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Der Unsichtbare Feind

Titel: Der Unsichtbare Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
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nicht im Voraus wissen, was was ist, und ein unbeeinflusstes Urteil abgeben.«
    Butkis schien sich nicht sonderlich dafür zu interessieren. »Wie viel?«, fragte er mit breitem Südstaatenakzent und kippte sein Bier. Nach wenigen Minuten hatte er einem enormen Pauschalpreis zugestimmt, der sowohl seine Dienste als auch sein Versprechen umfasste, dass er den Mund halten würde.
    Morgan starrte weiter nach vorn in die Dunkelheit und umklammerte jedes Mal, wenn aus der Nacht ein Nebelstreif auf ihn zutrieb, die Armlehnen. Er fühlte sich immer noch nicht wohler als zu Beginn des Fluges und erwartete immer noch, dass plötzlich ein Gebäude oder ein Baum in ihrer Flugbahn auftauchen würde, obwohl er wusste, dass Butkis' Sicht fast so klar war wie am Tage. »Nächstes Mal bringen Sie mir auch solch eine Nachtbrille mit«, forderte er durch das Mikrofon von dem Piloten. »Es ist verdammt nervenaufreibend, absolut nichts sehen zu können.«
    »Mein Gott! Ein Haus!«, kreischte Butkis und zog die Maschine mit einem scharfen Ruck ein paar Fuß in die Höhe.
    Morgans Herz schlug ihm bis zum Hals, bis er Butkis' meckerndes Lachen in seinem Kopfhörer hörte und begriff, dass es nur ein Ulk gewesen war. »Sie Arschloch! Das ist nicht witzig!«, schrie er.
    Einige Stunden später hatten sie die zu besprühenden Felder präpariert und landeten neben dem isolierten Gleis, auf dem der Tankwagon wartete. Butkis, der die Industriegasmaske und die Schutzkleidung aus Gummi trug, die er für gewöhnlich anzog, wenn er mit Insektiziden hantierte, schloss die entsprechenden Schläuche an und pumpte den Inhalt des Tankwagons in die Container des Hubschraubers. Obwohl die Maschine jedes Mal elfhundert Liter laden und bis zu hundertzehn Liter pro Minute versprühen konnte, würde es nach Morgans Berechnungen immer noch zehn Nächte dauern, bis sie die ganze Fläche abgedeckt hatten, die zu bearbeiten war.
    In seiner Aktentasche hatte er die Telefonnummern von sechs Piloten, die er zusätzlich zu Butkis rekrutiert hatte. Sie waren in Bereitschaft und warteten nur auf seinen Bericht, wie die erste Mission in dieser Nacht verlaufen war, um dann anderswo im Land gleichartige Operationen zu starten. Ein halbes Dutzend voll beladener Tankwagons wie dieser stand schon überall in den südlichen USA in der Nähe von Biofeed-Geländen bereit, und jede Woche schickte Agrenomics International einen weiteren auf den Weg.
    Minuten später flogen er und Butkis wieder dicht über das Feld, das sie gerade verlassen hatten. »Das ist schon besser«, kommentierte der Pilot, als er die Sprühdüsen aktivierte und dabei aus dem Seitenfenster spähte. »Das Zeug kann ich sehen.«
    Morgan saß still, wie angewurzelt. Bis jetzt war er mit der Logistik beschäftigt gewesen, die zur Durchführung ihres Planes notwendig war, mit der Gefahr, erwischt zu werden, und mit den körperlichen Risiken für sie selbst, wenn sie mit den Stoffen, die sie benutzten, einen Fehler machten. Aber jetzt, da er die ersten ihrer Vektoren freiließ – und sie damit unwiderruflich in die Nahrungskette einschleuste –, brach ihm angesichts des ungeheuerlichen Ausmaßes dessen, was er in Gang gesetzt hatte, der kalte Schweiß aus.
    Nicht dass er plötzlich sein Gewissen entdeckt hatte oder dass er von später Reue ergriffen wurde. Sicherlich hatte er genug Gier in sich und war ausreichend auf Profit aus, um derartige Störungen zu überwinden. Nein, er schrieb es dem Gefühl zu, das in seiner Vorstellung ein Mörder Sekunden nach seinem ersten Mord verspürte: dass er nämlich in aller Ewigkeit nicht ungeschehen machen konnte, was er gerade getan hatte. Nur dass er in diesem Fall die allererste genetische Massenvernichtungswaffe der Welt entfesselt hatte.
    Er versuchte alle Gedanken daran zu vertreiben, was jetzt unter ihm geschehen würde, aber im Geiste kehrte er immer wieder zu einem Briefing zurück, auf dem einer der überlebenden Gentechniker des ›Kunden‹ alles nur zu gut und mit großem Eifer erklärt hatte. »Die nackten Vektoren mit den Virusgenen werden in ein Spray aus Fettpartikeln gehüllt, damit sie intakt bleiben, und dringen rasch in die kleinen Öffnungen ein, die die vorhergehende Bombardierung in den Zellwänden der Maissprösslinge erzeugt hat. Bis zu diesem Zeitpunkt werden diese Zellen auf die Verletzungen reagieren, wobei auch Ligasen freigesetzt werden, also die Enzyme, die als Teil des Reparaturmechanismus der Zellen darauf spezialisiert sind, Sequenzen

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