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Der Unsichtbare Feind

Titel: Der Unsichtbare Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
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zurück und verzog das Gesicht, als ob er gerade in eine Zitrone gebissen hätte. »Da-ad!«, protestierte er, wobei es ihm gelang, das Wort zweisilbig auszusprechen. Unruhig verlagerte er ständig sein Gewicht von einem Bein auf das andere.
    »Ist schon gut, Sohnemann. Ich werde dich nicht mehr behelligen. Du sollst nur wissen, dass ich dich lieb habe und dass ich versuchen werde, hier nicht mehr so ein Ekel zu sein. Wenn ich doch eins bin, gibst du mir schnell einen Tritt in den Hintern, okay?«
    Die Anspannung in Chets Gesichtszügen verwandelte sich langsam in Unglauben. »Hast du die ganze Nacht gebraucht, um dir diesen sentimentalen, zuckersüßen Mist auszudenken? Mein Gott!«
    Autsch!, dachte Steele und merkte, wie die Frustration in ihm hochstieg. »Komm, setz dich«, beharrte er in der Hoffnung, dass er denselben beruhigenden Einfluss auf seinen Sohn ausüben würde, den er routinemäßig in den schlimmsten Krisen über eine ganze Notaufnahme verbreiten konnte. »Ich gebe zu, dass ich da ungeschickt bin. Ein Grund dafür, dass es so seltsam klingt, ist vielleicht, dass wir wirklich lange nicht mehr miteinander gesprochen haben –«
    »Und wer ist schuld daran?«, schnappte Chet.
    »Ich«, erwiderte Steele sanft und sah seinen Sohn die ganze Zeit an.
    Dass er dies zugab, verschlug dem Jungen offenbar die Sprache. Er wurde rot und musste dann mehrfach schlucken, als ob ihm ein Frosch im Hals steckte.
    »Deine Mutter konnte ihre Gefühle mit Worten ausdrücken«, fuhr Steele fort. »Ich gebe zu, dass mir das verdammt schwer fällt. Aber das heißt nicht, das wir es nicht versuchen können, selbst wenn wir uns damit schwer tun. Immerhin, du und ich – wir haben doch nur uns beide –«
    »Glaubst du vielleicht, dass ich das alles nicht weiß!«, schrie Chet. »Jeeesus, du behandelst mich immer noch wie ein kleines Kind. Und es war Mom, die aus uns eine Familie gemacht hat – sie wusste, wie das geht. Du wirst das nie wissen!« Wütend schulterte er seine Schultasche, holte sich ein paar Joghurts aus dem Kühlschrank und stampfte aus dem Haus.
    »Jeeeesus!«, murmelte Steele und streckte den Fluch lang genug, um seinen Sohn um wenigstens eine Silbe zu übertreffen.
    »Haben Sie es?«, fragte der Mann, kaum dass Morgan den Hörer abgenommen hatte.
    »Ja, sie hat es gestern Abend sicher abgeliefert, sobald sie aus dem Flugzeug aus Marseille ausgestiegen war.«
    »Und was gibt es Neues über die Polizeiermittlungen dort?«
    »Nach allem, was sie berichtet, scheint sich alles in unserem Sinne zu entwickeln. Die Behörden behandeln den Fall, als ob Pierre Gaston einfach abgehauen wäre. Seine Vermieterin hat bestätigt, dass er sich im vergangenen Jahr mit einer ziemlich gut aussehenden Frau getroffen hat. Sie kennen die Franzosen – die nehmen an, dass es eine Liebesaffäre ist und er sich irgendwo versteckt hat, um einem wütenden Ehemann aus dem Wege zu gehen.«
    »Was ist, wenn sie die Leiche finden?«
    »Das, hat man mir versichert, ist höchst unwahrscheinlich.«
    Der Anrufer dachte schweigend darüber nach. »Trotzdem war das auf jeden Fall eine viel zu riskante Operation«, sagte er nach einem Moment. »Wir können uns keine weiteren Aktionen dieser Art leisten. Sagen Sie Ihrer ›Botin‹, dass sie ihren Boss entsprechend informieren soll.«
    »Ich werde der Frau überhaupt nichts sagen. Einer ihrer Leute hat mir beschrieben, wie sie Gaston ins Jenseits befördert hat. Sie mag zwar toll aussehen, aber für meinen Geschmack macht ihr das, was sie tut, ein bisschen zu viel Spaß. Übrigens hatte sie eine Nachricht für Sie.«
    »Nämlich?«
    »Ihr Boss ist immer noch ungeduldig.«

6
    Fünf Wochen später, Dienstag, 29. Februar 2000, 1.00 Uhr
    Morgan spürte, wie sich sein Magen zusammenzog, und er musste würgen, als der Hubschrauber vornüberkippte, im Sturzflug in die Dunkelheit eintauchte und ihn in den Sicherheitsgurt presste. »Scheiße! Keine Cowboyspiele, hab ich gesagt!«, schrie er in das Mikrofon seines Kopfhörers.
    Der Mann neben ihm antwortete darauf, indem er den Steuerknüppel nach links zog und die Maschine durch eine Kurve rauschen ließ, die der Stolz jeder Achterbahn wäre. Genauso abrupt zog er wieder hoch, wobei er in die Dunkelheit des Cockpits grinste, und ließ das wendige, unbeleuchtete Vehikel haarscharf über ihr eigentliches Ziel, ein Feld mit zwei Wochen altem Futtermais, hinwegrasen. Er betätigte einen Schalter, und ein Scheinwerfer unter dem Rumpf beleuchtete die

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