Der unsichtbare Killer
jetzt, dass es da ist. Die Legionäre werden es nicht noch einmal zu uns durchlassen.«
»Ja, Schätzchen«, sagte Lulu und rieb sich die Augen. »Meinst du?«
»Sieh es einmal so, Liebes, denkst du wirklich, dass Omar irgendwas Gefährliches in deine Nähe lassen würde?« Rebka hatte nun schon einen Monat lang beobachtet, wie Private Omar Mihambo mit Lulu flirtete. Später hatte er sie offen gefragt, bis er sie letztlich geradezu angebettelt hatte, mit ihm einen nächtlichen Spaziergang in den Dschungel zu unternehmen.
»Wir haben es nicht getan, weißt du«, sagte Lulu bedauernd. »Nur ein wenig geknutscht. Ich habe einen Freund daheim in Benwell.«
»Ja.« Martyn, den Rebka inzwischen besser kannte als Raul zu Hause auf dem Jupiter. Lulu konnte es nicht lassen, über ihn zu reden. »Aber Omar steht auf dich. Er wird sich darum kümmern, dass du in Sicherheit bist. Also mach dir keine Sorgen, okay?«
»Okay.« Lulu schniefte laut. »Sieh uns doch an. Wir, auf einen anderen Planeten, auf dem ein Alienkiller herumläuft, und alles, was wir tun, ist über Typen quatschen.«
»Das hält Leute über Wasser«, sagte Rebka. Das verängstigte Mädchen tat ihr leid. Sich im Angesicht von so offensichtlichem menschlichem Elend bedeckt zu halten, keine Sicherheitsversprechungen anzubieten, die nicht zu ihrem Charakter gepasst hätten, stellte sich als der schwerste Teil der Mission heraus. Das hatte sie nicht erwartet. Gewissermaßen war sie beinahe neidisch auf Angela – die zwanzig Jahre lang ihren eigenen Mythos aufrechterhalten hatte. Dieser Grad an Entschlossenheit war nicht menschlich. Ein Gedanke, der sie erheitert schnauben ließ.
»Was?«, fragte Lulu.
»Ich habe mir gerade nur gedacht, dass die Typen vermutlich auch über uns quatschen, Schätzchen.«
»Klar. Dieser Chris aus dem Owl-Team, der hat einen fürchterlichen Narren an dir gefressen, weißt du.«
»Ist mir aufgefallen.« Dass er ihre unverhohlenen Andeutungen über Wochen nicht kapiert hatte und sie seine nicht enden wollenden Anmachsprüche abwehren musste, hatte sie beinahe dazu verleitet, dem dummen Drohnenpiloten eine zu kleben. »Pass auf, sie werden bald die Panzerwesten austeilen. Versprich mir etwas. Ich weiß, dass es richtig heiß werden wird. Trage sie dennoch. Die ganze Zeit, Schätzchen, nicht nur, wenn du den Dreck im Kantinenzelt ausgibst, in Ordnung? Für mich? Ich will wissen, dass du in Sicherheit bist.«
»Okay.«
Luther Katzen wuselte aus dem Küchenzelt. »Hier seid ihr ja. Kommt, Mädchen, wir zahlen euch nicht dafür, dass ihr herumsitzt und Trübsal blast. Ich habe noch ein Dutzend Essen fertig, die nach vorne gebracht werden müssen. Bitte schön!«
Rebka setzte einen hervorragenden versteinerten Gesichtsausdruck auf. »Sie bezahlen uns auch nicht dafür, dass wir einem Killer-Alien zum Opfer fallen, und doch sind wir hier.« Sie ging an ihm vorüber, ohne auf sein verblüfftes Gesicht zu achten. Lulu folgte ihr und hielt die Augen sorgfältig vor dem Aufseher gesenkt, während sie dümmlich grinste.
Rebka war gerade damit beschäftigt, Frühstückspakete an den bedrückten Medizinerstab auszuteilen, als die Nachricht von den Sonnenflecken über die E-Ray-Verbindung hereinkam. Ihre erste – und dumme – Reaktion war, dass sie zu dem brennenden, blendenden Lichtpunkt hinaufstarrte, der sich inzwischen ein gutes Stück über dem Horizont befand. Sie musste gegen die pinken Flecken anblinzeln, die sich sofort einbrannten.
Wukang lag ein paar Grad östlich von Highcastle, also kam bei ihnen die Morgendämmerung früher als in der Hauptstadt des Planeten. Nicht, dass sich jemand auf der Expedition die Mühe gemacht hätte, den Stern zu beobachten, dachte sie. Den paar Berichten zufolge, die ins Transnet gelangten, war es wohl pures Glück, dass Rozak Ueu sie überhaupt entdeckt hatte. Sein eigentliches Interesse galt der Bahnbewegung der Wächtermonde im äußeren Ring, die er bei Sonnenaufgang beobachtete. Die Sonnenflecken waren ihm nur aufgefallen, weil es so viele waren. Sirius war ein starker Stern, aber seit die Norths das Gateway geöffnet hatten, hatte es nur minimale Sonnenflecken gegeben. Rebka fragte sich, inwiefern dieser jetzige Ausbruch den Sonnenwind beeinflussen würde. Im heimischen Sonnensystem waren die aktiven Regionen von Sonnenflecken auf Sol Eruptionsherde, aus denen große Mengen von hochenergetischen Partikeln in den Raum geschleudert wurden. Im Habitat auf Jupiter hatten sie deshalb immer
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