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Der unsichtbare Killer

Der unsichtbare Killer

Titel: Der unsichtbare Killer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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wieder Eruptions-Alarm-Übungen durchführen müssen.
    Sie war zwischen zwölf und dreizehn gewesen, als die erste Eruptionsfrei-Party stattgefunden hatte. So hatten die Kinder es genannt. Für die Erwachsenen war es einfach eine weitere Strahlenschutz-Störübung.
    Sie war mit ihrem Bruder Raul und ihren Freunden Jenna und Ibiqu beim Schwimmen in dem flachen See in der Nähe ihres Hauses gewesen, als das unheimliche Heulen einer Sirene über dem ganzen Habitat erklang. Die leichten Bänder um die Mittelachse bekamen einen starken Rotstich und begannen zu pulsieren. Ihr persönliches Interface, das wie ein niedliches blaugrünes Perlenhalsband aussah, lag neben ihrem Handtuch und ihren Kleidern am Ufer. Niemand konnte sie unmittelbar anrufen, um sie dazu aufzufordern, sich zum Schutzraum zu begeben. Niemand würde bemerken, wenn sie noch weitere zehn Minuten im Wasser verbrachte. Das Herumplanschen und Tauchen in dem künstlich geformten Seebecken mit seinen Frischwasserkorallenbeständen machte gerade so viel Spaß. Die Fische waren alle riesig, bunt und neugierig auf die Eindringlinge in ihrer Wasserwelt.
    »Komm schon«, rief Raul. Er trat drei Meter entfernt Wasser und forderte sie mit einer Geste auf, ihn zu begleiten.
    »Ich glaube, ich bleibe einfach noch ein bisschen hier«, sagte Rebka.
    Jenna und Ibiqu hörten auf zu schwimmen und starrten sie mit einer Mischung aus Entsetzen und Überraschung an.
    »Es ist ein Eruptions-Alarm«, sagte Raul, als hätte das alles erklärt.
    »Es ist eine Übung. Und außerdem, selbst wenn es echt wäre, würde uns der Partikelsturm erst in ein paar Stunden erreichen. Und selbst dann würde er diesem Habitat nichts anhaben. Unsere Außenhaut verfügt über Arb-Molekular-Schilde. Nur in den ursprünglichen Sektionen stellt es ein Problem dar.« Als wollte sie den Punkt unterstreichen, tauchte sie elegant ab und schwamm mit großen, mühelosen Schwimmzügen hinunter zu dem sandigen Seeboden. Die vorher vertraute Topographie wirkte nun in dem düsteren roten Licht fremd und rätselhaft. Lange, labbrige Streifen Seegras schlängelten sich um sie, als sie zwischen den Korallenstöcken durchschlüpfte. Sie kitzelten. Fische schossen hin und her und verschwanden in Spalten. Sie spielte mit den Fingern Haschen mit ihnen.
    Eine Hand schloss sich fest um ihren Knöchel, und sie wand sich überrascht. Da war Raul, die Wangen aufgeblasen, und er zeigte energisch zur Oberfläche. Rebka kapitulierte theatralisch, indem sie die Arme weit ausbreitete und sich träge nach oben abstieß.
    »Mach so was nicht«, brauste Raul auf, als sie wieder oben waren. Ganz der große Bruder, beschützend und wütend.
    »Du bist so regierungsgeil«, zog sie ihn auf, während sie zum Ufer unterwegs waren, wo Jenna und Ibiqu schon an Land gingen. »Du solltest der GE-Kommission beitreten. Sie lieben es, Leute herumzukommandieren.«
    »Du weißt nicht, wovon du sprichst«, knurrte er zurück. »Du hörst dir deinen Unterricht an, aber du verstehst es nicht.«
    Sie beachtete ihn nicht, während sie sich rasch abtrockneten. Er war genauso störrisch und gab vor, dass sie nicht existierte. Jenna ging zu ihm hinüber. Rebka beobachtete, wie das Mädchen ihrem Bruder den Arm um die Schultern legte. Eine sanfte Berührung, als könne sie seinen Ärger und seine Aufregung mildern.
    Mit einem instinktiven Unbehagen erkannte Rebka, dass sie nicht mehr oft mit Raul herumhängen würde. Er trieb sich dieser Tage lieber mit Freunden in seinem Alter herum. Das war ihr ein Gräuel; mit Raul war es so lustig gewesen, seit sie aus dem Krankenhaus nach Hause gekommen war. Der aufregende, beschützende große Bruder, mit dem zusammen sie durch das Habitat tobte und sich in Schwierigkeiten stürzte. Mit dem sie lachte. Der sie immer weiter anstachelte. Mit dem sie sich die Strafen teilte, wenn sie unvermeidlicherweise erwischt wurden.
    Vielleicht sprang sie deswegen dieser Tage so hart mit ihm um. Sie hatte immer gewusst, dass diese Zeit kommen würde …
    Die Schutzhalle war nicht ganz das, was man eine Zumutung nennen musste, und doch … Ein langes, fensterloses Bauwerk aus dickem, mit Arb beschichtetem Metall und Korridoren, die sich zu igluartigen Gemeinschaftskammern verzweigten. Es gab etwas zu essen und Spiele und am Abend eine kleine Theatervorführung für die Kinder.
    Rebka ertrug die Amateur-Vorführung von Schneewittchen zum Mitsingen »für alle« mit einem trotzigen Schmollmund und weigerte sich selbst bei den

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