Der unsichtbare Feind (German Edition)
Augen lag ein harter Glanz, „aber bis heute versuche ich es.“
„Ich bin mir sicher, du
wirst eines Tages Erfolg haben“, sagte sie und gab ihm einen warmen Kuss auf
die Wange.
„Also gut, genug geredet“,
sagte Stark sichtlich verwirrt, „gehen wir weiter. Umso schneller sind wir
wieder raus hier.“
Er nahm sie an der Hand und gemeinsam
gingen sie die Treppen der Bogenbrücke hinunter, die über den Wienfluss
führten.
„Es ist nicht mehr weit“, sagte
Stark, „gleich hier müsste eine Tür sein …“
Nach kurzem Abtasten der Wand
stieß er auf eine Tür mit gewöhnlichem Öffner, die seiner Meinung nach einer
Brandschutztür ähnelte, und öffnete sie: „Nur noch zehn Schritte geradeaus und
dann sind wir schon da.“
Widerwillig folgte ihm
Tanja.
Der schmale Gang mündete
schließlich in einer gusseisernen Tür, die zur Hälfte offen stand.
„Wir sind da“, lächelte Stark
in die Dunkelheit.
In der hinteren Ecke des
Raumes, den sie gerade betreten hatten, ertastete Stark, wie von Jonny
prognostiziert, einen Tisch. Darauf befand sich eine Kerze samt einer Schachtel
Zündhölzer. Als Stark ein Zündholz an der Schachtel rieb, wurde der Raum,
begleitet von einem zischenden Geräusch, in gleißendes Licht getaucht. Stark,
dessen Netzhäute protestierend Schmerz aussandten, wandte seinen Blick ab, bis
der Schwefel abgebrannt war. Danach entzündete er die Kerze und stellte sie auf
dem Tisch ab. Die Kunststofffassung der Friedhofskerze warf rote Schatten,
gesäumt von Kreuzen an die Wand. Stark hatte das Gefühl, in einem schlechten
Horrorfilm gefangen zu sein, in dem er und Tanja die nächsten Opfer spielten.
Er schüttelte die Gedanken ab und wandte sich Tanja zu: „Hab ich dir schon
gesagt …“
„… dass ich das toll mache“,
unterbrach sie ihn, „Ja! Lass uns bitte tun, weswegen wir hier sind und dann
auf dem schnellsten Weg aus dieser Hölle verschwinden.“
Verwundert von Tanjas neu
entdeckter Direktheit, richtete er seine Konzentration auf das, was vor ihm lag.
Ein fensterloser Raum umschlossen von kaminroten Ziegeln. Aus den Fugen des
Halbkreisgewölbes wucherten Wurzeln und wirkten in dem schummrigen Licht, wie
dürre Finger die nach ihnen lechzten.
Starks Blick suchte den Raum
ab. Am von Schutt gesäumten Boden erregte ein silberner Koffer sein Interesse.
Er griff sich die Friedhofskerze und stellte sie neben dem Behältnis ab. Starks
Atem umwaberte die Außenhaut des Aluminiumkoffers, auf dem sich augenblicklich
ein dünner Film Kondenswasser bildete. Mit der Kerze beleuchtete er den Koffer
von allen Seiten.
„Interessant“, sagte er.
„Was? Was siehst du?“, bückte
sich Tanja neugierig zu ihm herab.
Stark deutete auf die
Stirnseite des Koffers, an der die Buchstaben D und S eingraviert waren.
„Vielleicht Initialen?“, war
das Erste, das Tanja einfiel.
„Ja das denke ich auch“,
bestätigte Stark ihre Vermutung.
Er bemerkte, dass das
Schloss des Koffers entriegelt war. Behutsam öffnete er den Verschluss und klappte
den Deckel auf.
Tanja streckte ihren Hals,
um einen Blick zu erhaschen.
Stark legte die Stirn in
Falten, der Koffer war leer. Er öffnete angespannt den Teiler, nur um
festzustellen, dass sich auch in diesem Fach nichts befand.
„Scheiße“, fluchte er, stand
auf und wanderte ziellos durch den Raum, „wir sind wieder am Anfang!“
Tanja achtete nicht auf
Stark. Sie zog den Koffer an sich heran und durchsuchte ihn erneut. Ein tiefes Seufzen
entwischte ihr, als sie dasselbe feststellte, wie wenige Momenten zuvor Stark.
Resignierend streckte Tanja
bereits ihre Beine durch, um aufzustehen, als ihr Blick auf ein Stück eines
kleinen weißen Objektes, das hinter einer aufgerissenen Naht zwischen Aluminium
und Samtstoff im Koffer hervorlugte, fiel.
„Gabriel, da ist etwas!“, stieß
sie aufgeregt hervor.
Stark fuhr herum und hastete
zu ihr. Tanja umfasste den Stoff und riss mit einer schnellen Bewegung die Naht
weiter auf. Sie griff in den schmalen Spalt und holte das Objekt hervor. Über
der zittrigen Flamme der Kerze begutachtete sie die Karte interessiert. Sie
hielt eine Plastikscheckkarte in Händen. Auf dem weißen Kunststoff war ein Logo
aufgedruckt.
„HumanPharm“, sagte Stark,
„die kenne ich. Ein Schweizer Pharmakonzern. Die haben eine riesige
Niederlassung in Wien. Sie wird von einem privaten Sicherheitsdienst wie eine
Militärbasis bewacht.“
Tanja drehte die Karte. Auf
der anderen Seite war ein schwarz umrandetes Kästchen
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