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Der unsichtbare Feind (German Edition)

Der unsichtbare Feind (German Edition)

Titel: Der unsichtbare Feind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nate Reynolds
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sagte er und
nahm vorsichtig eine Treppe nach der anderen, bis die Dunkelheit sie beide
verschluckt hatte.
    „Nun Gabriel“, flüsterte
Tanja, „warum verwenden wir noch mal keine Taschenlampe?“
    „Ganz einfach. Jonny hat
diesen Weg noch nie bei Licht genommen, es herrschte immer absolute Finsternis.
Seiner Beschreibung können wir nur dann folgen, wenn wir, so wie er, all unsere
anderen Sinne einfach ausknipsen. Außerdem haben wir keine Taschenlampe“, fügte
er schmunzelnd hinzu.
    „Das kling ja ermutigend“,
stammelte Tanja und drückte Starks Hand, wie eine gebärende Frau, noch fester
zwischen ihre Finger. Tanja tat sich schwer, nicht auf Stark aufzulaufen und
gleichzeitig nicht zurückzufallen. Je tiefer Tanja hinabstieg desto mehr legte
die Kälte ihren eisigen Griff um sie. Ohne Starks Hand loszulassen, knöpfte sie
ihre stinkende Jacke zu. Tanja spürte die Unebenheiten unter ihren Füßen, die
die Bretter der Schalung hinterlassen hatten, als diese Stiege vor vielen
Jahren betoniert wurde. Nach einem scheinbar endlos langen Abstieg hatten die
Beiden schließlich den Fuß der Treppe erreicht. Stark hatte sich die Beschreibung,
die ihm Jonny ins Ohr geflüstert hatte, im Stillen immer wieder vorgesagt, um
keines der Details zu vergessen.
    Mit seiner rechte Hand
tastete er blind seine unmittelbare Umgebung ab. Nachdem er zwei Mal nichts
weiter als kühle Luft aufgewirbelt hatte, stieß er auf das, was er suchte. Ein
dünner, aus Stahl gegossener Handlauf, der im Dunkel der Wiener Unterwelt
einsam vor sich hin rostete.
    „Ich habe das Geländer
gefunden“, flüsterte er Tanja zu, während er in die Finsternis starrte.
    Mit vorsichtigen Schritten
tastete er sich vor und zog Tanja dicht hinter sich nach. Außer seinem Atem und
einem gelegentlichen Tropfen von der Decke herrschte absolute Stille. Beim
besten Willen konnte Stark nicht sagen, ob er sich in einem schmalen Gang oder
in einem weitläufigen Raum befand. Hierher verirrte sich nicht ein einziger
Sonnenstrahl. Es schien, als wäre dieser Ort von Gott selbst verlassen.
    Als der Handlauf schließlich
abrupt endete, blieb Stark stehen: „Warte hier auf mich, ich bin gleich wieder
zurück“, hallten seine Worte von den Wänden wieder.
    Langsam tat er einen Schritt
nach dem anderen, ungewiss, welche Hindernisse auf ihn warten würden. Nach
exakt fünf Schritten blieb er wieder stehen und streckte seinen Arm vor der
Brust aus.
    „Dieser alte Halunke“, kicherte
Stark aufgeregt, als er den kalten Stahl einer massiven Tür vor sich ertastete.
Jonny hatte recht behalten. Er trat näher an die Tür heran und suchte sie nach
einem Riegel ab. Als er ihn gefunden hatte, drückte er ihn nach oben und
stemmte sich mit all seiner Kraft gegen die Tür, bis diese schließlich
quietschend nachgab. Durch den größer werdenden Spalt drangen plätschernde
Geräusche an seine Ohren. Es war genauso, wie Jonny es gesagt hatte. Hinter der
Stahltür war tatsächlich der Wienfluss zu hören, der sich in seinem Betonbett durch
die Kanalisation wälzte.
    „Komm zu mir Tanja. Folge
dem Geräusch des Wienflusses“, sagte Stark und streckte seine Hände in die
Dunkelheit.
    Als die Beiden sich gefunden
hatten, gingen sie gemeinsam durch die Tür. Noch immer herrschte völlige
Finsternis. Feucht-modriger Geruch stieg ihnen in die Nase. Zu Starks rechter
Seite ertastete er eine Ziegelwand. Zu seiner Linken wurde der schmale Steg,
neben dem der Wienfluss durch seinen künstlich geschaffenen Lauf floss, von einem
weiteren Geländer begrenzt. Verstärkt von dem Widerhall der plätschernden Geräusche
von den Wänden, konnte man seine eigenen Gedanken kaum hören. Als Stark bei
einhundertsiebenundzwanzig Schritten angelangt war, ertastete er eine morsche
Holztreppe, die über den Fluss führte. Kritisch prüfte er jede der Treppen,
indem er sein Gewicht vorsichtig darauf verlagerte, bevor er sie betrat.
Bedrohliches Knarren ertönte unter seinen Füßen, aber das Holz hielt seinem
Gewicht stand. Als er auf dem obersten Treppenabsatz, direkt über dem Fluss,
angekommen war, instruierte er Tanja, ihm zu folgen.
    Vorsichtig tat sie einen
Schritt nach dem anderen. Das Knarren unter ihren Füßen ließ ihre Knie weich
wie Pudding werden.
    „Es sind nur sieben Stufen
Tanja, zwei hast du schon geschafft“, sprach ihr Stark Mut zu.
    Vorsichtig setzten sie ihren
Fuß auf die nächste Treppe. Wieder erklang ein gequältes Grollen des alternden
Holzes. Tanja spürte, wie sich die Latte

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