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Der unteleportierte Mann

Der unteleportierte Mann

Titel: Der unteleportierte Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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»Nächsten Monat, genauer gesagt in sechzehn Tagen, von jetzt an gerechnet, wird jemand anderes an der Reihe sein, und dann krümme ich mich.«
Rachmael erkundigte sich: »Was ist der Sinn dieses Tötens? Warum ist der Aufsicht eine derartige Autorität verliehen wor- den? Solche drastischen Machbefugnisse für willkürlich . . .« »Es gibt elf Paraweiten«, sagte Sheila Quam. Sie hatte die Stimme gesenkt; in der überfüllten Küche hatte der erbarmungslose Streit geendet, indem er rasch dahinschwand, und alle lauschten nun stumm Sheila Quam. Selbst die de Rungs hörte jetzt zu. Und ihr gehässiger Gesichtsausdruck war ver- schwunden; nur eine lähmende, erwartungsvolle Angst war noch erkennbar. Derselbe Ausdruck, der sich auf den Gesich- tern aller im Raum zeigte. »Zwölf«, fuhr Sheila fort, die Anwe- senheit des versteinerten, schweigenden Publikums schien sie weder irrezumachen noch anzustacheln, sie sprach in dersel- ben losgelösten, sachlichen Art weiter. »Wenn Sie diese mit- rechnen.« Sie vollführte eine Gebärde, die die gesamte Küche und die Menschen darin einschloß, und wies dann mit einem Rucken des Kopfes auf den dröhnenden Fernsehapparat im Wohnzimmer mit seiner Wir-bringen-Ihnen-live-auf-BandStimme von Präsident Omar Jones von Neukolonisiertland. »Ich tue das«, erklärte sie. »In mancherlei Hinsicht ist das hier die verrückteste von allen.«
»Aber die legalen, sanktionierten Morde«, beharrte Rach- mael, während er das Mädchen mit dem prachtvollen, weißglänzenden Haar, den unglaublich arglosen blauen Augen und den kleinen, sich deutlich unter dem Rollkragenpullover abzeichnenden Brüsten anstarrte. Es schien nicht zu ihr zu passen, diese Verantwortung, dieses Amt, es war unmöglich, sich vorzustellen, daß sie Todesurteile unterzeichnete. »Was ist die Rechtsgrundlage? Oder gibt es überhaupt keine Rechtsgrundlage?« Er hörte, wie seine Stimme lauter wurde, beinahe zu einem Knurren. »Ich vermute, es muß keine geben, nicht, wenn alle eingeschlossen sind.« Ohne Rücksprache mit irgend- wem in der Klasse war er zu dieser offensichtlichen Schlußfol- gerung gelangt; die gedrückte, schicksalsergebene Haltung, die sie alle umgab, zeigte das. Er spürte sie bereits in sich selbst, und es war eine ungesunde, beinahe körperlich zersetzende Empfindung, sich selbst nach und nach in diese demoralisierende Umgebung hineingezogen zu sehen. Nur darauf zu warten, daß die Aufsicht handelte, aus welchem Grund, der gerade zur Hand war, auch immer. »Sie halten diese Menschen für Gegner dieses Staates?« Er gestikulierte krampfhaft in Richtung des quasselnden Fernsehgeräts im Wohnzimmer, wandte sich dann ab, stellte seine Syn-Kaf-Tasse mit einem scharfen Klappern ab; ihm gegenüber zuckte Sheila Quam zusammen, blinzelte — er packte sie bei den Schultern und zog sie halb von ihrem Stuhl hoch. Erschrocken, mit geweiteten Augen, gab sie starr seinen Blick zurück, spähte in ihn hinein, versuchte, ihn ihrerseits zu durchbohren, als er sie mit leidenschaftsloser, unbarmherziger Härte ins Auge faßte; sie hatte keine Angst, aber sein Griff tat ihr weh, sie biß die Zähne zusammen im Bemühen, ruhig zu bleiben, aber er sah in ihren Augen das Zusammenzucken körperlichen Schmerzes. Schmerz und Überraschung — das hatte sie nicht erwartet, und er konnte sich auch denken, warum: Das war nicht das, was man mit der pro tempore-Auf sieht machte. Praktisch gesehen war es selbst- mörderisch, wenn nicht irrsinnig.
»Na schön«, knirschte Sheila. »Vielleicht werden wir eines Tages Omar Jones und die Kolonie, die wir hier aufgebaut haben, als nichts weiter als noch eine Paraweit einräumen — klassifizieren — müssen. Das gebe ich zu. Aber bis dahin bleibt dies der Bezugspunkt. Sind Sie jetzt zufrieden? Und bis dahin beurteilen wir jede deformierte Alternativ-Subrealität, die irgend jemand wahrnimmt, der neu ankommt, als prima facieBeweis dafür, daß er eine Wäsche benötigt. Und wenn psychiatrische Hilfe ihn nicht bis zu dem Punkt bringt, an dem Sie jetzt sind, nämlich an dieser Wirklichkeit teilzuhaben statt . . .« Hank Szantho unterbrach sie brüsk: »Erklär ihm, was die Paraweiten sind.«
Daraufhin wurde es still im Raum.
»Gute Frage«, bemerkte der knochige Mann mittleren Alters mit den harten Augen nach einer Weile.
Zu Rachmael meinte Hank Szantho: »Es ist von Einems Werk.«
»Das weißt du nicht«, sagte Sheila ruhig.
»Er hat da so ein Kuddelmuddel-Maschinchen, mit dem er in den

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