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Der Unheimliche

Der Unheimliche

Titel: Der Unheimliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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wußte doch, daß ich etwas
vergessen hatte.«
    Es schien mir eine erbärmliche
Art zu sterben: sich neben eine Leiche zu legen, mit der Mündung einer Pistole gegen
die Schläfe, und warten zu müssen, bis abgedrückt wurde...
    »Vielleicht bin ich etwas
eigen, Schlange«, sagte ich. »Hätten Sie etwas dagegen, wenn ich Olga ein
bißchen zur Seite schiebe, bevor ich mich hinlege?«
    »Los!« rief er. »Aber beeilen
Sie sich!«
    Ich beugte mich vor, legte
einen Arm um ihre Schultern und einen unter ihre Knie und hob sie an. Der eine
Arm von ihr fiel schlaff hinunter, und der Blumenstrauß rutschte auf die Couch.
    Ich richtete mich jäh auf und
schwang mich in einer einzigen Bewegung herum. Ich wußte, daß es mir nicht
gelingen würde, mich umzudrehen und ihm gegenüberzustehen, bevor er abdrückte —
aber ich rechnete mit etwas anderem.
    Herumschwingend trafen Olgas
Kopf und ihre Schultern seinen Arm und brachten ihn aus dem Gleichgewicht. Der
Schuß ging los, und ich fühlte einen brennenden Schmerz in meiner Seite. Es
ging blitzschnell, ich schwang noch immer, und er wurde dadurch noch mehr aus
dem Gleichgewicht gebracht; dann war ich soweit, um sehen zu können, was
geschah: Er taumelte seitwärts und bemühte sich, sich so weit aufzuraffen, daß
er wieder den Lauf der Pistole auf mich richten könnte.
    Ich warf ihm Olga entgegen, und
als ihr Körper ihn mit ganzer Schwere traf, stürzte er zu Boden, und die
Pistole fiel ihm aus der Hand. Schließlich lag er da und Olga auf ihm.
    Er schrie auf und stieß sie von
sich weg, so daß sie neben ihm auf den Boden sank und dort auf dem Rücken
liegenblieb. Sie sah nun keineswegs mehr friedlich aus, sondern irgendwie
triumphierend.
    Ich trat mit dem Absatz meines
rechten Fußes in seinen Magen, und er klappte wie ein Taschenmesser zusammen.
    Nun hob ich rasch seine Pistole
auf und steckte sie in meine Tasche. Sanft trug ich Olga wieder auf die Couch
zurück und legte ihre Arme so, wie sie zuvor gewesen waren. Dann hob ich auch
Schlange Lannigan auf und legte ihn daneben. Ich nahm
die Pistole aus meiner Tasche; er blickte in meine Augen und flüsterte: »Nein!
Das werden Sie nicht tun!«
    »Schlange!« sagte ich. »Sie
haben viele Menschen ermordet — Angela Markon , Leila
Cross... Olga Kellner... Vor einer Minute wollten Sie auch mich ermorden, und
es hätte Ihnen nicht das geringste ausgemacht — «
    Seine Augen flackerten — und
plötzlich bäumte er sich auf, in einem wilden, verzweifelten Versuch, mich
abzuschütteln... Da drückte ich ab. Ich traf ihn in die Schläfe, und er war
sofort tot.
    Ich nahm mein Taschentuch aus
der Jackentasche, wischte die Pistole ab und hielt sie dann mit dem Taschentuch
in der Hand. Ich bog seinen Arm nach oben, schloß seine Finger um den Kolben
und ließ dann los. Der Arm fiel kraftlos über den Rand der Couch herab, und die
Pistole schlug auf dem Boden auf.
    Ich holte meine eigene Pistole
unter der Couch wieder hervor und steckte sie in die Halfter zurück.
    Dann erst wurde mir bewußt, daß
der brennende Schmerz in meiner Seite stärker wurde.
     
     
     

VIERZEHNTES
KAPITEL
     
    D ie Tür wurde geöffnet, und Mrs. Lavers stand da, Haarnadeln
in der Frisur, und in einem wollenen Morgenmantel.
    »Das habe ich mir doch gedacht«,
erklärte sie ruhig, »nur Lieutenant Wheeler kann einen mitten in der Nacht aus
dem Bett holen.«
    »Würden Sie bitte den Sheriff
wecken und ihm sagen, ich sei da?«
    »Ich will es versuchen«,
antwortete sie unsicher. »Ich bezweifle, daß es mir selbst dann gelänge, wenn
der Erzengel Gabriel mir seine Posaune liehe.«
    »Sonst würde ich vorschlagen,
daß Sie die Nadeln aus Ihrem Haar nehmen und wir miteinander durchbrennen.« Sie
fuhr sich lächelnd über ihr graues Haar. »Aber Lieutenant! Das würde diesem
eiskalten Mann doch das Herz brechen!«
    »Wie ist es nur möglich, daß
ich Sie so gern mag und Ihren Mann gleichzeitig so hasse«, meinte ich
verwundert.
    »Das ist doch ganz einfach, Lieutenant«,
antwortete sie. »Ich bin eine Frau — und er ist nur Ihr Vorgesetzter.«
    Sie wandte sich um. »Gehen Sie
jetzt am besten ins Wohnzimmer, und ich werde Seine Majestät wecken. Dann mache
ich etwas Kaffee. Warum ich Ihnen allerdings zu solcher Nachtstunde Kaffee
machen soll, ist mir eigentlich nicht ganz klar.«
    »Weil Sie mich so innig
lieben«, sagte ich. »Geben Sie es nur zu.«
    Fünf Minuten später trat Lavers ins Wohnzimmer.
    »Sie sehen aus, als wären Sie
einem Gespenst begegnet!«

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