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Der unteleportierte Mann

Der unteleportierte Mann

Titel: Der unteleportierte Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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fügte sie hinzu: »Die gottverdammte Klasse. Die gottverdammte, nie endende, abscheuliche Klasse; Jesus, ich hasse sie.« Sie blickte rasch, wütend, im Raum umher. »Wer ist heute die Aufsicht? Du, Sheila? Ich würde wetten, daß du es bist.« Ihre Stimme verging langsam, und in Rachmaels Gehörwahrnehmungssystem erzeugte ihre Wildheit für einen Augenblick eine visuelle Höllenlandschaft, gnädigerweise nur phasenweise stabil; sie schwebte, der Oberfläche des Plastikküchentisches überlagert, unter Einbeziehung der Syn-Kaf-Tassen, des Sweetex-Behälters und des kleinen imitierten Silberkrugs mit gelöstem organischen Butterfett — er wurde hilflos Zeuge der Verschmelzung des harmlosen Panoramas alltäglicher Gegenstände zu einem Tableau von verkrüppelter Obszönität, von verkümmerter und verrückter, unanständiger Verstrickung der verschiedenen unschuldigen Dinge. Und dann ging es vorüber. Und er entspannte sich, sein Herz unter der Bürde einer seekrankheitsähnlichen Bedrückung; was er in diesem Zeitbruchteil zu beobachten gezwungen gewesen war, erschreckte ihn bis in seine biochemischen Grundlagen hinein. Obgleich die Droge sich immer noch an seinen Geist klammerte und ihn pervertierte, blieb sein Körper frei — und empörte sich. Er hatte bereits genug. *
»Unsere Aufsicht«, meinte Hank Szantho mit zynischer Rührseligkeit und einem anschließenden Zwinkern in Rachmaels Richtung. »Ja, wir haben auch das. Lassen Sie uns mal schauen, Applebaum; Ihre Paraweit, diejenige, für die die Mazdasts — falls sie existieren — Sie angeblich programmiert haben — was natürlich alles während der Teleportation stattfand, solange Sie demolekularisiert waren —, ist von den hiesigen Behörden kodemäßig als die >Aquatische HorrorgestaltVariante< katalogisiert worden. Verdammt selten. Leuten, nehme ich an, vorbehalten, die in einem früheren Leben ihre Großmutter mütterlicherseits in kleine Stücke geschnitten und sie an die Familienkatze verfüttert haben.« Er strahlte Rachmael an, wobei er große, goldüberkrönte Zähne zeigte, die Rachmael in dem aufgewühlten Schäumen der von der Lysergsäure in seinem Gehirnmetabolismus ausgelösten Erregung als eine Zurschaustellung von abstoßender Ungeheuerlichkeit erlebte, eine Entstellung, die ihn krampfhaft seine Tasse mit Syn-Kaf festhalten und die Augen schließen ließ — die goldgepunkteten Zähne lösten in ihm Krampfanfall um Krampfanfall aus, Bewegungskrankheit von einer Stärke, die er nie für möglich gehalten hätte; sie war als solche erkennbar, aber bis zu den Ausmaßen eines Todeskampfes gesteigert. Er klammerte sich zusam- mengekrümmt am Tisch fest, wartete darauf, daß die Wellen übermäßiger Muskelkontraktion abklangen. Niemand sprach. In der Dunkelheit seiner lichtlosen privaten Höllenlandschaft litt er und kämpfte, meisterte so gut es ging regellos auftre- tende somatische Greuel, unfähig, auch nur über die Bedeutung dessen nachzugrübeln, was gesagt worden war.
»Macht Ihnen das Zeug schwer zu schaffen?« ertönte sanft die Stimme eines Mädchens dicht an seinem Ohr. Sheila Quam, wußte er. Er nickte.
Ihre Hand, die auf dem oberen Teil seines Nackens ruhte und ihn mit mitfühlender Besorgnis rieb, beruhigte die irren Schwankungen innerhalb der Kontrolle seines fehlfunktionierenden, von Panik beherrschten autonomen Nervensystems; er empfand ein beruhigendes, unendlich ersehntes Nachlassen der Muskelverkrampfung; ihre Berührung hatte diesen Prozeß eingeleitet, die ausgedehnte Erholungszeit von etwas, das sich einen Weg aus dem Drogenzustand hinaus zurück in das normale Körperempfinden und die normale Zeit bahnte. Er öffnete die Augen, wechselte dankbar einen stummen Blick mit ihr. Sie lächelte, und die reibende, regelmäßige Berührung ihrer Hand gewann an Sicherheit; wie sie so dicht bei ihm saß und der Geruch ihres Haares und ihrer Haut ihn einhüllte, verstärkte sie beständig die lebenswichtige taktile Brücke zwi- schen ihnen; sie machte sie vollkommener, überzeugender. Und nach und nach verringerte sich stufenweise die Ferne der Wirklichkeit um ihn herum; die Menschen und Gegenstände, die sich in der kleinen, gelb erleuchteten Küche drängten, wurden wieder solide. Er hörte auf, Angst zu verspüren, gerade als das Begreifen, wie zerstörerisch dieser neue Ansturm der Drogenoszillation gewesen war, die wieder arbeitenden höheren Zentren seines Gehirns erreichte.
>»Die Aquatische Horrorgestalt-Variante<«, sagte

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