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Der Unsichtbare Feind

Titel: Der Unsichtbare Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
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nur.‹ Und dass Sie sich freuen würden, ihn zu sehen.«
    In all den Jahren hatte er gelernt, dass diese Frau mit Sicherheit niemals etwas vergaß. »Martha!«, rief er in scharfem Ton. »Das haben Sie absichtlich nicht erwähnt.«
    »Also, warum sollte ich so etwas wohl tun?«, rief sie über die Schulter hinweg, während sie zur Wohnungstür ging, und ihre Stimme war voll unschuldiger Überraschung.
    Vielleicht weil du gedacht hast, dass ich es niemandem erlauben würde, auch nicht einem alten Kumpel wie Greg, dass er mein nächtliches Selbstmitleid stört, dachte Steele und wurde sekündlich noch griesgrämiger.
    Der große Mann, der mit festem Schritt den Raum betrat, trug einen makellosen dunklen Anzug mit grauem Hemd und rabenschwarzer Krawatte. Er sah schlank und fit aus. Wenn sich auch seine gekräuselten blonden Haare bereits auf den Rand seines kahlen Schädels zurückgezogen hatten, wirkte er jünger als Steele, obwohl sie in etwa gleichaltrig waren. Mein Freund, wie immer siehst du sehr eitel aus, dachte Steele, der ausgesprochen übel gelaunt war.
    Steele fand schon immer, dass Stanton ein wenig fanatisch war, wenn es um sein Aussehen ging. Als sie sich in der medizinischen Fakultät kennen lernten, war Greg ein eifriger Schwimmer gewesen, nicht so sehr, um in Form zu bleiben oder Wettbewerbe zu gewinnen, sondern um einen Waschbrettbauch zu haben, wenn er das Hemd auszog. Als er frühzeitig sein Haar verlor, wurde er noch mehr von seinem Training besessen. »Hey, die einzige Möglichkeit, mein jugendliches Aussehen zu behalten, ist ein flacher Bauch«, flachste er oft.
    »Das und großartiger Sex«, stimmte seine Frau Cindy ihm für gewöhnlich zu.
    Nachdem er Dekan geworden war, hatte er sein Programm um hochwertige Anzüge erweitert.
    Steele stand auf, tätschelte unbewusst den kleinen Bauchansatz, den er sich zugelegt hatte, seitdem er nicht mehr arbeitete, und strich seine verknitterte Strickjacke glatt. »Du siehst großartig aus, und wie immer wie aus dem Ei gepellt, Greg. Ich brauche dich nur zu sehen, und schon fühle ich mich heruntergekommen.«
    »Hi, Richard«, begrüßte ihn sein Freund herzlich. »Hast du deswegen nicht mehr auf meine Anrufe geantwortet? Ich verspreche dir, fett zu werden, wenn es dir dadurch besser geht.«
    Bei dem Seitenhieb zuckte Steele zusammen. Er musste sich eingestehen, dass er absichtlich das Schlechteste von dem Mann gedacht hatte. Auch das war ein Teil seines ununterbrochenen Kampfes, sich alle vom Leib zu halten, die ihn an die glücklichen Zeiten erinnerten, als Luana noch am Leben war. Besonders hart hatte er daran gearbeitet, Greg Stanton aus dem Weg zu gehen.
    Der Mann hatte mehr als einmal versucht, für ihn da zu sein, als Luana starb. Das hatte Steele nicht überrascht. Schon zu ihren gemeinsamen Studentenzeiten hatte er immer schnell moralische Unterstützung angeboten, und sein beißender Witz und seine Vorliebe für hervorragende Leistungen waren ein perfektes Stärkungsmittel gegen die Mutlosigkeit gewesen, die alle Ärzte in der Ausbildung von Zeit zu Zeit bekämpfen mussten. Auch waren sie sich nicht nur als Studienkollegen näher gekommen. Nach Steeles Hochzeit mit Luana waren Greg und Cindy, die beide gerne ausgingen, bald eng auch mit ihr befreundet, sodass sie alle vier fröhliche Zeiten miteinander verbrachten. Dann erschienen Kinder auf der Bildfläche. Gregs zwei Töchter, die mehrere Jahre jünger waren als Chet, waren für den Jungen wie Schwestern, und er genoss es, für die beiden den älteren Bruder zu spielen. Sie alle waren durch Luanas Tod am Boden zerstört, und Gregs Familie scharte sich um Steele und Chet und tat ihr Möglichstes, um sie zu trösten. Aber Steele, der Himmel und Hölle daran setzte, um alle Erinnerungen an das, was er verloren hatte, auszusperren, lehnte all ihre zahlreichen Versuche ab, bei ihm zu sein; zunächst, indem er ihre Angebote mit der Begründung abwies, zu beschäftigt zu sein – und dann reagierte er überhaupt nicht mehr auf ihre Anrufe. Schließlich riefen zunächst Cindy und dann auch Greg nicht mehr an.
    »Warum rufen Sie sie nicht an?«, hatte Martha fassungslos gefragt.
    Weil sie endlich kapiert haben, dass sie mich allein lassen sollen, dachte er für sich und suhlte sich in seinem Selbstmitleid.
    Ja, Greg Stanton war ein eitler Mann, aber er war auch der beste Kumpel, den Steele je gehabt hatte. »Es tut mir Leid, Greg. Ich war ein Esel«, entgegnete er und riss sich selbst aus diesen

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