Der Unsichtbare Feind
wollen, Sydney. Die wir alle haben wollen. Aber wie Dr. Sullivan in ihren Veröffentlichungen wiederholt feststellt und wie es die Webseite von Environment Watch im Internet kürzlich dargelegt hat, kann die willkürliche Kontamination pflanzlicher Lebewesen durch Genvektoren nicht richtig eingeschätzt werden, ohne dass die Forscher wissen, wonach sie suchen und welche Primer sie benutzen müssen –«
»Ja, ja, Steve, all diese hypothetische Angstmacherei haben wir schon gehört«, unterbrach ihn Aimes und drehte die Augen zur Decke, um seine Verärgerung zu unterstreichen. »Und wie üblich haben Sie nichts Neues zu bieten! Begeben Sie sich doch endlich in das Reich der wahren Wissenschaft und geben Sie zu, dass es keinen Beweis gibt, dass genetisch modifizierte Nahrungsmittel tatsächlich schädlich für die menschliche Gesundheit sind.«
Aus der Bekanntschaft der beiden Männer schloss Steele sehr bald, dass die zwei sich in der neuesten Runde eines seit langem etablierten öffentlichen Streites befanden. Solche Dauerfehden waren in seiner eigenen Welt der Medizin Legion, und er hatte genug von ihnen miterlebt, um die Zeichen zu kennen – Kombattanten, die sich gegenseitig gut kannten; Positionen auf beiden Seiten, die unverrückbar abgesteckt sind; und beide auf peinliche Weise allzeit bereit, ihre Schau abzuziehen, auf jedem Forum, das sie finden können, dieselben alten Argumente herunterzuleiern. Bei diesen eingefahrenen Ritualkämpfen ging es nicht um Inhalte, sondern darum, sich in Positur zu setzen und mit Nachdruck seine Erklärungen abzugeben.
»Aber wir haben sehr wohl etwas Neues, Sydney«, erklärte Patton, drückte einen Knopf auf einer Fernbedienung, die per Kabel mit dem Podium verbunden war, und füllte die Leinwand hinter sich mit einem Dutzend vertikaler Säulen in leuchtenden Farben. Aimes schien von dem unerwarteten Diagramm gefangen zu sein, wie ein Tier von den Lichtern eines sich nähernden Lastwagens hypnotisiert wird.
»Der Blue Planet Society ist es gelungen, Genetiker aus verschiedenen kommerziellen Laboratorien in einer ganzen Reihe von Ländern zu finden, die unsere Sorgen über die Risiken nackter DNA teilen«, fuhr Patton fort. »Sie haben uns insgeheim mit Proben ihrer Vektoren versorgt, zusammen mit Proben von Pflanzen, Gras und Bäumen, die auf ihren Betriebsgeländen wachsen.«
Aufgeregtes Gemurmel verbreitete sich im Saal.
»Ja, meine Damen und Herren, ich bin stolz, Ihnen unsere Ergebnisse präsentieren zu können, nachdem wir endlich in der Lage waren, eine genaue Suche nach unbeabsichtigten genetischen Kontaminationen und Verseuchungen durchzuführen.« Er lenkte seinen Laserpointer so, dass er auf die Spitzen des Säulendiagramms zeigte. »Jede Säule stellt den Prozentsatz positiver Ergebnisse in einer einzelnen Fabrik dar. Wie Sie sehen, fanden wir heraus, dass die Vektoren in jedem einzelnen Fall in hohen Konzentrationen vorhanden waren.«
Explosionsartig erhoben sich zahlreiche Stimmen, und diesmal war Aimes an der Reihe, mit offenem Munde dazustehen. »Das ist ein Haufen Lügen«, fasste er sich wieder. »Und woher wissen wir, dass Sie die Beweise nicht getürkt haben?« Andere stimmten mit ein und schleuderten ähnliche Anschuldigungen in den Raum.
Patton ignorierte sie alle, projizierte Dias mit anderen Diagrammen auf die Leinwand und erklärte ihre Bedeutung, wobei sich seine Stimme wie die eines Wanderpredigers erhob und den Chor aus Ableugnung und Unglauben übertönte, der ihm bei jeder Enthüllung entgegenschlug. »Hier zeigen wir, dass die Konzentration in Blättern signifikant ist, nicht jedoch in Wurzeln, was auf eine Kontamination durch die Luft schließen lässt.«
Eine neue Sinfonie mischte sich in die erhitzten Gemüter.
»Mein Gott, nein.«
»Damit ist das Geschäft im Eimer.«
»Ich muss meinen Börsenmakler anrufen.«
Journalisten, die an der Rückwand des Saales versammelt waren, begannen zur Bühne vorzukommen und tauchten alle in gleißendes Flutlicht, als sie ihre Videokameras einschalteten.
»Auf diesem Dia wiederum können wir sehen, wie hohe Werte in den Wurzeln und geringere Mengen in den Blättern darauf hindeuten, dass nackte DNA auch durch den Boden aufgenommen werden kann.«
Steele war fasziniert von den vielfältigen Informationen, die in schneller Folge auf der Leinwand auftauchten. Er hatte kaum genug Zeit, um auch nur ansatzweise zu begreifen, was dies alles bedeutete, als er Patton sagen hörte: »Das ist das letzte
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