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Der Unheimliche

Der Unheimliche

Titel: Der Unheimliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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Sie sich«, mahnte sie.
»Die Zeit verstreicht. Wir müssen uns ranhalten! Von hier verduften, solange es
Zeit ist und bevor dieses Schweinchen wiederkommt.«
    Ich stöhnte. »Sind Sie denn in
letzter Zeit nicht mehr ins Kino gegangen?«
    »Seit zehn Jahren nicht mehr«,
antwortete sie. »Haben Sie in letzter Zeit einen guten Film gedreht?«
    »Ihr Dialog wirkt leicht
veraltet.«
    »Machen Sie sich um den Dialog
keine Sorgen, Liebling«, erklärte sie. »Denken wir lieber an Sie. Sie sind
gleich dran. Haben Sie nicht irgendwo eine Pistole versteckt?«
    »Nein.«
    »Da ist ein schönes
Bratenmesser in der Küche«, sagte sie ermutigend.
    »Und ein Mann im Mond«, fügte
ich hinzu. »Beide sind uns in gleicher Weise erreichbar.«
    Sie wand sich wieder und schob
sich dabei dichter an mich heran, so daß sie ihren Kopf auf meine Schulter legen
konnte. Ihr Haar kitzelte mich an der Nase, so daß ich niesen mußte.
    »Na«, sagte ich, »ist es
furchtbar aufregend für Sie, einem verwegenen Zuhälter wie mir so nahe zu
sein?«
    »Wahnsinnig aufregend«,
erwiderte sie. »Mein letzter Mann war Wirtschaftsprüfer. Sein größtes Vergnügen
waren lange Zahlenreihen.«
    Ich seufzte tief auf. » Porky wird wohl jetzt nicht mehr lange ausbleiben.«
    »Sie waren nach meiner Ansicht
sehr leichtsinnig, sich von ihm so fesseln zu lassen«, sagte sie. »Nehmen Sie
an, er kommt mit einem echten Polizelieutnant zurück!
Und dann sitzen Sie drin, weil Sie sich als Polizeibeamter ausgegeben haben.«
    »Jo«, entgegnete ich,
»entfesseln Sie lieber keinen Zyklon im Vakuum Ihres Köpfchens. Lassen Sie die
Dinge auf sich zukommen!«
    »Sie halten mich wohl für
blöde, was?« fragte sie. »Habe ich Sie nicht gleich vom ersten Augenblick an,
als Sie bei Eli Kaufman hereinspaziert kamen, als einen faulen Bruder erkannt?«
    »Mag sein«, antwortete ich.
»Aber das war nicht Klugheit, das war Instinkt.«
    »Wenn er uns wirklich
hierlassen und das Licht ausschalten mußte«, sagte sie, »bleibt es mir
unverständlich, warum er uns so gefesselt hat. Das erstickt ja alle
romantischen Gefühle im Herzen einer Frau.«
    »Das ist schlimm.«
    »Wir können nichts weiter tun
als reden«, fuhr sie fort. »Aber ich habe noch kein Wort gehört, das mir den
Atem verschlagen hätte!«
    »Wir könnten ja auch ganz still
hier liegen«, schlug ich aufmunternd vor. »Könnten die Augen schließen und ein
wenig schlafen.«
    »Deswegen bin ich darauf
verfallen, meine Ehemänner zu wechseln«, erklärte sie. »Früher oder später
reden sie alle so.«
    »Ich bin kein Ehemann.«
    »Sagen Sie mal«, meinte sie,
»wie sind Sie eigentlich zum Verbrecher geworden?«
    »Muß das sein?«
    »Aber ja — das ist so
aufregend. Wann sind Sie zum erstenmal von der
geraden Bahn abgewichen?«
    »Als mir eine Blonde zum erstenmal eine runtergehauen hat. Da bin ich darauf
gestoßen, daß die Wahrheit ihre Grenzen hat.«
    »Ernsthaft? Wie kommt es, daß
Sie so abgerutscht sind?«
    Ich schloß die Augen. »Schwer
zu sagen«, gestand ich ein. »Vielleicht spielt da die Umgebung mit. Ich wurde
in einem Eisenbahntunnel geboren und habe bis zu meinem vierten Lebensjahr
niemals das Licht des Tages erblickt.«
    »Wieso nicht?«
    »Weil es so lange gedauert hat,
bis die Eisenbahngesellschaft wieder einen Zug durch den Tunnel fahren ließ. Da
mußten dann seine Bewohner ihr Zeug zusammenpacken und ausziehen.«
    »Nun bleiben Sie mal ernst.«
    Ich öffnete wieder die Augen.
»Das bin ich«, erklärte ich streng. »Und dann wäre da noch die erbliche
Belastung. Möglicherweise hat der Umstand, daß meine Mutter eine Giftmörderin
und mein Vater ein Würger war, mich in meiner Entwicklung zum Verbrecher
irgendwie beeinflußt . Die beiden hätten Sie zusammen
auf einem Fest sehen sollen. Gestorben wären Sie!«
    So alberten wir eine Weile
weiter herum, bis wir das Brummen des Healy hörten, das immer lauter wurde.
    »Das ist er«, sagte Jo nervös.
»Er ist zurück!«
    »Stimmt.«
    »Wollen Sie nicht etwas
unternehmen?« rief sie erregt.
    »Ich kann ja pfeifen!« knurrte
ich.
    Schwere Füße stampften durch
das Haus. Die Tür sprang auf, und das Licht wurde eingeschaltet. Porky trat ans Bett und ließ die Sachen, die er getragen
hatte, auf das Bett fallen. Dann nahm er sein Messer aus der Tasche und begann,
die Stricke, die uns hielten, zu durchschneiden.
    Ich setzte mich auf den Rand
des Bettes und zündete mir eine Zigarette an. Porky reichte mir die Schlüssel des Healy und meinen

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