Der unsichtbare Feind (German Edition)
erfolgte. Schon mit der
Einberufung des Kriseninterventionsteams hat man sich nach Ansicht der Experten
zu lange Zeit gelassen. Als es dann gestern endlich so weit war, wurde bis in
die frühen Morgenstunden getagt. Der einzig logische Schluss, in der
dramatischen Situation, in der sich die Bundeshauptstadt befindet, war dann
schließlich, um Hilfe beim Bundesheer anzusuchen.“
„Was bedeutet der
Ausnahmezustand nun für den einzelnen Bürger“, wollte Heinz Lehner wissen.
„Das bedeutet, dass das
Kriseninterventionsteam, sowie das Militär nun die Bürger in ihren
Verfassungsrechten beliebig einschränken kann und darf. Das alles natürlich
immer in Hinblick auf das Wohl der betroffenen Menschen.“
„Welche Gefahren birgt das
für die Demokratie in unserem Land?“
„Nun ja Heinz, die Frage
muss wohl eher lauten, welche Gefahren es für unser Land birgt, diesen Schritt
nicht zu gehen. Auch wenn unser Bundesheer international nicht weiter
erwähnenswert ist, so sind unsere Soldaten gerade im Bereich des
Katastrophenschutzes vorbildlich geschult. Des weiteren ermöglicht dieser
Entschluss schnelle und vor allem unbürokratische Hilfe. Im ersten Wiener
Gemeindebezirk zum Beispiel nahmen bereits zwei Stunden nach Inkraftsetzung des
Ausnahmezustandes drei Kompanien des Bundesheeres ihren Dienst auf. Kurze Zeit
später konnte das Militär bereits die übrigen zweiundzwanzig Bezirke abdecken.“
„Stimmt es, dass es
außerhalb Wiens bereits erste Betroffene gibt?“, fragte Lehner.
„Nun ja, es gibt
Verdachtsmomente, die von den Behörden aber noch nicht bestätigt wurden.“
Im kleinen Einspielfenster
an der linken oberen Ecke des Fernsehbildschirmes, der Caroline Hauer in
Hosenanzug, nach hinten zusammengebunden schwarzen Haaren und einem mit rotem
Filz überzogenen Mikrofon zeigte, brach hektisches Getümmel aus. Reporter
drängten sich im Hintergrund dicht an den Stufen des Parlamentes und
Blitzlichtgewitter setzte begleitet von lautem Geschnatter ein. Frau Hauer fuhr
herum, während ein aufmerksamer Techniker die Reporterin auf Vollbild schaltete.
Sichtlich überrascht vom gerade entstanden Getümmel, deutete sie ihrem
Kameramann mit einer Handbewegung, ihr zu folgen. Mit schubsen und drängen
gelang es ihr, einen Platz in der Mitte der Menschentraube zu ergattern. Ihr
sichtlich überforderter Kollege wackelte mit der Kamera und schwenkte sie in
raschen Bahnen hin und her, dass Stark für einen Moment die Wirkung der
Medikamente, die durch seine Blutbahn strömten, infrage stellte. Als auch der
Mann vom ORF einen guten Platz gefunden hatte und seine Kamera auf das Zentrum
des Interesses richtete, hielt Stark nichts länger im Bett. Er schleuderte die
Decke zur Seite und sprang auf. Mit versteinertem Gesicht starrte er auf den
Fernseher: „Dieses Arschloch“, flüsterte er vor sich hin.
Tanja legte die Stirn in
Falten und sah Stark fragend an.
Währenddessen drängte Frau
Hauer zum Uniformierten, den Stark gerade mit seinem Fluch bedacht hatte. Die
zarte Reporterin sah neben dem muskulösen Mann geradezu verloren aus. Nichtsdestotrotz
stand sie ihm in einer grimmigen Art von Entschlossenheit um nichts nach.
„Bei mir ist Oberst Hahn,
eines der Mitglieder im Gremium des Kriseninterventionsteams und offener
Verfechter des Ausnahmezustandes“, sprach sie in ihr Mikrofon, bevor sie es dem
Oberst unter die Nase hielt.
„Oberst Hahn“, adressierte
sie den groß gewachsenen Mann und legte den Kopf in den Nacken, um zu ihm
hochsehen zu können, „die zweite Sitzung des Kriseninterventionsteams ist
abgeschlossen, gibt es neue Erkenntnisse?“
Der Polizeikommandant, den
Stark nur allzugut kannte, sah auf die Reporterin schnaubend herab. Als er das ORF-Logo
auf ihrem Mikrofon erkannte, weichten sich seine Gesichtszüge ein wenig auf: „Ja
wir haben eine, so muss ich sagen, sehr Erfolg versprechende Sitzung hinter
uns. Die Ergebnisse stimmen uns sehr zuversichtlich, die Lage zu unseren Gunsten
zu beeinflussen. Das Virus mag aggressiv und in einigen Fällen sogar tödlich
sein, aber …“
„In einigen Fällen?“,
versuchte die Reporterin geschickt den Polizeikommandanten Wiens das Wasser
abzugraben, „nach neuesten Angaben handelt es sich bereits um dreihundertundvierundzwanzig
Todesfälle. Die Zahl der Infizierten kann mittlerweile nur noch geschätzt
werden.“
Hauers Ausführungen trieben
dem Oberst Schweiß auf die Stirn: „Wir gehen gegen dieses Virus genauso
entschlossen vor, wie es dieses
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