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Der Unheimliche

Der Unheimliche

Titel: Der Unheimliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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hintereinander... zwei Schüsse aus einer schweren Pistole. Ich fluchte,
als ich die Tür aufriß und in den Gang hinausstürzte.
Daran hätte ich denken sollen! Ich stieß die Tür zum »Raum der Stille« auf und
war in zwei Sätzen im Zimmer.
    Olga Kellner lag noch immer
friedlich auf der Couch, und ihre Hände, über ihrer Brust gekreuzt, hielten
noch immer den Tuberosenstrauß umklammert. Es gab nur
einen wesentlichen Unterschied zwischen jetzt und vorhin. Nun atmete sie nicht
mehr. In ihrer Stirn waren zwei runde Löcher, vom Einschuß an den Rändern verfärbt. Man hatte sie aus nächster Nähe erschossen.
    Etwas anderes wurde mir bewußt.
Bis auf Olga Kellners Leiche war niemand im Zimmer zu sehen. Und das war
unmöglich! Es mußte jemand in diesem Zimmer sein! Ich konnte mir nicht
vorstellen, daß Schlange Lannigan sich unsichtbar
machen konnte — wenn ich auch bisher niemanden gefunden hatte, der ihn tatsächlich
gesehen hatte.
    Ich brauchte zwei Sekunden, um
die Theorie von dem unsichtbaren Schlange Lannigan zu
verwerfen, und das war eine Sekunde zu lang. Eine Sekunde hatte ich verschenkt,
als meine Überlegung mir sagte, daß es nur einen Platz gab, wo er sein konnte.
    Und in dieser Sekunde bohrte
sich der Lauf einer Pistole in meinen Rücken, und seine Stimme sagte:
    »Lassen Sie Ihre Pistole
fallen, Lieutenant!«
    Olgas Leiche war der Beweis
dafür, daß er meinte, was er sagte. Ich ließ die Pistole zu Boden fallen.
    »Und nun stoßen Sie sie mit dem
Fuß weg.«
    Ich stieß, und die Pistole
schlitterte über den Boden und verschwand unter der Couch.
    »Ich wußte«, erklärte er, »daß
Sie hier irgendwo versteckt waren. Ich wußte, daß Sie Olga nicht ermordet
hatten. Es ist bei der Polizei nun einmal nicht Brauch. So habe ich also Ihre
Unterlassungssünde wiedergutgemacht. Und außerdem wußte ich, daß das Knallen
der Schüsse Sie hereinbringen würde.«
    »Und Sie standen hinter der
Tür«, erwiderte ich. »So daß Sie, als ich die Tür aufstieß, von ihr verdeckt
wurden. Ich stürzte wie ein verwundeter Büffel herein!«
    »Sie haben ganz recht!« sagte
er.
    Es folgte eine Stille, die wie
eine Pause zwischen zwei Handlungsperioden war. Die erste hatte mit dem Mord an
Olga Kellner, alias Drusilla Peace ,
geendet. Ich hatte eine unangenehme Ahnung, wie die zweite Periode enden
könnte.
    »Es war von Ihnen sehr
aufmerksam, Olga für mich herzubringen«, fuhr er fort. »Es hätte kaum besser
passen können — oder was meinen Sie?«
    »Es sieht fast so aus,
Schlange«, antwortete ich.
    »Sie haben es wirklich sehr
klug aufgezogen«, fuhr er im Plauderton fort. »Ich könnte mir vorstellen, daß
Ihre Laufbahn dadurch einen steilen Aufstieg genommen hätte. Ich habe das
Glück, daß Sie so gern alles allein unternehmen. Wären Sie hier mit einem
ganzen Schwarm von Streifenwagen erschienen, so wäre das recht ärgerlich
gewesen. Da Sie aber nun einmal alles allein machen wollen, ist die Sache für
mich sehr viel einfacher!«
    Ich zuckte die Schultern.
Jedenfalls versuchte ich es. Aber da sich der kalte Lauf der Pistole in meinen
Rücken bohrte, wurde es nur ein sehr kümmerliches Zucken.
    »Ich würde diese Sache gern zu
einem Ende bringen, Lieutenant«, erklärte Schlange. »Könnten Sie mir den
Gefallen tun und sich dort auf der Couch neben Olga ausstrecken? Es ist ja
Platz genug für Sie beide.«
    »Das reizt wohl Ihren Sinn fürs
Dramatische, Schlange?«
    »Es ist einfach nur praktisch«,
erwiderte er. »Auf diese Weise gibt es nicht zuviel Blut, und man braucht hinterher nicht soviel sauberzumachen. Aber wir können das ganz nach Ihrem Belieben erledigen. Eine
Kugel durch den Kopf — das ist eine schmerzlose Art, zu sterben. Eine Kugel
durch die Wirbelsäule hingegen — das ist weniger schmerzlos und dauert auch
viel länger.«
    »Das wäre ein sehr
überzeugendes Argument«, sagte ich. »Man bekommt beim Verkauf von Särgen wohl
einige Übung im Überreden anderer Menschen.«
    »Sie ziehen also die Couch vor,
Lieutenant?«
    »Wie gesagt — Sie haben mich
dazu überredet.«
    Ich ging zur Couch hinüber und
blickte auf Olga hinab. Sie sah ebenso friedlich aus wie vorher, als sie noch
atmete.
    »Es tut mir leid, daß ich Ihnen
keine Blumen besorgen kann«, sagte er. »Olga hatten Sie ja so rührend Blumen in
die Hände gelegt.«
    »Keine Blumen auf eigenen
Wunsch«, erwiderte ich. »Sagen Sie den Meinen, daß ich mit einem Lächeln auf
den Lippen gestorben sei.«
    »Die Couch, Lieutenant!«
    »Ich

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