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Der unsterbliche Mr Cooper

Der unsterbliche Mr Cooper

Titel: Der unsterbliche Mr Cooper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Petermann
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dem der Leser zusehen darf, wie sich Mr. Cooper auf den großen Augenblick vorbereitet, und das seine Abschiedsrede und die letzten Minuten in seinem gegenwärtigen Leben wiedergibt
    Der große Augenblick war gekommen. Cooper stand fertig angekleidet in seinem Zimmer und sah ein letztes Mal in den Spiegel. Er trug schwarze Lackschuhe, die ein wenig drückten, denn er hatte sie lange nicht getragen. Der tief ausgeschnittene Smoking mit den breiten Revers saß tadellos und ließ viel von dem blütenweißen Hemd sehen, dessen steifer Kragen unan genehm an Coopers frisch rasiertem Hals rieb. Die weiße Schleife mit dezentem schwarzem Streifen hatte er groß wählen müssen, damit sie unter seinem Doppelkinn nicht verschwand. Die Krone aber, die ihn zum König machte, war der glänzende weiße Zylinder. Richard Coopers Sorge war nur, daß Juliens „Hivernage” nicht hoch genug sein würde und er ohne Zylinder in sein neues Leben treten müßte.
    Mr. Cooper schaute auf die Taschenuhr. Es war Zeit, in den Bunker zu fahren.
    Rings um die „Hivernage” drängten sich mehr als hundert Leute. Für die prominentesten war eine Tribüne aufgestellt worden. Davor machten sich Reporter mit Fotoapparaten, Kameraleute von Wochenschauen und die Windhunde der Sensationsblätter gegenseitig die besten Plätze streitig.
    Julien stand auf der Tribüne neben einem beleibten, aber gutaussehenden Herrn, den er mit „Mister Ward” ansprach. Das war der Vertreter der

„Electronic Association”, der Mann, der Julien die letzten verschlossenen Türen öffnen sollte. Alles hing vom Verlauf des Experimentes ab und davon, was die Ärzte aus dem Elektrokardiogramm und aus dem Elektroenzephalo gramm herauslesen würden. Julien hörte das Schnurren des Schneilifts. Als dann Cooper in den Lichtkreis der Scheinwerfer trat, erstarb das Geraune. Der beleibte Herr der „Electronic Association” schickte ein freundliches Nicken zu ihm hin, wie es unter Geschäftsleuten üblich ist.
    Blitzlichter flammten auf, Verschlüsse klickten, Handkameras begannen zu surren, und die Sendelämpchen der Fernsehkameras leuchteten auf.
    Adolphe Julien stieg zu Cooper hinunter, umarmte ihn und flüsterte ihm Worte ins Ohr, die auch die feinen Mikrofone, glücklicherweise, nicht auffin gen. Dann setzte er sich in seinen Drehsessel vor den Steuerwürfel.
    Vor der „Hivemage” war ein kleines Podest aufgebaut worden, mit weißem Stoff überzogen, von Blumengirlanden umrankt. Auf diesen hölzer nen Klotz stellte sich Richard Cooper und hob beide Hände empor. Wer jetzt noch geflüstert hatte, verstummte, wer die Augen auf die Schuhspitzen gerichtet hatte, schaute auf.
    Richard Cooper hob an zu sprechen: „Meine Herren!” Er ließ die Hände sinken, blickte über die Versammelten hinweg und fuhr fort: „Immer hat es in der Wissenschaft Menschen gegeben, die bereit waren, ihr Leben für den Fortschritt hinzugeben, und ich will Ihnen das Aufzählen der endlosen Reihe von Namen ersparen. Wenn Sie nun glauben, ich wollte auch den meinen auf diesem Ruhmesblatt der Menschheit verewigt wissen, so darf ich Sie ent täuschen. Ich opfere mein Leben nicht der Wissenschaft, sondern die Wissenschaft — und in ihrem Auftrag einer ihrer besten Vertreter, Dr. Adol phe Julien — schenkt mir ein zweites Leben. Niemand braucht meinen Mut zu bewundern, denn mit jeder Faser meines Fleisches, jeder Zelle meiner Nerven, mit meiner ganzen Persönlichkeit glaube ich an Monsieur Julien. Sie, meine Herren, werden das Gelingen des Experiments in spätestens einer Stunde feststellen, ich in hundert Jahren. Aber Sie können davon überzeugt sein, daß mir die über sechsunddreißigtausend Tage schneller vergangen sein werden als Ihnen die sechzig Minuten…”
    Der überschwengliche Optimismus rief an dieser Stelle brausenden Beifall hervor, und Mr. Cooper verneigte sich lächelnd. Dann sprach er weiter: „An Ihren Ovationen, meine Herren, erkenne ich, daß Sie meine Überzeugung teilen, und gewiß werde ich einigen von Ihnen irgendwann in der Zukunft begegnen, und wir werden gemeinsam lachen über die Sensation, die das erste Experiment mit der Unsterblichkeit bewirkt hat.
    Ich muß Ihnen allen nicht erzählen, wie groß die Bedeutung dieses Versuchs für die Wissenschaft und für unsere Wirtschaft ist. Denken Sie nur daran, daß wir bald keine Sorgen mehr mit Arbeitslosen haben werden. Die Cooper-Julien-AG friert diese einfach ein, bis sie wieder gebraucht werden! Oder denken Sie an die

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