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Der Ungnädige

Der Ungnädige

Titel: Der Ungnädige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
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fertig sind. «
    » Gibt’s irgendwas, das wir vermeiden sollten? «
    » Einfach nur aufpassen, dass kein menschliches Gewebe an Ihrer Kleidung hängen bleibt, nehme ich an. « Dann sah er meinen Gesichtsausdruck. » Entschuldigung. Schlechter Scherz. «
    Derwent schlug ihm auf die Schulter. » Opfern Sie bloß nicht Ihren Broterwerb einer Komikerkarriere. «
    » Das wäre vermutlich keine gute Idee. « Schofield lachte nervös auf und wurde wieder ernst. » Nein, der Raum ist freigegeben. Selbstverständlich gelten die üblichen Vorsichtsmaßnahmen. «
    Derwent sah mich an. » Warten Sie auf irgendwas? «
    Ich wartete auf ein Wunder, das mich davor bewahrte, diese Tür öffnen zu müssen, aber wenn Pater Fintan nichts dergleichen zuteilgeworden war, warum sollte dann ausgerechnet mich eins ereilen? Ich zog die dünnen blauen Latexhandschuhe über und drückte die Tür mit dem Ellbogen auf, wobei ich sie so wenig wie möglich berührte. Dann trat ich hinein und ein wenig zur Seite, damit Derwent mir folgen konnte. In dem winzigen Schlafzimmer war gerade genug Platz für uns, um nebeneinander am Fußende des Bettes zu stehen. Der Raum war dunkelblau tapeziert, mit aufgedruckten, üppigen roten Bauernrosen. Viel stand nicht darin– nur das Bett, ein kleiner Kleiderschrank und eine Kommode, die gleichzeitig als Nachtschränkchen diente. Jemand hatte das Deckenlicht angelassen, aber das half nicht viel gegen die allgemeine Düsterkeit. Das einzig Gute an der Tapete und der Einrichtung war, dass sie das Schlimmste des ganzen Blutgesudels kaschierten.
    Der Leichnam lag auf dem Bett, vollständig bekleidet mit einem weißen Hemd, einer dunkelblauen Strickjacke und einer schwarzen Hose, auch wenn Hemd und Strickjacke aufgeknöpft waren und die Hose nicht geschlossen. Dicke graue Socken quollen aus karierten Pantoffeln. Die wächsernen Hände waren über dem Bauch verschränkt und mit silbernen Rosenkranzperlen umwickelt, als hätte er beim Sterben gebetet. Die Fingernägel waren lang, aber wohlgeformt, die Finger kurz. Er war ein kleiner Mann gewesen, jedoch keineswegs schmächtig: Sein Bauch wölbte sich beträchtlich. Mehr ließ sich über seine Erscheinung nicht sagen, denn sein Kopf war faktisch nicht mehr vorhanden. Knochensplitter und Gehirnsubstanz waren über das gesamte Bett verspritzt und überzogen Bettdecke und Kopfende mit Blut und einer unidentifizierbaren Masse. Die Überbleibsel ließen sich nicht auf Anhieb als menschlich erkennen.
    » Großer Gott. «
    » Jo. Tut dem Teint nicht gut, wenn einem mit einer abgesägten Schrotflinte ins Gesicht geballert wird. «
    Die von verirrten Kugeln in der Bettdecke verursachten Löcher waren mir bereits aufgefallen. » Wir gehen von einem einzigen Schuss aus? «
    » Mehr waren sicher nicht nötig. «
    » Riskant, an so einem Ort, bei all den Nachbarn. Und nicht gerade typisch für unseren Mörder, so direkt vorzugehen. «
    » Ein einzelner Schuss ist nicht besonders riskant. Die Leute ignorieren das Geräusch für gewöhnlich, weil sie es nicht deuten können. « Derwent ging zum Fenster und sah auf die kahle Mauer gegenüber. » Und der Täter hat unseren zweifelhaften Pater auch nicht sofort getötet. «
    » Sie sagten, er wurde gefoltert. Wie denn? «
    » Sehen Sie die Rosenkranzperlen da? « Ich nickte. » Damit wurde er gebrandmarkt. Auf dem Gasherd in der Küche oder dem Ofen im Wohnzimmer erhitzt, würde ich sagen. Hier lag ein Ofenhandschuh auf dem Boden. Sieht aus, als wollte der Mörder sich nicht die Pfötchen verbrennen. «
    Jetzt, wo ich wusste, wonach ich schauen musste, sah ich auch die Reihe von Brandblasen im Schatten des offenen Hemds. Ich runzelte die Stirn. » Das ist furchtbar, wirkt aber fast ein bisschen halbherzig für unseren Kameraden. Immerhin ein gewaltiger Unterschied zu Kastration und Amputation. «
    » Wir wissen nicht, was sich außerdem noch abgespielt hat. Er kann ihm die Zähne ausgeschlagen haben, die Gesichtsknochen gebrochen– solche Sachen. Das Zimmer liegt voller Zahnfragmente, und wir werden wohl nie erfahren, ob sie ihm weggeschossen oder ausgeschlagen wurden. Ist zwar schon abtransportiert, aber die Kollegen haben ein schweres Kruzifix aus Holz unter dem Bett sichergestellt. Es hing ursprünglich an der Wand. « Er zeigte auf einen starken Nagel in der Nähe des Bettes, und jetzt erkannte ich auch einen dunkleren Schatten auf der Tapete, wo sich der Staub hinter dem Kreuz abgesetzt hatte. » Das war ein Riesending, über

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