Der unsichtbare Feind (German Edition)
Gerichtsmedizin
überstellt. Eine Routineuntersuchung“, sprach sie mit auf dem Boden gerichteten
Blick, „nach Abschluss der Standarduntersuchungen stellte ich fest …“
Das schrille Ertönen einer
Sirene unterbrach sie jäh. Tanja riss die Augen auf, während Stark zum Bullauge
hastete.
„Scheisse!“, fluchte er,
„Doktor Pavlova, wir müssen weg.“
„Weg?“, fragte sie, „wir
sind auf einem Schiff!“
„Ich weiß“, antwortete Stark
achselzuckend, „mir fällt schon was ein.“
Stark beobachtete, wie sich
das wendige Motorboot der Wasserpolizei an der Backbordseite der MS Danube näherte.
Die Signallampen an Bord des
Bootes erwachten zum Leben und tauchten das Wasser in ein schrilles Blau. Ein
Mann in Uniform und schwarzer Schwimmweste, auf der in weißen Lettern „Polizei“
aufgedruckt war, klammerte sich mit einer Hand an die Reling des Bootes,
während er durch ein Megafon sprach.
Stark konnte durch die gedämmten
Außenwände der MS Danube nicht verstehen, was der Mann sagte, aber er konnte es
sich vorstellen. Ein kalter Schauer lief über seinen Rücken. Tanja drängte sich
dicht neben ihn und verfolgte mit angstgeweiteten Augen das Geschehen.
Dann beschleunigte das Boot
und drang in das Kielwasser der MS Danube ein. Das Boot beschleunigte weiter
und arbeitete sich bis zum Bug der MS Danube vor. Dann verschwand es aus Starks
Sichtfeld.
Das zuvor monotone Geräusch
der Schiffsmotoren schien sich zu verändern. Ein Blick durch das Bullauge
bestätigte Starks Befürchtungen. Sie wurden langsamer.
„Das kann nur eines bedeuten“,
dachte er, „sie sind hier um die MS Danube zu durchsuchen.“
Kapitel 18
Stark rannte den engen
Korridor unter Deck der MS Danube entlang. Im Schlepptau hatte er Tanja, die nur
mit größter Mühe Schritt halten konnte. Ihre Atmung war schnell und
unregelmäßig.
Der Schiffsmotor war
mittlerweile zu einem kaum wahrnehmbaren Hintergrundgeräusch verstummt und lediglich
damit beschäftigt, das Schiff in seiner Position zu halten.
„Wir müssen auf die
Steuerbordseite“, instruierte er Tanja und stieß eine Tür auf. Heißer Dampf
drang durch die Öffnung. Im vollständig verfliesten Raum herrschte eine
Geschäftigkeit wie in einem Bienenkorb. Köche mit weißen Schürzen und karierten
Hosen schnitten eifrig an Karotten und Zwiebeln, während sich andere um den
Tafelspitz kümmerten, der gemächlich in Rinderbrühe garte. Hinter einer
Nirostaarbeitsfläche auf der ein hölzernes Schneidbrett und ein Messerblock
Platz fanden, fauchte der Küchenchef ungehalten auf einen der Kellner ein: „Das
ist mir in dreißig Jahren noch nie passiert, dass mir der Tafelspitz zerkocht. Es
ist mir scheissegal was die Polizei will, das Essen muss raus!“
Mit rotblau verfärbtem Kopf
schrie er weiter auf das Servicepersonal ein, während Stark und Tanja durch die
Küche hasteten. Stark rutsche in einer Pfütze aus und krachte direkt in einen
Kellner, der rücklings zu Boden fiel. Das Tablett, gefüllt mir Appetithäppchen
aus Flusskrebsfleisch und Lachs, garniert mit feinstem Kaviar, das er in Händen
gehalten hatte, flog in hohem Bogen durch die Küche und krachte klirrend vor
den Füßen des Küchenchefs zu Boden. Der Mann, dessen Kochhaube bis unter seine
Augenbrauen gerutscht war, hielt fassungslos Inne. Seine rötliche Gesichtsfarbe
schlug in tiefes Blau um. Er ballte seine Hände zu Fäusten, während sich jeder
seiner Gesichtsmuskeln verkrampfte. Während Tanja Stark wieder auf die Füße
half, zog der Küchenchef das Geschirrtuch aus dem Bund seiner Schürze und warf
es zornig zu Boden: „Was machen Zivilisten hier in meiner Küche? Bin ich denn
nur noch von Stümpern umgeben?“, fluchte er fassungslos.
Stark und Tanja rannten an
dem erbosten Mann vorbei, durch eine Tür am anderen Ende der Küche, in die eine
kreisrunde Glasfläche eingelassen war. Stark stieß sie mit seiner Schulter auf,
und fand sich erneut in einem schmalen Gang mit PVC Boden und cremefarbenen
Wänden wieder.
Die Beiden sprinteten über
die Treppe am Ende des Ganges, die in einen weiteren Korridor mündete.
Stark deutete auf ein grün
leuchtendes Schild, das einen Notausgang markierte. Er nahm Tanja bei der Hand
und drückte die zweiflügelige Tür auf. Er bremste abrupt und stieß Tanja zurück
in den Raum. Stark wankte an der Kante, die der Türrahmen umschloss. Unter ihm
tat sich ein Abgrund auf. Durch entsetzte Augen sah er drei Meter unter sich
das Wasser gegen sie Schiffswand
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