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Der unsichtbare Killer

Der unsichtbare Killer

Titel: Der unsichtbare Killer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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schaltete auf Automatik zurück. Selbst zu fahren, war jetzt einfach zu viel. Noch immer im Schockzustand und von Panik erfüllt, versuchte ihr Verstand zu begreifen, was geschehen war. Vernünftig zu bleiben. Es war schwierig. Nie hatte sie sich den Tod in einer solchen Intensität und mit derartiger Grausamkeit vorgestellt. Aber jetzt war es passiert, und sie musste damit umgehen. Irgendwie.
    Der Vertrag war zustande gekommen. Das war ihr gelungen; sie hatte den Diebstahl tatsächlich durchgezogen. Der Geldtransfer hatte stattgefunden. Das Finanzamt von Abellias Verwaltungsbehörde hatte GiulioTransstellar einhundertundacht Millionen Eurofrancs als Sicherheitsleistung für den Infrastrukturvertrag ausbezahlt. In diesem Moment würde das Binärcode-Geld genau den Weg entlangsickern, den sie dafür vorgesehen hatten, und es würde sich bei jeder Bank und jeder Finanzierungsgesellschaft verdrehen und verändern. Ein Dutzend Mal würden Identität und Währung ausgetauscht werden, bevor das Geld im digitalen Ereignishorizont am Ende dieses Weges verschwinden würde, in einem leeren Raum, den sie nicht kannte.
    Der vollständige Durchlauf würde ein paar Stunden dauern. Alles, was mit so vielen Währungs- und Eigentümerwechseln zu tun hatte, musste notwendigerweise komplex sein. Sie konnte es sich nicht leisten, geschnappt zu werden, so lange nicht sicher war, dass alles geklappt hatte. Diese Vorstellung kühlte ihre Gedanken zu einer eisigen Ruhe herunter. Nichts spielte jetzt noch eine Rolle. Sie hatte nach wie vor einen Auftrag – wie haarsträubend beschissen jetzt auch alles sein mochte.
    Das Ringlicht wurde blasser. Es wurde von einer Mauer aus dicken Wolken gedämpft, die wie Schaum über den Himmel zogen. Der Nieselregen verwandelte sich in einen richtigen Regenguss, der auf den Straßenbelag herabprasselte und die Automatik veranlasste, langsamer zu fahren.
    Angela stieg auf die Bremse, woraufhin das Auto zu schlingern begann, als die Räder Halt suchten. Sie öffnete die Tür, kroch heraus und stellte sich in den Monsunregen. Den Kopf in den Nacken gelegt, ließ sie sich von den schweren Tropfen reinigen, scheuerte mit den Händen heftig am ekligen trocknenden Blut, das auf ihrer Haut klebte. Rote Rinnsale liefen ihre Beine hinunter. Sie zog die Shorts aus und warf sie über den Grünstreifen. Die Idee, sich von dem grauenhaften Blut zu befreien, wurde zu einer regelrechten Obsession. Sie rieb an ihrer Haut, immer und immer wieder, bis sie sich schließlich nur noch kratzte und scheuerte. Vollständig nackt und klatschnass vom Regen zitterte sie erneut, diesmal vor Kälte.
    Als sie einen Blick zum Auto warf, dessen Innenbeleuchtung orangefarben schimmerte, stellte sie fest, dass der Fahrersitz blutverschmiert war. Sie öffnete den Kofferraum und zog eine Decke heraus, auf die sie sich setzen konnte. Erst dann machte sie sich wieder auf den Weg, gab der Automatik die Anweisung, sie in die Stadt zu bringen, bis ganz runter nach Velasco Beach.
    Als der Jaguar den Parkplatz beim Strand erreichte, wurde der Monsunregen allmählich schwächer. Es war halb drei Uhr morgens. Sie wusste, dass niemand da sein würde, daher machte sie sich gar nicht erst die Mühe, die Umgegend zu überprüfen.
    Die Stufen runter zum eigentlichen Strand, fünfzehn Schritte an der Mauer entlang – immer einen Schritt davon entfernt – und dann graben. Bloß nicht darüber nachdenken, wie es auf einen zufälligen Beobachter wirken könnte, wie sie so nackt im Regen hockte und verzweifelt nach etwas scharrte, während sie versuchte, nicht mehr zu weinen. Eine Minute scharrte und grub sie wie ein wahnsinniger Hund im Sand, bis ihre Finger auf das Notfall-Paket stießen.
    Schon, als sie es nur aus dem Loch holte, schoss Erleichterung durch sie hindurch, als hätte sie sich ein Mittel verabreicht. Sie kehrte in den Jaguar zurück, setzte sich diesmal auf den Beifahrersitz und wischte sich mit der Decke den Sand von Armen und Beinen. Dann riss sie die Folie auf, in die der Kasten eingewickelt war. Alles, was sie für ein schnelles Entkommen brauchte, befand sich darin.
    Zuerst der Beutel, den sie sich kräftig gegen ihre Halsschlagader klatschte, sodass die Deaktivierer rasch kreisten. Sie hielt die Hände hoch, betrachtete die kleinen, immer noch nässenden Schorfflecken an ihren Fingerspitzen; die Spitzen selbst hatten sich längst wieder unter die Haut zurückgezogen. Es würde ein paar Tage dauern, bis die geheimen Waffen sich wieder in

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