Der Ungnädige
entging, hatte sich genug umgesehen. » Nicht schlecht. Und wo ist die Küche? «
» Hinter dir. « Ich zeigte darauf. Es war kaum mehr als ein winziges Gelass am Ende des Wohnzimmers, gerade groß genug für einen einfachen Herd, Kühlschrank, Spüle und nicht viel mehr.
» Wenn du die Einkäufe ausgepackt hast, ist kein Platz mehr zum Kochen. « Er sah mich vorwurfsvoll an. » Nur jemand, der nicht gerne kocht, kann so eine Wohnung mieten. «
» Messerscharf geschlossen. Womit wirst du mich als Nächstes verblüffen? «
» Gut, dass du fragst. Ich werde deine Hemmungen verschwinden lassen. « Ohne meine Reaktion abzuwarten, brachte er die erste seiner Einkaufstüten in die Küche und wühlte darin herum. Melodisches Pfeifen drang bis hinaus in den Flur. Rob hatte gute Laune.
Ich setzte mich auf den Sofarand und versuchte, mich ein bisschen zu sammeln. Plötzlich wurde mir bewusst, wie total überfordert ich mich fühlte. Es war ja nett, dass sich alle– ich selbst eingeschlossen– so um Robs romantisches Wohlbefinden sorgten. Aber allmählich ging mir auf, dass ich mir wesentlich mehr Gedanken um mein eigenes machen sollte.
6
» Meine Güte, Maeve. Ich dachte, ich hätte alles eingekauft, was wir brauchen. Gibt’s denn echt Leute, die keinen Holzlöffel haben? «
» Ja, mich. Kannst ja mal in den Kisten danach fahnden. «
Rob schenkte mir einen wenig begeisterten Blick und begab sich zum Kistenstapel im Flur. Die Kochaktion kam jäh zum Stillstand, als er eine Schublade aufzog und feststellen musste, dass die Nachteile dieser Küche sich nicht nur auf ihre Größe und den tropfenden Wasserhahn beschränkten. Allem Anschein nach war es unmöglich, Spaghetti Bolognese ohne Holzlöffel zu kochen. Wer hätte das gedacht?
Ich lehnte mich gegen die Wand und sah zu, wie er systematisch die Kisten durchwühlte.
» Du darfst mir ruhig helfen. «
» Ach, du machst das ganz prima. «
» Das hier zählt nicht als Kochen, also bist du nicht davon befreit. « Eine Kiste landete vor meinen Füßen. » Los, tauch ein. «
Die Kiste enthielt Bettwäsche und Handtücher, die ich allesamt noch nie gesehen hatte. » Weitersuchen. «
» Ich glaub, ich hab da was. « Rob kniete neben der letzten Kiste im Stapel und hob eine Ladung Töpfe heraus. » Tadaa, ein Holzlöffel. Wusst ich’s doch, dass du irgendwo einen hast. «
» Den muss Mum reingepackt haben. Was ist denn sonst noch so drin? «
» Sieb, Backformen…Kochkram. Und Besteck. Aber keine Teller. «
» Die müssen irgendwo anders sein « , murmelte ich abwesend. » Ein Sieb hab ich noch nie besessen. «
» Jetzt schon. « Er ließ es am Griff kreisen. » Ich find deine Mutter klasse. Die hat echt an alles gedacht. «
» Ja klar, sie ist unbezahlbar « , gab ich sarkastisch zurück. » Jedes einzelne Stück in dieser Kiste soll mir nur ein schlechtes Gewissen machen, weil ich nun mal keine Perle im Haushalt bin. «
» Ist aber schon praktisch « , warf Rob vorsichtig ein, » wenn man sich ernähren kann, ohne auf die Lieferdienste aus den Gelben Seiten angewiesen zu sein. «
» Toast geht immer. «
» Ich mach mir ernsthaft Sorgen. Keine Ahnung, wie du es schaffst, dass dir nicht vor lauter Vitaminmangel die Zähne ausfallen. «
Ich grinste ihn breit an, um zu beweisen, dass mein Gebiss noch komplett war. » Toast mit Marmite, Toast mit Marmelade, Käsetoast, Baked Beans auf Toast. Toast geht mit praktisch allem. Das perfekte Essen eigentlich. «
» Na ja, heut Abend gibt’s jedenfalls keinen Toast. «
» Ein bisschen freu ich mich ja auf ein richtiges Essen « , gab ich zu und schob Rob zurück in die Küche, wo er die kleingehackten Zwiebeln in einen Topf schüttete. » Du hast heute nur so komische Andeutungen über deinen Fall gemacht. Was für ein Chaos hast du denn zu beseitigen? «
» Erinnerst du dich noch an dieses Ehedrama vor ein paar Wochen in Chiswick? Bei dem Morty den Ehemann verhaftet hat? Das Opfer hieß Andrea Tancredi. Erdrosselt mit dem Fönkabel. «
Und ob ich mich erinnerte. DS Mortimer hatte sich lang und breit darüber ausgelassen, wie locker er diesen Fall aufgeklärt hatte. Art Mortimer war ein großer, bärtiger und eher ungepflegter Mann, der meistens wie das letzte einsame Mammut durch die Gegend streifte, auf der endlosen Suche nach einem Urwald, den er besiedeln könnte. Godley behielt ihn im Team, weil er sehr erfahren war und ein Händchen für Geständnisse hatte. Aber der Dynamischste war er ganz bestimmt
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