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Der unsichtbare Turm

Der unsichtbare Turm

Titel: Der unsichtbare Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nils Johnson-Shelton
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Schaufeln.
    Dieses Schwert jedoch war alles andere als ein Lochspaten.
    Als Artie herumwirbelte, um zu sehen, was da gerade auf ihn zuflog, kam er sich auf einmal vor wie in Zeitlupe und wurde sich einiger Dinge ganz deutlich bewusst.
    Erstens: Dieses Schwert war unglaublich leicht, perfekt ausbalanciert und fühlte sich sogar ein wenig blutdürstig an.
    Zweitens: Das Ding, das auf ihn zugeflogen kam, wirkte vertraut und angsteinflößend zugleich. Es hatte ungefähr die Größe eines Labradors, gelbe Augen, sehr lange rubinrote Zähne und grün schimmernde Haut. Seine goldenen Klauen schossen auf Artie zu, wie bei einem Adler, der zum tödlichen Angriff herabstößt. Sie mussten mindestens zwölf Zentimeter lang sein.
    Er hielt das Schwert noch immer mit der Spitze nach unten, leicht schräg vor seinem Körper. Das Vieh war jetzt nur noch ein paar Meter entfernt. Da erst reagierte Artie und schwang seine Waffe weit durch die Luft. Es fühlte sich an, als würde er einen im hohen Bogen auf ihn zufliegenden Baseball über die Begrenzung schlagen. Das Schwert schnitt in die Haut des Wesens und durchtrennte seinen Hals. Durch seine neue Waffe hindurch spürte Artie das heiße Blut der Kreatur.
    Ihr Kopf segelte über seine rechte Schulter und der schlangenförmige Körper fiel mit einem dumpfen Knall links von ihm zu Boden, ein gutes Stück hinter dem Stein.
    Artie hatte soeben etwas getötet, das versucht hatte, ihn zu töten.
    Noch nie in seinem Leben hatte er sich so lebendig gefühlt.
    »Haha! Jawoll!«, rief Däumling von irgendwo aus der Dunkelheit. Er sprang auf die Lichtung, hob die Taschenlampe auf und lief zum Stein. »Komm da runter und lass uns gehen!«, bellte er.
    Artie war wie erstarrt: »Habe ich gerade …?«
    »Das hast du in der Tat, mein Junge!«
    »War das … war das ein Drache ?«
    »Ganz richtig! Das heißt, nicht wirklich ein Drache, sondern ein Drachenjunges.«
    »Ein Babydrache? Ein, äh, grüner Babydrache?« Denn jetzt wurde ihm klar, dass das Ding eine kleinere Ausgabe von Caladirth, der fiesen Drachendame im Anderswelt -Videospiel war.
    »Gewiss, Bursche. Höllische Viecher, nicht wahr?«
    »Ähm, ja.«
    »Ich habe selbst zwei davon hier in dem Busch erwischt.«
    Da kam Artie ein Gedanke. »Hatten sie eine Mom oder einen Dad oder so was?«
    »Aller Wahrscheinlichkeit nach ja, Bursche. Darum müssen wir die Sache hier mal unter Dach und Fach bringen und dann schnell weg von hier!«
    Artie sprang vom Fels herunter. Däumling holte ein kurzes Seil hervor und deutete auf das Schwert. Artie reichte es ihm und Däumling verknotete das Seil zu einer Halterung, in der Artie seine neue Waffe tragen konnte. Dabei sprach er sehr schnell. »Ich kann mir keinen Reim darauf machen, warum sie hier waren. Ich verstehe nicht, warum es nötig sein sollte, eine Wache beim Stein zu postieren …« Er reichte Artie das Schwert zurück, der es sich hektisch über die Schulter warf. Däumling, der noch immer laut dachte, sagte: »Du meine Güte, diese Drachenjungen sind sehr absonderlich, in der Tat, sehr absonderlich!«
    Däumling wandte sich Artie zu; dem Ausdruck auf seinem Gesicht nach zu urteilen schien er seine Sorge auf einmal vergessen zu haben. Er betrachtete Artie und lächelte breit. »Das Schwert – Cleomedes – es steht dir gut zu Gesicht, mein Junge.«
    Artie war das im Moment ziemlich egal. »Tom, sollten wir nicht gehen?«, fragte er. »Falls, du weißt schon … falls hier noch ein größerer Drache in der Gegend ist?«
    »Oh, ja! Natürlich sollten wir das! Auf zum Mondtor, Bursche!«
    Däumling drehte sich um und rannte den Weg zurück, den sie gekommen waren. Artie folgte ihm hastig.
    Während sie schweigend liefen, dachte Artie: Ich habe gerade einen Drachen mit einem Schwert getötet. Ich habe gerade einen Drachen mit einem Schwert getötet . ICH HABE GERADE EINEN DRACHEN MIT EINEM SCHWERT GETÖTET !
    Doch dann wurde sein Kopf plötzlich ganz leer: Hinter ihnen schwoll ein Geräusch an, wie er es noch nie zuvor gehört hatte. Eine Mischung aus Heulen, Schreien und Feueralarm. Er blickte über die Schulter zurück und sah einen gewaltigen grünen Lichtschein, der die Bäume von der Stelle aus beleuchtete, in der das Schwert im Stein gesteckt hatte. Wie angewurzelt blieben sie stehen. Däumling wandte sich mit einem entsetzten Ausdruck auf dem Gesicht zu Artie um und brüllte: »Schnell, Bursche, lauf so schnell du kannst!!«
    Sie sprinteten los, und obwohl Däumling sehr viel kleiner

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