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Der Ungnädige

Der Ungnädige

Titel: Der Ungnädige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
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zusammengearbeitet, als er noch einfacher Beamter war. Nachdem Tom gegangen ist und im Team eine Stelle frei wurde, habe ich zuallererst an ihn gedacht. Und gleich danach an Keith Bryce. Ich konnte die Chefetage dann überreden, mir beide zu überlassen. «
    » DI Derwent ist bestimmt sehr kompetent. Ich bin gespannt, seine Arbeitsweise kennen zu lernen. « Etwas Freundlicheres über ihn brachte ich nicht über die Lippen. Allmählich hegte ich allerdings den Verdacht, dass das ganz allein mein Problem war. Godley konnte geradezu beängstigend gut Gedanken lesen und lag fast immer richtig mit seiner Einschätzung anderer. Wenn er also fand, dass Derwent eine Bereicherung war, dann musste ich mich wohl oder übel mit ihm arrangieren. Und die Schwierigkeiten, die ich mit dem Inspector hatte, wollte ich dem Chef ganz bestimmt nicht auf die Nase binden. Das würde nicht nur ein schlechtes Licht auf mich werfen, sondern Derwent bestimmt auch dazu motivieren, mir das Leben zur Hölle zu machen, falls er etwas davon erfuhr.
    » Er hat durchaus seine Ecken und Kanten und vor allem ein Faible dafür, andere zu verunsichern. Wenn er einen wunden Punkt bei Ihnen entdeckt, wird er immer wieder darauf herumhacken. «
    Ich zog die Augenbrauen hoch. » Soll das eine Warnung sein? «
    » So ungefähr. Nicht, dass ich die bei Ihnen für nötig halte. Sie kommen wahrscheinlich viel besser mit ihm klar als ich. Ich wollte Ihnen nur sagen, dass Sie nicht alles, was Josh sagt, auf die Goldwaage legen sollten. Er ist manchmal ziemlich unsensibel, aber mit seinen Sprüchen will er meistens irgendeine Reaktion provozieren. «
    » Gut, dann stelle ich die Klage wegen sexueller Belästigung erst mal zurück « , erwiderte ich grinsend. » Nein, damit komme ich zurecht. Wir werden uns schon zusammenraufen. «
    » Sie sind beide sehr verschieden. Sie, Maeve, engagieren sich im Detail, und Josh behält eher das große Ganze im Blick. Lassen Sie sich von ihm nicht einschüchtern, aber lassen Sie seine Ansichten auch nicht ganz außer Acht. Bei der Central Task Force hat er ein paar große Fälle geknackt. Er hat die verblüffende Gabe, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, und ist ein absoluter Profi. « Godley sagte das so nachdrücklich, als wäre es das letzte Wort, das über DI Derwent zu sagen war. Damit stand er auf. » Es ist spät. Sie sollten jetzt Feierabend machen. «
    Ich schaute auf die Uhr und konnte einen erschrockenen Aufschrei nicht unterdrücken » Ach du lieber Himmel! Ich hätte schon vor zehn Minuten in Crouch End sein müssen. Mein Bruder bringt mich um! «
    » Oje. Na, wenigstens ist die Aufklärung dann ein Kinderspiel. Solche Fälle sind ja leider ziemlich rar im Moment. « Er lächelte. » Dann beeilen Sie sich mal, er wird es Ihnen wohl verzeihen. «
    Ich war schon fast zur Tür hinaus. Hastig räumte ich meinen Schreibtisch leer, stopfte ein paar Unterlagen in meine Tasche (für den unwahrscheinlichen Fall, dass ich sie später noch durchsehen konnte), griff mir mein Handy, tippte im Gehen eine wirre Entschuldigungs- SMS und stürzte aus dem Büro. Einen Ärmel des Regenmantels hatte ich übergestreift, und der andere flatterte lose herum– ich hatte nicht mal Zeit, mich richtig anzuziehen. Der Zeitplan für den Abend war hoffnungslos ruiniert. Wenn ich nach Hause kam, musste ich Dec besänftigen, ihn rechtzeitig wieder loswerden, mich ein bisschen herrichten, das Bad putzen, die Wohnung aufräumen und gegen neun empfangsbereit sein für Rob. Aussichtslos. Während ich mit klappernden Absätzen den Korridor entlangeilte, ging ich den Plan in Gedanken noch einmal durch und verwarf alles, was nicht zwingend nötig war. Das Badputzen war nicht unbedingt nötig, aber um das Spülbecken in der Küche musste ich mich dringend kümmern. Die übrige Wohnung war wegen der ganzen Umzugskartons und sonstigen Sachen sowieso chaotisch– das war also auch kein Thema. Aber irgendwie musste ich es noch hinbekommen, das Bett frisch zu beziehen. Und mir die Beine zu rasieren.
    Mit einem Lächeln auf den Lippen passierte ich die Tür am Ende des Korridors und steuerte auf die Treppe zu. Da ich in Gedanken schon ganz woanders war, nahm ich die leise Warnung in Form leichten Pfefferminzgeruchs in der Luft kaum wahr. Ich kam erst zur Besinnung, als ich kräftig am Arm gepackt wurde und mein eigener Schwung mich herumriss. Noch ehe ich auch nur Luft holen konnte, sah ich mich Derwent gegenüber. Vor Schreck wie gelähmt starrte ich

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