Der unsichtbare Feind (German Edition)
Virus gegen uns tut!“, rechtfertigte sich der
alternde Mann.
„Was sind denn nun die
Maßnahmen, die zur Eindämmung des Killervirus …“, Hauer ließ dieses Wort mit
einer Kunstpause die volle Wirkung entfalten, „… weiter ergriffen werden?“
Der Polizeikommandant sah
sich einem Meer aus Mikrofonen gegenüber. Jeder Reporter, dessen Arme lang
genug war, richtete sein Mikrofon auf ihn.
Hahn strich sich die frisch
gestärkte, graue Uniform mit den golden glänzenden Offiziersabzeichen zurecht,
räusperte sich und ergriff dann das Wort: „Wir gehen davon aus, dass bereits
mehrere Tausende Menschen infiziert sind“, schluckte er.
Auf Tanjas Stirn zeichneten
sich tiefe Sorgenfalten ab. Das Virus war außer Kontrolle geraten und Gabriel
hatte sich damit infiziert.
„Heißt das, das Virus ist
außer Kontrolle?“, fragte Caroline Hauer, als hätte sie Tanjas Gedanken
gelesen.
„Nein, natürlich nicht!“,
schnaubte Hahn verächtlich, „es sind alle notwendigen Maßnahmen eingeleitet!“
„Und die wären?“, ließ Hauer
nicht locker.
Der Polizeikommandant seufzte:
„Nun ja, Sie werden es sowieso innerhalb der nächsten halben Stunde erfahren,
also was solls.“
Das Gedränge um Hahn
erreichte seinen Höhepunkt. Er musste einen Schritt zurückweichen, um nicht von
der Meute erdrückt zu werden.
„Das Militär hat soeben den
Befehl erhalten, Wien komplett abzuriegeln. Das heißt, es gibt kein rein oder
raus mehr!“
Entsetzen brach unter den
Reportern aus. Für Hahn kein Grund seine Ausführungen zu unterbrechen, „ferner
werden der Flugverkehr sowie der öffentliche Bus und Schienenverkehr
eingestellt. Das Militär behält sich vor, diese Transportmittel zu akquirieren,
um sie zum Kranken- beziehungsweise Gütertransport zu verwenden. Des weiteren
gilt ab sofort ein generelles Ausgangsverbot!“
Der Menge stockte der Atem,
während Hahn ohne Zögern fortfuhr: „Alle Bürger Wiens haben sich unverzüglich
in ihren Häusern und Wohnungen einzufinden, wie bereits am Nachmittag vom
Militär verordnet. Das Komitee ist nun zum Schluss gekommen, dass die
Ausgangssperre für den Moment ganztägig gelten muss.“
Wütende Protestschreie von
vereinzelten Personen untermalten die getrübte Stimmung, die vor dem Parlament
herrschte. Der Rest der Meute stand mit halb geöffnetem Mund rings um den
Polizeikommandanten.
„Aber seien Sie unbesorgt“,
versuchte Hahn die Reporter zu beruhigen, „das Militär sowie die Wiener
Polizei, werden Sie mit allem versorgen, was sie benötigen. Dieser Schritt ist
notwendig, um die weitere Ausbreitung des Virus dauerhaft einzudämmen. Es ist
nun vor allem wichtig, Ruhe zu bewahren.“
Während der Rest der
Reporterschaft wie angewurzelt mit gesenkten Mikrofonen auf den Kommandanten
starrte, trat Frau Hauer einen Schritt vor: „Laut unseren Angaben, platzen die
Wiener Krankenhäuser aus den Nähten. Wenn niemand Wien verlassen darf, wie
gedenken Sie, die immer größer werdende Menge an Infizierten zu versorgen?“
Hahn tupfte sich mit einem
Stofftaschentuch den Schweiß von der Stirn: „Neuinfizierte sollen uns den
Ausbruch der Krankheit durch das Hissen eines weißen Tuches vom Fenster
mitteilen. Militär und Polizei werden rund um die Uhr Streife fahren und diese
Personen dann zur Behandlung abholen. In diesem Moment ist ein hypermodernes
Lazarett, als Leihgabe der deutschen Bundeswehr, in Wien eingetroffen. Um Platz
und Möglichkeiten für den enormen Ansturm neuinfizierter zu schaffen, haben wir
uns dazu entschlossen, das Ernst Happel Stadion zu beschlagnahmen und es in ein
Lazarett umzufunktionieren. Dies gilt für Betroffene in den Stadien eins bis
drei. Menschen im Stadium vier werden im benachbarten Dusika Hallenstadion
versorgt. Das ist alles, was ich dazu zu sagen habe.“
Gerade als sich der
Polizeikommandant umdrehte und sich von den Stufen des Parlamentes entfernen
wollte, griff ihn Caroline Hauer an den Oberarm, bohrte ihre künstlichen
Fingernägel in seine Uniform und zwang ihn, sich erneut ihr zuzuwenden: „Nur
noch eine letzte Frage.“
Der Kommandant seufzte laut
auf: „Was denn noch Frau Hauer?“
„Wie bereiten Sie sich auf
Plünderungen vor?“
Die Augen des Kommandanten
verfinsterten sich zu engen Schlitzen: „Wir werden mit allen notwendigen
Mitteln den Frieden aufrechterhalten. Die Gesetzeshüter haben Feuererlaubnis!“
Er wandte sich um und ließ eine
völlig verstörte Reporterin zurück.
„Das war Caroline Hauer für
ORF
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