die billigen Plätze verwiesen wurde.
    Ich war bei Weitem nicht der Einzige, der wissen wollte, was er zu sagen

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