Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Unheimliche

Der Unheimliche

Titel: Der Unheimliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
erklärte sie in gefährlich süßem Ton, »daß ich in der Tat nicht sehr
lange versteckt bleiben werde — das verspreche ich dir!«
     
     
     

DREIZEHNTES
KAPITEL
     
    F ünf Minuten vor acht klingelte
es. Ich öffnete die Tür, und da stand sie. Eine strahlende Rothaarige in
schwarzem Kleid, eine Stola aus Silberfuchs um die Schultern geworfen.
    »Treten Sie ein«, hauchte ich,
»bevor ich erwache und Sie verschwunden sind!«
    Wir gingen in das Wohnzimmer, wo Eartha Kitts Thursday’s Child von drei Wänden
widerhallte. Sie legte ihre Stola ab, die ich über eine Stuhllehne warf. Das
Kleid, das sie trug, sah so aus, als würde das Ganze sich bei einem einzigen
Atemzug in nichts auflösen. Es war ein Gedanke, um den sich die Phantasie herum
wob.
    Ich führte sie zur Couch und
behandelte sie sehr zart, für den Fall, daß sie leicht in kleine Stücke
zerbrach. Sie setzte sich, und ich bot ihr eine Zigarette an und gab ihr Feuer.
    »Als nächstes brauchen wir wohl
etwas zu trinken«, meinte ich. »Haben Sie eine besondere Vorliebe?«
    »Etwas mit Eis«, antwortete
sie. »Vielleicht einen Whisky?«
    »Einen Whisky, aber ja!
Entschuldigen Sie mich einen Augenblick.«
    Ich ging in die Küche hinaus
und schloß vorsichtig hinter mir die Tür.
    Es fühlte sich an, als ob mir
jemand Feuer in den Nacken bliese.
    »Ich habe sie gesehen!«
flüsterte Jo ungestüm. »Fünf Minuten gebe ich dir als Äußerstes.«
    »Du traust mir wohl nicht«,
flüsterte ich zurück. »Ich bin sehr enttäuscht.«
    Ich schenkte Whisky in zwei
Gläser und fügte noch etwas zerstoßenes Eis dazu. Ich nahm das Päckchen aus
meiner Innentasche, öffnete es vorsichtig und schüttete den Inhalt in eines der
Gläser.
    »Ist das der Mickey Finn?«
fragte Jo hoffnungsvoll.
    »Nichts wirkt sicherer«,
antwortete ich.
    »Großartig!« Es klang sehr
befriedigt.
    Sorgfältig rührte ich das
Getränk um und trug dann beide Gläser in das Wohnzimmer. Ich reichte Drusilla ihr Glas und hob mein eigenes. »Auf uns beide«,
sagte ich, »und auf Eartha Kitt!«
    Ich trank mein Glas aus und sah
ihr zu, wie sie meinem Beispiel folgte.
    »Das war gut«, erklärte sie.
»Aber heftig! Das nächste trinke ich ein wenig langsamer, falls Sie nichts
dagegen haben?«
    »Ich schenke es gleich ein.
Trinken Sie nur so, wie es Ihnen Spaß macht.«
    Ich trug die leeren Gläser in
die Küche zurück.
    »Hat sie es getrunken?« fragte
Jo besorgt.
    »Sie hat es getrunken«,
antwortete ich. »Jetzt geben wir ihr noch ein paar Minuten, und dann sehen wir
sie uns einmal an.«
    Ich räumte Drusilla zwei Minuten und dreißig Sekunden ein und kehrte dann ins Wohnzimmer zurück.
Völlig entspannt saß sie da, ihren Kopf gegen den Rücken der Couch gelehnt, und
schnarchte leise.
    Jo folgte mir auf den Fersen.
»Jetzt wird’s lustig!« sagte sie, mit einem Leuchten in den Augen. »Was kommt
als nächstes?«
    »Ich trage sie ins Bad«,
erklärte ich ihr. »Und du machst das Entfärbungsmittel im Waschbecken zurecht.«
    Für eine zarte Schönheit war Drusilla ziemlich schwer. Ich war froh, als ich sie
schließlich im Badezimmer hatte. Ich setzte sie auf einem Hocker vor dem
Waschbecken ab. Jo hatte das Entfärbungsmittel bereits gemischt. »Und was nun?«
fragte sie.
    »Wir waschen ihr das Haar mit
dem Mittel. Das rote Haar verschwindet — und vor uns wird eine Aschblonde
sitzen. Geschieht es nicht, kaufe ich mir eine Fahrkarte nach Südamerika ohne
Rückreise, bevor sie den Mickey überwunden hat.«
    Jo machte sich an die Arbeit
und wusch Drusillas Haar, und nach etwa fünf Minuten
blieben nur noch wenige leichtrötliche Strähnen in dem aschblonden Haar. Ich
begann etwas erleichtert aufzuatmen.
    »Jetzt muß ich sie irgendwo
hinbringen.«
    »Das genügt.«
    »Wieso?« fragte Jo. »Warum?«
    »Weil die Verwandlung
vollkommen ist: mit Hilfe eines kleinen Waschbeckens von Drusilla Peace zu Olga Kellner.«
    »Gut«, sagte Jo. »Und was kommt
jetzt?«
    »Jetzt kannst du ihr die Haare
trocknen«, sagte ich.
    »Du meinst, wir müssen sie
irgendwo hinbringen.«
    Ich schüttelte energisch den
Kopf. »Nein — es sei denn, daß du die Nacht über in einem Bestattungsinstitut
sitzen willst.«
    Sie erschauerte. »Ich habe
immer noch Angstträume, in denen ich mich in Kaufmans Keller befinde! Das ist
doch wohl nicht dein Ernst?«
    Ich öffnete Drusillas Handtasche und schüttete den Inhalt auf den Tisch. Einen Schlüsselbund steckte
ich in meine Tasche, in der Hoffnung, daß einer der Schlüssel zur

Weitere Kostenlose Bücher